Die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) hat seit ihrer Gründung im Februar 2013 in der Öffentlichkeit zu erheblichen Debatten hinsichtlich ihrer politischen Verortung gesorgt. Strittig war zur Zeit ihrer Gründungsphase, ob diese rechts der Unionsparteien stehende Partei mehrheitlich dem Nationalliberalismus, dem Konservatismus, dem Rechtspopulismus oder gar dem Rechtsextremismus zuzuordnen sei. Einhergehend mit ihrem Einzug in den Deutschen Bundestag 2017 als drittstärkste Fraktion hat sich eine deutliche Verschiebung der politisch-parlamentarischen Repräsentationsbreite der AfD nach Rechtsaußen vollzogen.
Die Schwierigkeit einer eindeutigen politischen Charakterisierung dieser Partei aus Sicht der Politik- und Parteienforschung ist bislang dem Umstand geschuldet, dass die AfD einerseits unterschiedliche politische Milieus und Strömungen repräsentiert und dass sie sich andererseits im Laufe ihres bislang fünfjährigen Werdegangs stark verändert und radikalisiert hat.
Politischer Werdegang: Phasen rechter Radikalisierung
Wichtig für die öffentliche Wirkung der AfD und Voraussetzung für ihre ersten Wahlerfolge war, dass ihr zentraler politischer Ursprung nicht im Rechtsextremismus – im Unterschied etwa zu der NPD oder den sog. Pro-Parteien – zu verorten gewesen ist. Entstanden als zunächst mehrheitlich national- und wirtschaftsliberal ausgerichtete Rechtsaußenpartei
Die AfD hat im Laufe ihres politischen Werdegangs mehrere Metamorphosen durchlaufen, die als verschiedene Stufen einer stetig anwachsenden rechten Radikalisierung beschrieben werden können.
In ihrer Ursprungphase besetzte die AfD zunächst öffentlichkeitswirksam das Euro-Thema: Mit ihrer Namenswahl setzte sich die AfD dem damaligen Credo von Bundeskanzlerin Merkel, die Rettung des Euro sei alternativlos, öffentlichkeitswirksam entgegen. In diesem ersten Entwicklungsstadium waren die Euro-Krise und die Sarrazin-Debatte günstige Voraussetzungen für die Erfolge der AfD. Der SPD-Politiker und frühere Finanzsenator des Landes Berlin Thilo Sarrazin kann hierbei als publizistisch-medialer Stichwortgeber der AfD-Themen gesehen werden. So verdeutlichen exemplarisch die Lobhuldigungen seiner Thesen durch den damaligen Parteivorsitzenden Bernd Lucke im rechten Querfrontmagazin Compact (9/2013) die von Beginn an ebenfalls vorhandene nationalistisch-einwanderungsfeindliche Stoßrichtung der AfD. Zugleich hatte die AfD schon in ihrer Gründungsphase enge Verbindungen zur politischen Strömung der sogenannten Neuen Rechten über die Wochenzeitung Junge Freiheit (JF), welche die Partei von Beginn an publizistisch unterstützte, sowie über das neurechte Institut für Staatspolitik (IfS) und das Compact-Magazin (Gebhardt 2018).
Das zweite Entwicklungsstadium der AfD ist gekennzeichnet von einem deutlichen Machtzugewinn des zusammenwachsenden nationalkonservativ-neurechten Flügels der Partei. Zutage trat dies mit den ersten ostdeutschen AfD-Wahlerfolgen im Jahr 2014 in Sachsen, Thüringen und Brandenburg: Die Ost-AfD formierte sich zunehmend als rechtsnationaler Widerpart zum westdeutsch-neoliberal geprägten Lucke-Flügel. Ausschlaggebend für das dritte Entwicklungsstadium waren zunächst die PEGIDA-Proteste in Dresden ab Herbst 2014, die zu verschärften Konflikten des "Flügels" mit dem damaligen Führungskurs der Partei führten. Zu dieser Zeit forderten Lucke und das damalige AfD-Bundesvorstandsmitglied Hans-Olaf Henkel einen pro-atlantischen Kurs der Partei, eine Abkehr vom rechten Kampagnenthema "Islamisierung" und eine entsprechende politische Trennungslinie zu den PEGIDA-Protesten und deren Akteuren. Dagegen formierte sich unter Thüringens Landesvorsitzendem Björn Höcke und André Poggenburg, dem damaligen Landesvorsitzenden Sachsen-Anhalts, ein rechter Oppositionszusammenschluss unter der Bezeichnung "Der Flügel": Mit der aus diesem Kreis initiierten "Erfurter Resolution" leiteten die völkisch-nationalistisch orientierten Parteikräfte einen ersten Kurs- und Führungswechsel in der AfD ein.
