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Wahlergebnisse und Wählerschaft der AfD

Frank Decker

/ 4 Minuten zu lesen

In Ostdeutschland erreicht die AfD doppelt so hohe Stimmanteile wie im Westen. In Sachsen und Thüringen war sie bei der Bundestagswahl 2021 stärkste Partei. Zwei Drittel der AfD-Wähler sind männlich.

Teilnehmer einer Kundgebung der AfD in Chemnitz: In Ostdeutschland erreicht die AfD im Schnitt doppelt so hohe Stimmanteile wie im Westen. Ihre Wähler sind überwiegend männlich und zwischen 35 und 59 Jahre alt. (© picture-alliance/dpa)

Wahlergebnisse

Die AfD ist die erste erfolgreiche Neugründung einer Partei im Mitte-Rechts-Lager des bundesdeutschen Parteiensystems. Gemessen am Ausmaß und an der Schnelligkeit ihrer Etablierung stellt sie auch die beiden linken Neuankömmlinge - die Grünen in den 1980er- und die PDS/Linke seit den 1990er-Jahren - in den Schatten. Mit Ausnahme von Schleswig-Holstein, wo sie 2021 den Wiedereinzug verpasste, gelangte sie bei allen Landtagswahlen seit Mitte 2014 über die Fünfprozenthürde, bei der Bundestagswahl 2017 übertraf sie das bis dahin beste Ergebnis einer Rechtsaußenpartei aus dem Jahre 1969 (NPD: 4,3 Prozent) auf Anhieb um fast das Dreifache.

In Ostdeutschland (einschließlich des früheren Ost-Berlins) erreicht die AfD im Schnitt doppelt so hohe Stimmanteile wie im Westen. In absoluten Zahlen entfielen bei der Bundestagswahl 2017 dennoch fast zwei Drittel ihrer Stimmen auf die alten Bundesländer - das war fast derselbe Wert wie bei der Linken. In vier der fünf ostdeutschen Länder wurde die AfD mit Werten zwischen 18,6 und 22,7 Prozent zweitstärkste Kraft, in Sachsen landete sie mit 27,0 Prozent sogar knapp vor der CDU auf Platz eins. Hier konnte sie zugleich drei Direktmandate gewinnen. Im Schnitt noch etwas bessere Ergebnisse verbuchte sie seit 2016 in Ostdeutschland bei den Landtagswahlen, wo sie in allen Ländern auf Platz zwei liegt.

Aktuelle Wahlergebnisse der AfD

Wahlergebnisse bei den letzten Wahlen zu Landesparlamenten, dem Bundestag und dem Europäischen Parlament

Bei nicht aufgeführten Wahlen ist die Partei nicht mit einer Landesliste o.ä. angetreten.
WahlDatumProzentualer AnteilStimmenanzahl
AnteilGewinn
Verlust
StimmenGewinn
Verlust
Brandenburg01.09.201923,5%11,4%297.484177.407
Hamburg123.02.20205,3%-0,8%215.306473
Baden-Württemberg14.03.20219,7%-5,4%473.485-336.079
Rheinland-Pfalz14.03.20218,3%-4,3%160.293-108.335
Sachsen-Anhalt06.06.202120,8%-3,4%221.487-51.009
Bundestag26.09.202110,4%-2,2%4.809.233-1.068.882
Mecklenburg-Vorpommern26.09.202116,7%-4,1%152.775-15.077
Saarland27.03.20225,7%-0,5%25.719-7.252
Schleswig-Holstein08.05.20224,4%-1,5%61.141-25.570
Nordrhein-Westfalen15.05.20225,4%-1,9%388.768-237.988
Niedersachsen09.10.202211,0%4,8%396.844160.991
Berlin27.02.20239,1%-5,1%137.871-93.454
Bayern208.10.202314,6%4,4%2.000.435611.813
Hessen08.10.202318,4%5,3%518.763140.071
Europäisches Parlament09.06.202415,9%4,9%6.325.8902.221.437
Sachsen01.09.202430,6%3,1%719.279123.608
Thüringen01.09.202432,8%9,4%396.711137.329
Tabellenbeschreibung

Die Tabelle zeigt die Wahlergebnisse der Partei AfD zwischen dem 01.09.2019 und dem 01.09.2024. Bei zehn von 17 Wahlantritten der Partei in diesem Zeitraum reduzierte sich der prozentuale Anteil der Partei an den gültigen Stimmen im Vergleich zur vorherigen Wahl. Das höchste Ergebnis erzielte die Partei mit 32,8% bei der Wahl in Thüringen 2024, das niedrigste mit 4,4% bei der Wahl in Schleswig-Holstein 2022.

