In den 1990er-Jahren intensivierte sich die Diskussion über die soziale und ökologische Verantwortung der Unternehmen (Corporate Social Responsibility – CSR). Dabei geht es zum einen um die Beachtung sozialer- und umweltrelevanter Grundsätze beim Kerngeschäft und zum anderen um das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen (z.B. durch die Gründung von Stiftungen, Spenden oder freiwillige soziale Leistungen). Auf globaler Ebene ist die bekannteste Initiative zur Förderung von verantwortungsvollen Unternehmenspraktiken der Global Compact der Vereinten Nationen (United Nations Global Compact – UNGC). Die mehr als 12.000 Mitglieder des UNGC Anfang 2017 verpflichten sich, in allen Staaten, in denen sie tätig sind, zehn Prinzipien aus den Bereichen Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Umweltschutz und Korruptionsprävention einzuhalten. Allerdings ist der UNGC in erster Linie ein Lern- und Dialogforum, in dem gute Beispiele von anderen Unternehmen kopiert werden sollen. Sanktionsmöglichkeiten fehlen weitgehend.
Fakten
Die Globalisierung hat einerseits die Marktmacht von Multinationalen Unternehmen (MNU) stark erhöht, andererseits aber auch den Legitimationsdruck auf die Global Player wachsen lassen. Als Folge werden große Unternehmen immer wieder wegen ihrer Geschäfts- und Produktionspraktiken öffentlich kritisiert – in der Vergangenheit zum Beispiel Nike wegen schlechter Arbeitsbedingungen in asiatischen Zuliefererfirmen, Shell für das Vorhaben, die Ölplattform Brent Spar im Atlantik zu versenken, Teile der Pharmabranche, die das Patentrecht über die Arzneimittelversorgung armer Menschen stellten oder Facebook wegen mangelnder Verantwortung für die veröffentlichten Inhalte.
Zusammengefasst lautet die Kritik, dass global tätige Unternehmen nicht nur an Gewinnen interessiert sein dürfen, sondern die sozialen und ökologischen Folgen ihrer weltweiten Aktivitäten berücksichtigen müssen. Vor diesem Hintergrund intensivierte sich in den 1990er-Jahren die Diskussion über Corporate Social Responsibility (CSR). CSR ist das Bekenntnis der Privatwirtschaft zu wirtschaftlich, sozial und ökologisch verantwortungsvoller Unternehmensführung. Die Unternehmen verpflichten sich selbst zur Beachtung sozialer- und umweltrelevanter Grundsätze bei ihrer Geschäftstätigkeit und ihren Beziehungen zu Arbeitnehmern, Anteilseignern, Kunden, Geschäftspartnern, Investoren oder anderen Akteuren.
Corporate Citizenship (CC) bezeichnet das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen, das über die eigentliche Geschäftstätigkeit hinausgeht. Beispielsweise handeln Unternehmen im Sinne der CC, wenn sie eine Stiftung gründen (Corporate Foundation), Geld spenden (Corporate Giving), ihren Mitarbeitern Zeit für freiwilliges Engagement zur Verfügung stellen (Corporate Volunteering) oder ihre Ressourcen in gemeinwohlorientierten Public Private Partnerships einbringen.
Eine der bekanntesten Initiativen zur Förderung von verantwortungsvollen Unternehmenspraktiken ist der Global Compact der Vereinten Nationen (United Nations Global Compact – UNGC). Unternehmen sollen dabei durch freiwillige Selbstverpflichtung gutes Unternehmertum demonstrieren sowie gesellschaftliche Verantwortung in ihren Kerngeschäften übernehmen.
Unternehmen, die dem UNGC beitreten, verpflichten sich, in allen Staaten, in denen sie tätig sind, zehn Prinzipien aus den Bereichen Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Umweltschutz und Korruptionsprävention einzuhalten (siehe "Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen"). Durch den UNGC wird der Kreis der Global Governance Akteure um ökonomische Akteure erweitert.
Der UNGC ist in erster Linie ein Lern- und Dialogforum, in dem 'Best Practices' von CSR, also gute Beispiele mit Vorbildfunktion, identifiziert und von anderen Unternehmen kopiert werden sollen. Alle Unternehmen im UNGC sind verpflichtet, jährlich ihr gesellschaftliches Engagement in Form von Berichten auf der Global Compact Homepage zu veröffentlichen (Communication of Progress – COP). Dabei soll über den Stand der Umsetzung der zehn Global Compact-Prinzipien sowie über die Aktivitäten zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung in schriftlicher Form berichtet werden. Die Berichte müssen bestimmte Kriterien erfüllen, die Inhalte werden jedoch nicht überprüft und Sanktionsmöglichkeiten fehlen weitgehend.