Das vierte Entwicklungsstadium der AfD begann mit dem Machtwechsel der Führungsspitze: Auf dem Essener Bundesparteitag im Juli 2015 unterlag Lucke der sächsischen AfD-Landesvorsitzenden Frauke Petry im Ringen um die Parteiführung. Petry erlangte ihren Sieg über Lucke mit Unterstützung des rechten "Flügels". Resultat dieses Führungswechsels war der Parteiaustritt Luckes und die Abspaltung des wirtschaftsliberalen, pro-atlantischen Flügels von der AfD. Mit der darauf folgenden Gründung der Organisation "Allianz für Fortschritt und Aufbruch" (Alfa, im Herbst 2016 umbenannt in "Liberal-konservative Reformer", LKR) beschritt der vormals medial omnipräsente Lucke den Weg in die politische Bedeutungslosigkeit. Hingegen verkündete der damalige NRW-AfD-Vorsitzende Markus Pretzell
Das fünfte Entwicklungsstadium der AfD war geprägt von der Flüchtlingsdebatte, die ab Spätsommer 2015 stark den öffentlichen Diskurs dominierte. War die AfD nach dem Abgang Luckes kurzzeitig in Wahlumfragen noch bis unter 5% Zustimmung gerutscht, so änderte sich dies schlagartig mit ihrem rechtspopulistischen Schwenk auf das Flüchtlingsthema. Mit ihrer sogenannten Herbstoffensive 2015 leitete die AfD ihren entsprechend untermauerten "Angriff" auf die Asylpolitik der Regierung in nationalistischer Stoßrichtung ein: So bezeichnete die damalige AfD-Vorsitzende Petry auf der zentralen Demonstration in Berlin im Rahmen der AfD-Herbstoffensive die Aslypolitik von Bundeskanzlerin Merkel als "Politik gegen das eigene Volk" (Petry 2015). Die Aufnahme von Flüchtlingen wurde aus Parteikreisen wiederkehrend als Landnahme beschrieben. Die Mobilisierung gegen Flüchtlinge und Einwanderung leitete zugleich die aktive "Bewegungsphase" der Partei ein. In einem Vortrag beim neurechten Institut für Staatspolitik definierte Höcke im November 2015 die AfD als "fundamentaloppositionelle Bewegungspartei" (Kanal Schnellroda 2015).