Fußnote: 1 Hamburg: Landesstimmen (bis zu fünf Stimmen je Wähler)

Fußnote: 2 Bayern: Gesamtstimmen (bis zu zwei Stimmen je Wähler)

Quelle: Der Bundeswahlleiter und Landeswahlleitungen.

Im Westen erreichte die AfD ihre höchsten Landesergebnisse bei der Bundestagswahl 2017 in Bayern (12,4 Prozent), Baden-Württemberg (12,2 Prozent) und Hessen (11,9 Prozent), am schlechtesten schnitt sie in Hamburg und Schleswig-Holstein ab (7,8 bzw. 8,2 Prozent). Ihre besten Einzelergebnisse erzielte sie in den an der Grenze zu Tschechien gelegenen Wahlkreisen in Niederbayern, in Heilbronn und Pforzheim sowie im Main-Taunus-Kreis. Bei den seither stattgefundenen Landtagswahlen konnte die AfD lediglich in Hessen (Oktober 2019) mit 13,1 Prozent nochmals leicht zulegen, während sie in den übrigen westdeutschen Ländern hinter ihre dortigen Bundestagswahlergebnisse zurückfiel. Erst Im Oktober 2022 gelang ihr in Niedersachsen wieder ein Zugewinn. In Brandenburg, Sachsen und Thüringen, wo im September bzw. Oktober 2019 gewählt wurde, konnte sie ihre Ergebnisse schon vorher verbessern. das Europawahlergebnis (Mai 2019) blieb mit 11,0 Prozent dagegen gemessen an den eigenen Erwartungen enttäuschend.

Der Trend einer weiteren Verschiebung der Wählerschwerpunkte nach Osten bestätigte sich bei der Bundestagswahl 2021. Während die AfD in Sachsen trotz Verlusten mit 24,6 Prozent erneut stärkste Partei wurde und in Thüringen sogar um 5,7 Prozentpunkte zulegte, bewegten sich die Ergebnisse in ihren süddeutschen Hochburgen nur noch zwischen acht und zehn Prozent. Am schlechtesten war das Resultat in Hamburg (5,0 Prozent). Auf der Habenseite verbuchen konnten die Rechtspopulisten den Gewinn von 13 Direktmandaten (zehn mehr als 2017) in Sachsen und Thüringen, der allerdings weniger auf eigene Zugewinne zurückzuführen war als den dramatischen Einbruch der CDU.

Wählerschaft

Bei der Bundestagswahl 2017 hatten von den Männern 16,3 Prozent die AfD gewählt, von den Frauen nur 9,2 Prozent. 2021 waren es 13,0 bzw. 7,8 Prozent. Fast zwei Drittel der AfD-Wähler sind damit männlich, wobei es zwischen dem Osten und Westen in der Verteilung keine Unterschiede gibt. Bezogen auf die Altersgruppen ist die AfD am erfolgreichsten bei den mittleren Jahrgängen der zwischen 35- und 59-Jährigen, wo sie 2017 gut 15 und 2021 13 Prozent erreichte. In der jüngsten (18 bis 24) und ältesten Gruppe (über 70 Jahre) schneidet sie dagegen mit jeweils acht bzw. sechs Prozent deutlich schlechter ab (Zahlen der repräsentativen Wahlstatistik).

Bezogen auf die Sozialstruktur der AfD-Wählerschaft kommen die vorliegenden Untersuchungen zu teilweise disparaten Befunden, was darauf hindeutet, dass monokausale Erklärungsversuche hier zu kurz greifen. So führen z.B. weder eine hohe Arbeitslosenquote noch ein höherer Ausländeranteil per se zu einer größeren Wahlbereitschaft der AfD. Im Westen scheint die AfD vor allen dort zu punkten, wo die Wähler ein unterdurchschnittliches Haushaltsaufkommen aufweisen und/oder einer Tätigkeit in der Industrie nachgehen. Im Osten ist sie in ländlichen Regionen stark, die unter Abwanderung leiden und ökonomisch abgehängt zu werden drohen. Arbeiter und Arbeitslose sind unter den Wählern zwar überdurchschnittlich vertreten, machen aber nur ein Viertel der AfD-Gesamtwählerschaft aus, während die übrigen drei Viertel auf Angestellte, Beamte und Selbständige entfallen. Auch bei den formalen Bildungsabschlüssen dominieren die mittleren Ränge (Niedermayer / Hofrichter 2016).

