in koreanischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
Der aus Seoul stammende Künstler Jaha Koo beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise, die Südkorea Ende der 1990er Jahre erschütterte und die er als Jugendlicher hautnah miterlebte. Die Finanzpolitik des Internationalen Währungsfonds (IWF), die in der Folge einsetzte, knüpfte die Gewährung milliardenschwerer Hilfskredite an die Umsetzung von Strukturmaßnahmen zur Liberalisierung der nationalen Ökonomie. Diese Forderung trieb zahlreiche Betriebe in den Bankrott. Sie hatte Massenentlassungen, Arbeitslosigkeit, hohe Verschuldung, wachsende soziale Ungleichheit und sozialen Abstieg zur Folge.
In seiner Performance verknüpft Jaha Koo gekonnt die politischen Ereignisse mit persönlichen Erfahrungen und verfolgt die zerstörerische Logik des neoliberalen kapitalistischen Systems bis in seinen eigenen Freundeskreis hinein. Kurz bevor sich der Künstler entschied, nach Europa auszuwandern, nahm sich sein bester Freund das Leben. Dieser Suizid war kein Einzelfall, sondern charakteristisch für die Not einer ganzen Jugendgeneration, die dem Druck, unter dem sie leben muss, nicht standzuhalten vermag. Auf die extremen Leistungsanforderungen reagieren viele junge Menschen mit Existenzängsten, sozialer Isolation und Auswanderungswünschen. Bis heute hat Südkorea die höchste Selbstmordrate weltweit.
Mithilfe einer gelungenen Kombination aus dokumentarischen Videoeinblendungen, Text und Musik gelingt Jaha Koo eine anrührende, teils bittere, teils durchaus humorvolle Auseinandersetzung mit einer Gesellschaft, die verbissen daran arbeitet, auch nach der Katastrophe ihren Stellenwert innerhalb der globalen Ökonomie zu behaupten. Die Bühne teilt sich der Künstler dabei mit drei Reiskochern der Marke Cuckoo, einem Symbol des südkoreanischen Wiederaufstiegs.
In einer hochtechnologisierten Welt, in der viele Menschen in Einsamkeit leben, erweisen sich die hochmodernen Druckkochtöpfe nicht nur als passende Metapher für die koreanische Gesellschaft, sondern oft auch als einziger verfügbarer Gesprächspartner. Jaha Koo hat sie hacken lassen und lässt sie streiten, singen und über Emoticons miteinander kommunizieren. Eine düstere, melancholisch stimmende Bestandsaufnahme, die aber zugleich aufklärerische Ziele verfolgt. Dieser Abend hallt lange nach.
Performance: Hana, Duri, Seri & Jaha Koo
Konzept, Regie, Text, Musik und Video: Jaha Koo
Cuckoo-Hacking: Idella Craddock
Bühnenbild, Medien: Eunkyung Jeong
Dramaturgische Beratung: Dries Douibi
Produktion: Kunstenwerkplaats Pianofabriek
Produktionsleitung: CAMPO
In Koproduktion mit: Festival Bâtard
Mit Unterstützung von: CAMPO, STUK, BUDA, DAS, SFAC & Noorderzon / Grand Theatre Groningen
Gefördert von: Vlaamse Gemeenschapscommissie
Spielstätte:
HochX
Vorstellungstermine:
So., 4. November 2018, 20.30 Uhr
Mo., 5. November 2018, 19 Uhr
Publikumsgespräch am 5. November 2018:
Mit: Jürgen Turek (Politikberater und Zukunftsforscher) und Jaha Koo (Regisseur)
Moderation: Sophie Diesselhorst (nachtkritik)
Kuratiert von: Dramaturgische Gesellschaft