Ihr sechstes Entwicklungsstadium erreichte die Partei durch die zunehmende Inanspruchnahme völkisch-nationalistischen Vokabulars. In Sachsen-Anhalt sorgte der dortige damalige Landesvorsitzende André Poggenburg durch einen Weihnachtsgruß seines Landesverbandes für Aufmerksamkeit, in dem er anregte, über die "Verantwortung für die Volksgemeinschaft" nachzudenken. Auf die öffentliche Kritik darauf bekundete er in einem Schreiben auf der Internetseite seiner Partei, es sollten wohl "einige völlig unproblematische und sogar äußerst positive Begriffe nicht benutzt werden". Und weiter: "Das lassen wir uns nicht gefallen, denn wirkliche Freiheit fängt bei der Freiheit der Sprache an!" (AfD Sachsen-Anhalt 2015). Im Landtag Sachsen-Anhalt forderte Poggenburg zudem,"linksextreme Lumpen" sollten von "deutschen Hochschulen verbannt" und "statt eines Studiumsplatzes lieber praktischer Arbeit zugeführt werden". Laut dem AfD-Landesvorsitzenden solle alles getan werden, "um diese Wucherung am deutschen Volkskörper endlich loszuwerden". (Poggenburg 2016) Zwar regte sich in Teilen der Partei Widerstand gegen solche Wortwahl aus dem Rechtsaußenflügel der AfD. Allerdings sprach sich auch die damalige AfD-Vorsitzende Petry in einem Interview gegen die "Ächtung des Begriffs ‚völkisch‘" aus, den sie stattdessen "wieder positiv besetzen" wolle (Petry 2016). Der Historiker Michael Wildt deutete den Zweck solcher politischen Vorstöße darin, "ein völkisches Vokabular öffentlich ‚sagbar‘ werden zu lassen, das bislang als Sprache des Dritten Reiches gebrandmarkt war" (Wildt 2017: 117f.) Die berüchtigte Höcke-Rede Mitte Januar 2017 in Dresden auf Einladung des dortigen Jugendverbandes der AfD bekräftigte nachträglich die Richtigkeit dieser Deutung. Höcke bezeichnete dort das Berliner Holocaust-Denkmal als "Denkmal der Schande" und forderte eine "Erinnerungswende um 180 Grad" (Höcke 2017 ). Zentrale Merkmale des siebten Entwicklungsstadiums der AfD sind ihr Einzug in den Deutschen Bundestag sowie ein erneuter Führungswechsel. Schon vor dieser Wahl verschoben sich die innerparteilichen Kräfteverhältnisse: Bei der Erstellung des Bundestagswahlprogramms 2017 erlitt die Vorsitzende Petry mit ihrem Versuch, auf dem Bundesparteitag in Köln den von ihr so deklarierten realpolitischen Kurs durchzusetzen, eine deutliche Niederlage. Zum Spitzenduo für den Wahlkampf wurden Alexander Gauland und Alice Weidel gewählt. Nachdem der Partei der Einzug in den Bundestag am 24.09.2017 mit 12,6% Wählerzustimmung gelungen war, kam es kurz danach zu einem weiteren innerparteilichen Machtwechsel – dem Austritt der vormaligen Vorsitzenden Petry aus der Partei und der zweiten Gründung einer AfD-Nachfolgepartei unter dem Label "Die Blauen".
Mit ihrem Einzug in den Bundestag geht eine Zäsur in der bundesdeutschen Demokratie und Parlamentsgeschichte einher: Seit dem Einzug der "Deutschen Partei" in den Bundestag 1949 ist erstmals wieder eine Rechtsaußenpartei im Bundesparlament vertreten. Mit ihrer neuen Rolle als stärkste Oppositionspartei gegenüber einer großen Regierungskoalition im Bundestag hat die AfD ein politisches Alleinstellungsmerkmal erreicht: Ein derartiger Wahlerfolg war bislang in der deutschen Nachkriegsgeschichte allen anderen Rechtsaußenparteien versagt geblieben.
Politische Strategie und Öffentlichkeitsarbeit
Ihre Aufmerksamkeit erzielt die AfD mittels einer skandalorientierten Öffentlichkeitspolitik. Hinter den rechtspopulistischen Äußerungen und Inszenierungen einzelner AfD-Funktionsträger lässt sich ein wiederkehrendes Muster erkennen, das als Wechselspiel zwischen rechten Thesen und Dementi beschrieben werden kann.