Ein klareres Profil ergibt sich, wenn man die Einstellungsmerkmale der Wählerschaft betrachtet. Die AfD-Wähler weisen hier zum einen im Vergleich zu den anderen Wählern ein wesentlich höheres Unzufriedenheitsniveau, zum anderen eine größere Nähe zu rechtsextremen Überzeugungen auf. Protest- und Einstellungswahl gehen bei der AfD insofern Hand in Hand und decken sich mit dem Selbstverständnis einer "Anti-Establishment-Partei". Am deutlichsten ablesbar sind die Unterschiede zur politischen Konkurrenz bei der Bewertung der Migrations- und Flüchtlingspolitik, wo die rigorose Ablehnungshaltung der AfD von ihren Wählern nahezu einhellig geteilt wird (Hambauer / Mays 2018). Wie die seit 2016 bei vielen Wahlen angestiegene Wahlbeteiligung zeigt, konnte die AfD damit auch viele frühere Nichtwähler mobilisieren.

Quellen / Literatur

  • Bebnowski, David (2015), Die Alternative für Deutschland. Aufstieg und gesellschaftliche Repräsentanz einer rechten populistischen Partei, Wiesbaden.

  • Decker, Frank (2016), Die "Alternative für Deutschland" aus der vergleichenden Sicht der Parteienforschung, in: Alexander Häusler (Hg.), Die Alternative für Deutschland, Wiesbaden, S. 7-23.

  • Decker, Frank / Fedor Ruhose (2021), Der Einfluss der AfD auf die deutsche Koalitionslandschaft: Problem oder Chance für die etablierten Parteien?, in: Zeitschrift für Politik 68 (2), S. 123-144.

  • Hafeneger, Benno u.a. (2018), AfD in Parlamenten. Themen, Strategien, Akteure, Frankfurt a.M.

  • Hambauer, Verena / Anja Mays (2018), Wer wählt die AfD? Ein Vergleich der Sozialstruktur, politischen Einstellungen und Einstellungen zu Flüchtlingen zwischen AfD-WählerInnen und der WählerInnen der anderen Parteien, in: Zeitschrift für Vergleichende Politikwissenschaft 12 (1), S. 133-154.

  • Häusler, Alexander / Rainer Roeser (2015), Zwischen Euro-Kritik und rechtem Populismus: Merkmale und Dynamik des Rechtsrucks in der AfD, in: Andreas Zick / Beate Küpper, Wut, Verachtung, Abwertung. Rechtspopulismus in Deutschland, Bonn, S. 124-145.

  • Hensel, Alexander u.a. (2017), Die AfD vor der Bundestagswahl 2017. Vom Protest zur parlamentarischen Opposition, Frankfurt a.M. (Otto Brenner Stiftung, Arbeitsheft 91).

  • Kemper, Andreas (2014), Keimzelle der Nation? Familien- und geschlechterpolitische Positionen der AfD - eine Expertise, Berlin (Friedrich-Ebert-Stiftung).

  • Lewandowsky, Marcel (2018), Alternative für Deutschland (AfD), in: Frank Decker / Viola Neu (Hg.), Handbuch der deutschen Parteien, 3. Aufl., Wiesbaden, S. 161-170.

  • Niedermayer, Oskar (2015), Eine neue Konkurrentin im Parteiensystem? Die Alternative für Deutschland, in: ders. (Hg.), Die Parteien nach der Bundestagswahl 2013, Wiesbaden, S. 175-207.

  • Niedermayer, Oskar / Jürgen Hofrichter (2016), Die Wählerschaft der AfD: wer ist sie, woher kommt sie und wie weit rechts steht sie?, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen 47 (2), S. 267-284.

  • Ruhose, Fedor (2023), Rechtspopulismus in der Opposition. Die AfD-Fraktion im Bundestag (2017 - 2021), Frankfurt a.M.

  • Schroeder, Wolfgang / Markus Trömmer, Hg. (2021), Rechtspopulismus, Zivilgesellschaft, Demokratie, Bonn.

  • Schroeder, Wolfgang / Bernhard Weßels, Hg. (2019), Smarte Spalter. Die AfD zwischen Bewegung und Parlament, Bonn.

Fussnoten

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Prof. Dr. Frank Decker lehrt und forscht am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Parteien, westliche Regierungssysteme und Rechtspopulismus im internationalen Vergleich.