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Genau 50 Jahre ist die Revolte von 1968 nun her. Wie viele Menschen beschäftigt sich der in Brüssel ansässige Choreograf Michiel Vandevelde mit der Frage, was von der damaligen Aufbruchsstimmung übrig ist, welche Erfolge gefeiert werden können, wo ein Scheitern einzugestehen ist. Gemeinsam mit 13 Jugendlichen der bekannten belgischen Theatergruppe fABULEUS nimmt er „Paradise Now“ des Living Theatre zum Ausgangspunkt seiner Suche.
Dieses Stück, 1968 in Avignon uraufgeführt, steht wohl wie keine andere Performance für den Geist jener Zeit und für den Glauben, mit Kunst als „trojanischem Pferd“ die Gesellschaft erobern zu können. Geradezu folgerichtig löste sich das anarcho-pazifistische Kollektiv nach dieser Produktion wegen entgegengesetzter Politikvorstellungen und Lebensentwürfe auf.
„Paradise Now (1968 – 2018)“, Michiel Vandeveldes Auseinandersetzung mit der historischen Vorlage, spannt den inhaltlichen Bogen von damals bis in unsere Gegenwart: Im Zeitraffer werden ikonische Bilder aufgerufen, die sich innerhalb der letzten 50 Jahre ins kollektive Gedächtnis eingebrannt haben. Was hat die Träume von damals untergraben? Besitzen die alten Forderungen noch immer Relevanz oder müssen sie neu formuliert werden? Welche Perspektiven bieten sich uns heute?
In seiner Inszenierung folgt der Regisseur der Überzeugung, dass es möglich sein muss, an die Kämpfe und politischen Positionen von 1968 anzuknüpfen. Wenn unsere Fähigkeit, Zukunft zu denken, unsere „Futurability“, wie Franco ‚Bifo‘ Berardi das nennt, heute verschwunden ist, wie lässt sich dann die Gegenwart als der einzige zeitliche Ort, an dem eine Veränderung der Gesellschaft und unserer Lebensumstände herbeigeführt werden kann, für politische Interventionen zurückgewinnen? Es ist gewiss kein Zufall, dass dieser mitreißende Abend den Untertitel „An Appointment with Time“ trägt.
Die Jury war beeindruckt von der Ehrlichkeit, mit der die Jugendlichen ihre Lebenssituation beschreiben und ihrer Verzweiflung, aber auch ihrer Hoffnung Ausdruck geben, fernab von Floskeln und Stereotypen. Als sehr grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob oder inwieweit politisches Handeln – und damit politisches Theater – heute (noch) möglich ist, stand „Paradise Now (1968 – 2018)“ deswegen am Beginn des Festivals.
Mit: Zulaa Antheunis, Sarah Bekambo, Jarko Bosmans, Bavo Buys, Wara Chavarria, Judith Engelen, Abigail Gypens, Lore Mertens, Anton Rys, Margot Timmermans, Bo Van Meervenne, Esra Verboven, Aron Wouters
Choreografie: Michiel Vandevelde
Kostüm: Lila & John
Choreografieassistenz: Zoë Demoustier
Dramaturgie: Kristof van Baarle
Technische Unterstützung: Bregt Janssens
Produktionsleitung: Kathleen Vogelaers
Koproduktion: fABULEUS, STUK
In Kooperation mit: Sophiensæle Berlin
Spielstätte:
Münchner Kammerspiele, Kammer 1
Vorstellungstermine:
Do., 1. November 2018, 20 Uhr
Fr., 2. November 2018, 19 Uhr
Publikumsgespräch am 2. November 2018:
Mit: Gary Brackett (Living Theatre) und dem fABULEUS-Ensemble
Moderation: Andrej Mirčev (Visual Artist / Dramaturg)
Kuratiert von: Milena Mushak (bpb)