Dieses rechtspopulistische Muster öffentlicher Inszenierung beginnt regelmäßig mit einer gezielten provokativen – zumeist diskriminierenden – Äußerung mit dem Ziel, Empörung und damit auch öffentliche Aufmerksamkeit zu erzielen. Daraufhin erfolgt die ritualisierte Behauptung von böswilligen Fehlinterpretationen und die Anprangerung von angeblich vorherrschender fehlender Meinungsfreiheit: Durch die dann folgende Einnahme eines Opferstatus ("Wir werden mit unserer Meinung ausgegrenzt") wird einerseits der innere Zusammenhalt gestärkt und anderseits die Grenze des Sagbaren immer weiter nach rechts verschoben. In ihrem Grundsatzprogramm behauptet die AfD, "Berufspolitiker" würden hierzulande in illegitimer Weise die politische Meinung steuern: "Es handelt sich um ein politisches Kartell, das die Schalthebel der staatlichen Macht, soweit diese nicht an die EU übertragen worden ist, die gesamte politische Bildung und große Teile der Versorgung der Bevölkerung mit politischen Informationen in Händen hat. Nur das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland kann diesen illegitimen Zustand beenden." (AfD-Grundsatzprogramm 2016: 15)
Inszenierung der AfD als Anwalt des Volkes
In diesen Zuschreibungen wird das Muster rechtspopulistischer Skandalisierung deutlich: "Das Volk" werde von den "Berufspolitikern" politisch indoktriniert und gegängelt und nur die AfD als angeblicher Anwalt des Volkes könne diesen "illegitimen Zustand" beenden und dem Volk zu seinem Recht verhelfen. Das Recht auf Meinungsfreiheit wird hierbei instrumentalisiert zur Verkündung ausgrenzender und diskriminierender Äußerungen und Forderungen, die als skandalisierungsträchtig und öffentlichkeitswirksam erscheinen. Wiederkehrend instrumentalisiert die AfD gesellschaftliche Probleme und Konfliktsituationen für zielgerichtete Kampagnen gegen Minderheiten – so etwa die Flüchtlingsdebatte ab 2015 für die sog. "Herbstoffensive" gegen die Aufnahme von Geflüchteten.
In diesem Zusammenhang wertete der Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland die Flüchtlingskrise in zynischer Manier als "Geschenk" für seine Partei. "Man kann diese Krise ein Geschenk für uns nennen", sagte Gauland. "Sie war sehr hilfreich." (Gauland 2015) Der Anlass zur Instrumentalisierung gesellschaftlicher Problemlagen kann durchaus variabel sein. Dies lässt sich anhand einer an die Öffentlichkeit geratenen Mail der stellvertretenden AfD-Fraktionsvorsitzenden Beatrix von Storch veranschaulichen, in der sie Vorstandskollegen inhaltliche Empfehlungen für die Erstellung eines Grundsatzprogramms gab. Darin schreibt von Storch, dass "der Islam das brisanteste Thema des Programms überhaupt" und für die "Außenkommunikation" am besten geeignet sei. "Asyl und Euro sind verbraucht, bringen nichts Neues", so Storch weiter. "Die Presse wird sich auf unsere Ablehnung des politischen Islams stürzen wie auf kein zweites Thema des Programms." (Grill 2016) Auch die politische Instrumentalisierung von Gewaltverbrechen an Minderjährigen gehört zum Repertoire von manchen AfD-Politiker: So vollzog der AfD-Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz am 8. Juni 2018 ohne vorherige Absprache eigenständig am Rednerpult des Bundestages eine Schweigeminute für ein minderjähriges weibliches Gewaltopfer, das von einem Gewalttäter mit Flüchtlingsstatus vergewaltigt und ermordet worden war.
Zielgruppenansprache im AfD-Strategiepapier
Um ihre Skandalisierungsmethode zielgerichtet auf potenzielle Wählergruppen anwenden zu können, hat die AfD ein sog. Strategiepapier erstellt. In diesem 33-seitigen Papier, das Ende 2016 den Bundesvorstand beschäftigte und das Anfang 2017 öffentlich bekannt wurde, definierte die AfD die Zielgruppen ihres Wahlkampfs und erörterte ihre Wahlkampfstrategie (AfD-Strategiepapier 2016). Ansprechen will die AfD:
"Wähler aus allen sozialen Schichten, Altersgruppen und Teilen Deutschlands, die weitere Euro-,Rettungspakete' ablehnen, erkennen, dass der EURO der europäischen Idee und den Europäern auf vielen Ebenen erheblichen Schaden zufügt, keinen europäischen Superstaat wollen und von Politikern Mut zu Deutschland und den Vorrang für deutsche Interessen fordern."
