Die Christlich-Soziale Union in Bayern e.V. (CSU) ist eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Parteienlandschaft. Einerseits handelt es sich um eine Regionalpartei, die bei Wahlen nur in Bayern antritt. Andererseits verfügt sie dort über den Status einer Volkspartei und kann auf eine längere Hegemonie zurückblicken als jeder Landesverband einer anderen deutschen Partei.
Geschichte
Die Erfolgsgeschichte ist mit der Doppelrolle als Landes- und Bundespartei eng verknüpft. In der seit 1949 bestehenden Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Deutschen Bundestag verfügt die CSU bei gemeinsamen Beschlüssen in grundsätzlichen Fragen über ein faktisches Vetorecht. Dank ihrer organisatorischen Eigenständigkeit kann sie bayerische Interessen in der Bundespolitik effektiver vertreten als die abhängigen Landesverbände der anderen Parteien. Dies sichert ihr gegenüber der politischen Konkurrenz in Bayern einen erheblichen Wettbewerbsvorteil.
Ein weiterer entscheidender Erfolgsfaktor liegt in der organisatorischen Stärke der Partei. Durch die Konkurrenz der Bayernpartei in den 1950er-Jahren wurde die CSU frühzeitig gezwungen, einen schlagkräftigen Parteiapparat aufzubauen, um ihre potenziellen Wähler an sich zu binden. Den Alleinvertretungsanspruch im bürgerlich-konservativen Lager konnte sie erstmals Anfang der sechziger Jahre durchsetzen. Von 1966 bis 2008 regierte und 2013 bis 2018 regierte sie in Bayern ohne Koalitionspartner.
Wahlergebnisse und Wählerschaft
Die enge Verbindung der CSU mit Bayern ist einerseits ein Produkt der politischen Kultur, die durch den Katholizismus und die konservativen Grundhaltungen der überwiegend ländlichen Bevölkerung geprägt ist. Zum anderen verdankt sie sich der ökonomischen Modernisierung des Landes, die auch auf Entscheidungen der CSU in der Bundespolitik zurückging. Ihre besten Landtagswahlergebnisse fuhr die CSU in den 1970er- und zu Beginn der 2000er-Jahre ein, als sie im Bund in der Opposition war. Dabei profitierte sie auch von der Qualität und Kontinuität ihres Führungspersonals, das sie in unterschiedlichen Ämterkonstellationen hervorbrachte (Franz Josef Strauß, Alfons Goppel, Theo Waigel, Edmund Stoiber).
Programm
Die Programmatik der CSU wird von drei Zielrichtungen getragen: Erstens versteht sie sich als bürgerlich-konservative Sammlungspartei, zweitens ist sie christlich in einem überkonfessionellen und nicht-klerikalen Sinne und drittens setzt sie sich für die Eigenstaatlichkeit Bayerns innerhalb Deutschlands und Europas ein. Während die CSU in der Familien- und Gesellschaftspolitik konservativere Positionen vertritt als die CDU, stimmen beide Parteien in ihren wirtschafts- und sozialpolitischen Vorstellungen weitgehend überein. In Bayern verbindet die CSU programmatische Wertegebundenheit mit einem pragmatischen Regierungsstil, der auch kurzfristige Kurswechsel erlaubt. Gleichzeitig beherrscht sie die Fähigkeit der populistischen Wähleransprache.
Organisation
Der sinkende Stimmenanteil seit 2008 offenbart eine zunehmende Mobilisierungsschwäche der CSU, von der im ländlichen Raum insbesondere die Freien Wähler profitieren. Darüber hinaus droht ihr weitere Konkurrenz durch die rechtspopulistische Partei "Alternative für Deutschland" sowie die zunehmend in die politische Mitte hineinwachsenden Grünen. Dies macht die CSU auf die Leistungen ihrer Regierungspolitik im Land und im Bund noch stärker angewiesen als früher und erfordert zugleich ein höheres Maß an politikinhaltlicher und organisatorischer Anpassungsfähigkeit. Nach den heftigen Auseinandersetzungen in den Jahren 2015 und 2018 überwand die CSU ihre Führungskrise mit dem Übergang von Horst Seehofer zu Markus Söder schnell und fand zu alter Geschlossenheit zurück. Ihr Status als letzte echte Volkspartei in der Bundesrepublik scheint einstweilen ebenso wenig bedroht wie ihre Rolle als führende Regierungspartei in Bayern; allerdings dürfte sie dort in Zukunft zumindest mittelfristig nicht mehr ohne Koalitionspartner auskommen.