Anfang Mai 2017 hatte der UNGC 12.387 Mitglieder aus 162 Staaten. Davon kamen 85,2 Prozent ihrer Berichtspflicht nach (Deutschland: 414 Mitglieder, davon 385 aktiv). Laut der Geschäftsstelle des Deutschen Global Compact Netzwerks konnten Anfang 2017 mehr als 33.000 Berichte eingesehen werden. Mit 33,1 Prozent gehörte fast ein Drittel der Mitgliedsunternehmen zu dem Bereich industrielle Güter und Dienstleistungen. Darauf folgten Unternehmen aus den Bereichen Technologie (8,3 Prozent), Anlagenbau, Bau und Werkstoffe, (7,3 Prozent), Lebensmittel (5,9 Prozent) sowie Finanzdienstleistungen (5,7 Prozent).
Während die Unternehmen den freiwilligen Charakter des Paktes begrüßen und sich ihm auch deshalb gern anschließen, kritisieren zivilgesellschaftliche Organisationen gerade diese Freiwilligkeit. Sie fordern eine Überprüfung der CSR-Vorhaben der Unternehmen bzw. einen verbindlichen Ordnungsrahmen auf globaler Ebene, der auch Sanktionen nicht ausschließt. Einerseits sollen so die inaktiven von aktiven Mitgliedsunternehmen unterschieden werden, andererseits soll verhindert werden, dass die Vereinten Nationen für die Zwecke der Unternehmen vereinnahmt werden. Dies gilt insbesondere für die Unternehmen, die den UNGC zur Verbesserung ihres Images nutzen, sich gleichzeitig aber nicht an die Prinzipien des UNGC halten.
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Informationen zu den Multinationalen Unternehmen (MNU) erhalten Sie
Mit dem Beitritt zum Global Compact erklärt ein teilnehmendes Unternehmen bzw. eine teilnehmende Organisation ausdrücklich, die zehn Global Compact-Prinzipien innerhalb seines/ihres Einflussbereiches als Katalog von Grundwerten umzusetzen. Die zehn Prinzipien leiten sich aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, der Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit der Internationalen Arbeitsorganisationen (International Labour Organization – ILO) sowie den Grundsätzen der Erklärung von Rio zu Umwelt und Entwicklung ab:
Menschenrechte
Unternehmen sollen den Schutz der internationalen Menschenrechte unterstützen und achten und
sicherstellen, dass sie sich nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen.
Arbeitsnormen
Unternehmen sollen die Vereinigungsfreiheit und die wirksame Anerkennung des Rechts auf Kollektivverhandlungen wahren sowie für
die Beseitigung aller Formen von Zwangsarbeit,
die Abschaffung der Kinderarbeit und
die Beseitigung von Diskriminierung bei Anstellung und Erwerbstätigkeit eintreten.
Umwelt und Klima
Unternehmen sollen im Umgang mit Umweltproblemen dem Vorsorgeprinzip folgen,
Initiativen ergreifen, um größeres Umweltbewusstsein zu fördern und
die Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher Technologien beschleunigen.
Korruptionsprävention
Unternehmen sollen gegen alle Arten der Korruption eintreten, einschließlich Erpressung und Bestechung.
UN Global Compact
Zusammensetzung in absoluten Zahlen und in Prozent aller Mitglieder, Mai 2017
in abs. Zahlen | in Prozent | |
---|---|---|
insgesamt | 12.387 | 100,0 |
davon: | ||
aktiv1 | 10.548 | 85,2 |
passiv | 1.839 | 14,8 |
große Unternehmen | 4.299 | 34,7 |
aktiv1 | 3.846 | – |
passiv | 453 | – |
kleine und mittelgroße Unternehmen | 5.093 | 41,1 |
aktiv1 | 3.939 | – |
passiv | 1.154 | – |
andere | 2.995 | 24,2 |
aktiv1 | 2.763 | – |
davon: | ||
lokale Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) | 950 | 7,7 |
akademische Einrichtungen | 436 | 3,5 |
globale Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) | 399 | 3,2 |
lokale Wirtschaftsverbände | 388 | 3,1 |
Stiftungen | 274 | 2,2 |
Organisationen des öffentlichen Sektors | 144 | 1,2 |
Städte | 83 | 0,7 |
globale Wirtschaftsverbände | 73 | 0,6 |
lokale Gewerkschaften | 15 | 0,1 |
globale Gewerkschaften | 1 | 0,01 |
Quelle: UN Global Compact: www.unglobalcompact.org