"Bürgerliche Wähler mit liberal-konservativer Werteorientierung" – darunter auch "leistungsorientierte Arbeitnehmer" –, die einem "rot-grün dominierten Zeitgeist der Beliebigkeit und der Multikulti-Ideologie kritisch bis ablehnend" gegenüberstünden. Sie würden den "Altparteien" nicht mehr zutrauen, "für die Sorgen der Bürger bei Themen wie unkontrollierte Zuwanderung, Kriminalitätsbekämpfung, Steuerabzocke, Bildungsmisere, Ausbeutung der Familien, soziale Gerechtigkeit, Vernachlässigung des öffentlichen Raums und Genderwahn Lösungen zu finden".
"Protestwähler", die "mit der Verengung der politischen Debatte auf wenige Themen, mit politisch korrekten Meinungsäußerungen in den Medien sowie ganz allgemein mit Inhalt und Stil der politischen Debatte unzufrieden sind und sich gegen die Selbstbedienungsmentalität der Altpartien wenden".
(Bisherige) Nichtwähler, die – obwohl politisch interessiert – "unter den Altparteien nirgendwo ein akzeptables Angebot" fänden.
"Bürger mit unterdurchschnittlichen Einkommen (,kleine Leute') in sog. ,prekären Stadtteilen', die sich dem dortigen Trend zur Ausnutzung von staatlichen Transferleistungen und zur Verwahrlosung entgegenstellen, sich zu konservativen Werten wie Leistungsbereitschaft, Ordnung, Sicherheit und Patriotismus bekennen, sich von den Altparteien nicht ernst genommen und außerdem als Verlierer der Globalisierung fühlen. In dieser Gruppe finden sich viele Arbeiter und Arbeitslose."
Diese fünf Zielgruppen stünden im Mittelpunkt der Tätigkeit, heißt es in dem Papier. Programme, Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit würden so ausgerichtet, dass sie mindestens eine der fünf Gruppen ansprächen. "Die Reaktionen und Befindlichkeiten anderer Teile der Gesellschaft sind für die AfD demgegenüber von untergeordneter Bedeutung. Sie sind eher Zielscheiben als Zielgruppen der AfD."
Politische Wesensmerkmale: Rechtspopulismus, Autoritarismus, völkischer Nationalismus
Hinsichtlich ihrer Agitationsform wird die AfD in der Politikwissenschaft mehrheitlich als rechtspopulistisch bezeichnet (Decker 2016). Nach Ruth Wodak instrumentalisieren alle rechtspopulistischen Parteien "eine Art von ethnischer, religiöser, sprachlicher, politischer Minderheit als Sündenbock für die meisten – wenn nicht alle – aktuellen Sorgen und Probleme. Sie stellen die jeweilige Gruppe als gefährlich dar, die Bedrohung ‚für uns‘, für ‚unsere‘ Nation. Dieses Phänomen manifestiert sich als ‚Politik mit der Angst‘." Ebenso zeichnen sich rechtspopulistische Appelle dadurch aus, dass sie sich an den gesunden Menschenverstand" richteten als Gegensatz zum "Intellektualismus und eine "Rückkehr zu vormodernistischem Denken, also vor der Aufklärung" wünschen. (Wodak 2016: 18) Der bekundete Alleinvertretungsanspruch rechtspopulistischer Rhetoriken als "Sprecher des Volkes" kennzeichnet laut Jan-Werner Müller (2016: 18) zugleich deren "antidemokratische" Stoßrichtung. Diese Merkmale treffen auch auf die AfD zu: Schon von Beginn an füllte die Partei ihre Kampagnen gegen eine angebliche "Entmündigung des deutschen Volkes" mit rechtspopulistischer Stoßrichtung. Auf dem AfD-Gründungsparteitag am 14. April 2013 erklärte das Gründungsmitglied Konrad Adam: "Wenn unsere Volksvertreter ihre Aufgabe darin sehen, das Volk zu entmündigen, sollten wir selbstbewusst genug sein, den Vorwurf des Populismus als Auszeichnung zu betrachten" (Adam 2013). Solche populistischen Inszenierungen gehen in der Partei zunehmend einher mit im vulgären Sprachduktus formulierten ‚Säuberungsphantasien‘ und Kampfansagen an politische Gegner: So prangerte der AfD-Bundes-Co-Vorsitzende Jörg Meuthen auf dem AfD-Bundesparteitag im April 2016 in Stuttgart in populistischer Manier an, er könne sich aufgrund der Zuwanderung nicht mehr sicher auf die Straße trauen und leitete daraus die Forderung nach einem "Deutschland weg vom links-rot-grün versifften 68er-Deutschland" ab (Meuthen 2016)
