"Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden."
Diese Sätze sind in den ersten drei Absätzen des Artikels 20 des Grundgesetzes (GG) für die Bundesrepublik Deutschland festgeschrieben. Sie werden als "Verfassung in Kurzform" bezeichnet, denn sie enthalten deren wichtigste Strukturprinzipien: Demokratie, Bundesstaatlichkeit sowie Rechtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit. Diese werden in Artikel 79 als unveränderlicher Teil des Grundgesetzes festgelegt und in anderen Artikeln des Grundgesetzes weiter ausformuliert. Da diese Prinzipien so wichtig sind, wurden sie auch in die Präambel des Einigungsvertrages übernommen.
Das Demokratieprinzip besagt, dass alle Gewalt vom Volk ausgeht, dieses also der Souverän ist. In der repräsentativen Demokratie der Bundesrepublik werden die Interessen der Bürgerinnen und Bürger durch die gewählten Vertreter in den Parlamenten wahrgenommen, die nach dem Mehrheitsprinzip entscheiden.
Die deutschen Länder blicken auf eine lange Geschichte der Unabhängigkeit zurück. Über weite Strecken der deutschen Geschichte waren sie eine nur lose durch Institutionen oder Herrscher verbundene Sammlung verschiedenster Einheiten. Darauf aufbauend haben sich die Mütter und Väter des Grundgesetzes für eine bundesstaatliche Republik entschieden. In dieser stehen den Bundesländern, die aus diesen alten Territorien hervorgegangen sind, viele Befugnisse im föderalen System zu. Nicht zuletzt trug die Erfahrung des totalitären Staates der Nationalsozialisten dazu bei, dieses System als Sicherung gegen eine erneute Machtkonzentration in den Händen einer Person oder des Zentralstaates zu installieren. Das Grundgesetz regelt die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern sehr genau. Eine Vielzahl von Gesetzen, die der Bundestag verabschiedet, bedarf der Zustimmung durch die Vertretung der Länder, des Bundesrates. Sie sind also in entscheidender Weise an der Gesetzgebung beteiligt. Zudem sind ihnen viele Aufgaben der öffentlichen Verwaltung zugeordnet.
Das Strukturprinzip der Rechtsstaatlichkeit bedeutet, dass die Gesetzgebung an die Verfassung gebunden ist und Gesetze nicht willkürlich verabschiedet werden dürfen. Auch die Politik ist an das Recht gebunden und steht nicht über ihm. Die nationalsozialistische Doktrin eines dem Recht übergeordneten Führerwillens oder Gesetze, die die Verfassung brechen, sind in der Bundesrepublik durch das Grundgesetz ausgeschlossen. Auch die vollziehende Gewalt, die Verwaltung und die Rechtsprechung sind an das geltende Recht gebunden. Dieses schützt die Bürger vor Willkürakten und garantiert zugleich auch die Gleichheit eines jeden Bürgers vor dem Gesetz. In einem Rechtsstaat wachen unabhängige Richter über die Einhaltung der Gesetze. Der Rechtsweg zu ihnen steht jedem Bürger offen.
Dem Sozialstaatsprinzip sind im Grundgesetz nur wenige Worte gewidmet, durch die Erwähnung in Artikel 20 GG aber kommt ihm Verfassungsrang zu. Zusammen mit Artikel 1 GG, der die Würde des Menschen als unantastbar garantiert und deren Schutz zu einer Verpflichtung der staatlichen Gewalt erklärt, lassen sich für den Sozialstaat bestimmte Prinzipien ableiten. So geht man allgemein davon aus, dass sich daraus die Garantie eines bestimmten Existenzminimums ableiten lässt und dass bestimmte Gruppen des besonderen Schutzes bedürfen. Diese Verpflichtung führt zusammen mit Artikel 3 GG, welcher das Diskriminierungsverbot enthält, auch dazu, dass der Staat für eine Angleichung der Lebenschancen aller Bürger Sorge zu tragen hat. Das Ziel der Sozialpolitik ist die Schaffung von sozialer Gerechtigkeit.