Juryauswahl
Ausgehend von bekannten Märchen dekonstruieren die Schauspieler:innen mit kognitiver Beeinträchtigung des Theater HORA und die Performer:innen von Henrike Iglesias spielfreudig, witzig und zugänglich die mächtigen gesellschaftlichen Konzepte von Normalität, Schönheit und sozialem Geschlecht.
Märchen sind Geschichten, in denen meist vollkommen klar ist, was schön ist und was abscheulich. Prinzessinnen sind schön. Hexen sind hässlich und einsam. Prinzen sind im Idealfall reich und schön. Und Prinzessinnen müssen sich von ihnen retten und dann heiraten lassen.
In diesem Stück aber ist alles unsicher: Geschlechter- und Rollenzuschreibungen sind uneindeutig, die vermeintlich funktionsfähigen Märchenerzählungen werden radikal hinterfragt. Der Spiegel aus dem zentralen Märchen "Schneewittchen" spielt mit als körperlose Stimme aus dem Off. Genervt vom Wahnsinn der Selbstoptimierung legt der Spiegel die Arbeit nieder, kommt aber schließlich zurück, als die Spieler:innen mit ihm einen neuen Modus der Zusammenarbeit verabreden und sich außerdem ein für alle Mal verabschieden von der Vorstellung von Schönheit als gewaltvoller Norm.
"Es war keinmal" ist in einer Kooperation zwischen dem feministischen Performancekollektiv Henrike Iglesias und dem Theater HORA entstanden. Als (Kultur-)Werkstatt für Menschen mit einer IV-zertifizierten "geistigen Behinderung" arbeitet das Theater HORA daran, die Wahrnehmung, Wertschätzung und Förderung künstlerischer und menschlicher Einzigartigkeit zu fördern.
English version
Starting with familiar fairy tales, the actors of Theater HORA with cognitive disabilities and the performers of Henrike Iglesias deconstruct the powerful social concepts of normality, beauty and social gender playfully, humorously and accessibly.
Fairy tales are stories where it is usually completely clear what is beautiful and what is revolting. Princesses are beautiful. Witches are ugly and lonely. Princes are ideally both rich and beautiful. And princesses have to be saved by and then marry them.
But in this play, everything is uncertain: attributions of gender and roles are ambiguous, fairy tale narratives that are supposed to be functional are radically questioned. The mirror from the key fairy tale "Snow White" is present as a disembodied voice from off stage. Fed up with the lunacy of self-improvement, the mirror goes on strike, but returns later when the performers agree on a new way of working and once and for all renounce the notion of beauty as a powerful norm.
"Es war keinmal" was developed as a co-operation between the feminist performance collective Henrike Iglesias and Theater HORA. As a (cultural) workshop for people with certified mental disabilities, Theater Hora works to promote the reception, appreciation and promotion of artistic and human individuality.
Theater HORA & Theaterkollektiv Henrike Iglesias
Theater HORA ist eine der bekanntesten freien Theatergruppen der Schweiz und arbeitet regelmäßig mit Künstler:innen aus dem In- und Ausland zusammen. Das 2012 gegründete Theaterkollektiv Henrike Iglesias beleuchtet in seinen Performances popkulturelle Phänomene als Spiegel gesellschaftlicher Zustände.