Zugleich erfahren rechtspopulistische Agitation und autoritaristische Mobilisierung in vielen AfD-Verlautbarungen und Statements einzelner Parteifunktionäre eine Symbiose. Dies illustriert ein Bekenntnis des AfD-Landesvorsitzenden von Baden-Württemberg, Uwe Junge, auf seinem Twitter-Account: "Der Tag wird kommen, an dem wir alle Ignoranten, Unterstützer, Beschwichtiger, Befürworter und Aktivisten der Willkommenskultur im Namen der unschuldigen Opfer zur Rechenschaft ziehen werden! Dafür lebe und arbeite ich. So wahr mir Gott helfe!" (Junge 2017) In der Propaganda der AfD wird ein solcher autoritärer Populismus wiederkehrend angereichert mit völkisch-nationalistischen Positionen: So postete der AfD-Politiker Thorsten Weiß, Mitglied im Berliner Abgeordnetenhauses, auf seiner Facebookseite in Bezug auf die prognostizierte Zunahme von Staatsbürgern mit Migrationshintergrund: "Die Regierung plant den Volkstod!" (Weiß 2018). Als politische Stoßrichtung formulierte der frühere AfD-Landesvorsitzende Sachsen-Anhalts Poggenburg: "Wir haben jetzt die wirklich historische Chance, eine echte deutschnationale Partei felsenfest im Parlament zu verankern." (Poggenburg 2016)
Außerdem öffnet sich die AfD zunehmend für die Zusammenarbeit mit radikal rechten Strömungen und Parteien. Internationale Kontakte bestehen zur rechtsradikalen ENF-Fraktion im Europaparlament und in besonderem Maße zur FPÖ in Österreich, mit der die AfD im Februar 2016 eine "Blaue Allianz" beschlossen hat (AfD Bayern 2016). Die sog. Neue Rechte sieht hingegen in der AfD ein Handlungsfeld zur realpolitischen Umsetzung ihrer politischen Vorstellungen. So erklärte der neurechte Vordenker Karlheinz Weißmann in der Wochenzeitung Junge Freiheit: "Das nächste Ziel der Alternative für Deutschland ist die Organisation als ‚Volkspartei neuen Typs‘. In die müssen die Hauptströmungen – Volkskonservative, Hayekianer, Deutschradikale, Sozialpatrioten – eingeschmolzen werden." (Weißmann 2018) Umgekehrt suchen die radikal rechten Kräfte in der AfD wiederum selbst das Bündnis zu rechtsextremen Bewegungen. So erklärte der Vorstand der Patriotischen Plattform in der AfD schon in Bezug auf die rechtsextreme "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD): "Wir wünschen uns eine engere Zusammenarbeit zwischen Identitärer Bewegung und AfD, denn auch die AfD ist eine identitäre Bewegung, und auch die Identitäre Bewegung ist eine Alternative für Deutschland" (Patriotische Plattform 2016). Zwar existierte bislang formal ein Abgrenzungsbeschluss der AfD zu offen rechtsextremen Gruppierungen, doch in der Realität zeigen sich deutliche Entwicklungen hin zum Gegenteil. Ein organisatorisches Beispiel hierfür ist die Initiative "Ein Prozent für unser Land" (Herkenhoff 2016), deren Organisatorenkreis von AfD-Politikern
Solche Entwicklungen haben die Partei aus Sicht der Politikwissenschaft deutlich in die Nähe des Rechtsextremismus gerückt. Der Politikwissenschaftler Rudolf Korte bezeichnet den Sprachduktus von Höcke als "rechtsextrem völkisch". Der Politiker verbreite "völkisches Gedankengut, wie es das in Deutschland schon mal in den 1920er- und 1930er-Jahren gegeben habe" (Korte 2015). Der Berliner Politikwissenschaftler Gero Neugebauer deutet Höcke mit seinen Aussagen als Vertreter eines völkischen Nationalismus, "also eindeutig rechtsextremistisch" (Neugebauer 2015). Laut dem Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer lässt sich die AfD kennzeichnen "als nationalkonservative Partei mit Brücken zum Rechtsextremismus hin" (Niedermayer 2017 ). Claus Leggewie erkennt bei der AfD unter dem Bundesparteivorsitzenden Gauland und dem Vorsitzenden der thüringischen AfD Höcke gar Züge eines völkisch-autoritären "National-Sozialismus" (Leggewie 2017: 22). Hinsichtlich einiger Meinungsäußerungen des AfD-Spitzenpersonals kommt der Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber zu der Einschätzung, dass die AfD "als eine (rechts-)extremistische Partei, zwar mit eher niedrigem Intensitätsgrad, aber eben als sehr wohl extremistisch" zu verorten sei (Pfahl-Traughber 2018)
Literatur
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Externer Link: AfD Grundsatzprogramm (2016) (20.05.2018)
Externer Link: AfD kompakt (2018): Bundesregierung für Tod der 14-jährigen Susanna verantwortlich (07.06.2018)
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Decker, Frank (2016): Die "Alternative für Deutschland" aus vergleichender Sicht der Parteienforschung, in: Häusler, Alexander (Hrsg.): Die Alternative für Deutschland. Programmatik, Entwicklung und politische Verortung, Wiesbaden
Externer Link: Gauland, Alexander (2015): In: Umfragehoch: AfD-Vize Gauland sieht Flüchtlingskrise als Geschenk (12.12.2015)
Gebhardt, Richard (2018): "Mut zur Wahrheit"? Compact, Sezession und Junge Freiheit – das publizistische Netzwerk der AfD, in: Häusler, Alexander Hrsg.): Völkisch-autoritärer Populismus. Der Rechtsruck in Deutschland und die AfD, Hamburg, S. 109-116
Häusler, Alexander (2018): Völkisch-autoritärer Populismus. Der Rechtsruck in Deutschland und die AfD. Hamburg.
Herkenhoff, Anna-Lena (2016): Neurechte Netzwerke und die Initiative "Ein Prozent für unser Land", in: Alexander Häusler (Hrsg.): Neue soziale Bewegung von rechts? Zukunftsängste, Abstieg der Mitte, Ressentiments. Hamburg: 73-83.
Externer Link: Höcke, Björn (2017): Dresdener Rede v. 17.01.2017. (05.02.2018)
Externer Link: Höcke, Björn (2018): Rede auf AFD Bürgerversammlung in Lutherstadt Eisleben v. 20 01 2018. ( 05.02.02018)
Externer Link: Identitäre Bewegung Sachsen (2016): Facebookmeldung v. 05.03.2016. (27.03.2018)
Externer Link: Jongen, Marc (2018): Facebookmeldung v. 23.01.2018. (25.01.2018)
Externer Link: Junge, Uwe (2017): Meldung auf Twitteraccount v. 29.12.2017. (05.02.2018)
Externer Link: Kanal Schnellroda (2015): Asyl Eine politische Bestandsaufnahme – Höcke beim IfS (25.03.2018)
Korte, Karl-Rudolf (2015): "Es ist eine Gratwanderung, ob die AfD es schafft". Interview. In: Deutschlandfunk v. 22.10.2015.
Leggewie, Claus (2017): Europa zuerst! Eine Unabhängigkeitserklärung. Berlin.
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Petry, Frauke (2016): "Wir wollen keinen Bürgerkrieg" Interview. In: Die Welt v. 11.09.2016.
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Steiner, Thomas (2015): Die AfD stellt sich neu auf: "Wir sind die Pegida-Partei", Badische Zeitung v. 06.07.2015.
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Wildt Michael (2017): Volk, Volksgemeinschaft, AfD. Hamburg.
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