Die Ziele der Welthandelsorganisation (WTO) sind – wie schon beim Vorläufer GATT – die Liberalisierung der Märkte, die Senkung von Zöllen und die Schaffung einer Welthandelsordnung. Anfang 2017 hatte die WTO 164 Mitglieder, auf die rund 98 Prozent des weltweiten Warenhandels entfallen. Auch wenn die Zölle insgesamt einen historischen Tiefstand erreicht haben, sind einzelne Handelsbereiche – wie z.B. der Agrarsektor – nach wie vor geschützt. Entsprechend haben die regelmäßig stattfindenden Ministerkonferenzen der WTO weiter die Liberalisierung der Märkte zum Ziel. Die Forderung verschiedener Gruppen, die Marktliberalisierung nicht über soziale und ökologische Interessen zu stellen, ist zum Teil in die Verhandlungen im Rahmen der sogenannten Doha-Runde (seit 2001) eingeflossen. Erste Vereinbarungen wurden in diesem Zusammenhang allerdings erst 2013/2015 geschlossen. Zudem bestehen die widersprechenden Vorstellungen der Mitgliedstaaten über das künftige Vorgehen in der WTO fort.
Fakten
Der Vorläufer der Welthandelsorganisation (WTO – World Trade Organization) war das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT – General Agreement on Tariffs and Trade). In insgesamt acht Verhandlungsrunden des GATT zwischen 1947 und 1994 wurden Regeln für den grenzüberschreitenden Handel festgelegt. Die Ziele dieser Verhandlungsrunden waren, wie heute bei der WTO, die Liberalisierung der Märkte, die Senkung von Zöllen und die Schaffung einer Welthandelsordnung.
Bei der letzten Verhandlungsrunde innerhalb des GATT, der sogenannten Uruguay-Runde von 1986 bis 1994, wurden die Vereinbarungen und Ziele neben dem Warenhandel auf die Bereiche Dienstleistungen (GATS) und geistiges Eigentum (TRIPS) ausgedehnt und die Gründung der WTO zum 1. Januar 1995 beschlossen. Heute ist das GATT eines der wichtigsten Abkommen innerhalb der WTO. Im Jahr 2015 wurden 98,3 Prozent des weltweiten Warenexports und 97,9 Prozent des Warenimports zwischen Staaten gehandelt, die Mitglied der WTO sind. 1948 lagen diese Anteile – bezogen auf das GATT – noch bei 63,4 bzw. 58,6 Prozent.
Sowohl die Zölle der ökonomisch entwickelten Staaten als auch die der ökonomisch sich entwickelnden Staaten haben insgesamt einen historischen Tiefstand erreicht: Nach Angaben der Weltbank sanken die tatsächlich erhobenen Zölle (handelsgewichtet und bezogen auf alle Produkte) kontinuierlich von 14,1 Prozent 1990 auf 4,6 Prozent 2015. Allerdings ist diese Entwicklung nicht unumkehrbar: Wenn wichtige Marktteilnehmer – wie aktuell die USA – über Protektionismus nachdenken, kann eine Neuverhandlung von bestehenden Verträgen auch zu steigenden Zöllen führen. Zudem führt die Reduzierung von Zöllen nicht in allen Fällen zu einer Marktliberalisierung, da zahlreiche Produkte von nicht-tarifären Handelshemmnissen betroffen sind. Zu den nicht-tarifären Handelshemmnissen gehören Produktstandards, Quotenregelungen, Marktzugangsgenehmigungen, Subventionen, Selbstbeschränkungsabkommen, Anti-Dumping-Verfahren und andere Zugangsregelungen.
Wie vorher schon das GATT verfügt auch die WTO über ein Schlichtungsverfahren bei Handelsstreitigkeiten. Bezogen auf die Stimmengewichtung sind in der WTO alle 164 Mitglieder (Stand: März 2017) gleichberechtigt, da in den zentralen Organen der WTO jedes Mitglied über eine Stimme verfügt. Allerdings haben die politisch und ökonomisch starken Staaten ihre Interessen oft auch ohne formale Privilegien durchsetzen können.
Die regelmäßig stattfindenden Ministerkonferenzen der WTO haben nach wie vor die Liberalisierung der Märkte zum Ziel. Spätestens seit der Ministerkonferenz in Seattle im Jahr 1999 ist die WTO jedoch mit Ansprüchen verschiedener sozialer Gruppen konfrontiert. Gewerkschaften, NGOs und gesellschaftspolitisch aktive Bürger protestierten öffentlich dafür, die Marktliberalisierung nicht über soziale und ökologische Interessen zu stellen. Gleichzeitig forderten die ökonomisch sich entwickelnden Staaten eine Öffnung der Märkte der ökonomisch entwickelten Staaten. Die Konferenz scheiterte inhaltlich unter anderem an der mangelnden Bereitschaft der ökonomisch entwickelten Staaten, ihre subventionierten Agrarmärkte und geschützten Textil- und Kleidungsmärkte zu öffnen.
Im Rahmen der sogenannten Doha-Runde, die nach der Ministerkonferenz der WTO in Doha/Katar 2001 begann, sollten die Zölle für Agrarprodukte massiv gesenkt werden, die Agrarsubventionen bis 2013 vollständig auslaufen und die ökonomisch am wenigsten entwickelten Staaten für 97 Prozent ihrer Produkte – mit schrittweiser Annäherung an 100 Prozent – bis 2008 einen weitgehend zoll- und quotenfreien Zugang zum Weltmarkt erhalten. Jedoch führte keine der folgenden Ministerkonferenzen in Cancún/Mexiko (2003), Hongkong (2005) und Genf/Schweiz (2009 und 2011) zu einer Einigung.
Auch bei den Ministerkonferenzen in Bali/Indonesien (2013) und Nairobi/Afrika (2015) wurde die Doha-Runde nicht zum Abschluss gebracht. Aber während die vorangehenden Konferenzen als gescheitert gelten, gibt es zu den Konferenzen in den Jahren 2013 und 2015 zumindest gegensätzliche Stimmen: Während beispielsweise das Entwicklungswerk der evangelischen Kirchen "Brot für die Welt" oder auch das Politiknetzwerk Attac in den Verhandlungen den Anfang vom Ende der Doha-Entwicklungsagenda der WTO sehen, bezeichnet die WTO die getroffenen Vereinbarungen als "historisch". Ein für die Stiftung Wissenschaft und Politik verfasster Aufsatz stellt zusammenfassend fest, dass "in Nairobi einige wichtige Beschlüsse gefasst wurden, doch ein Großteil der strittigen Fragen gar nicht auf der Agenda stand."
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Handelsgewichtete Zollbelastung: Um Verzerrungen zu vermeiden, wird bei der Bestimmung der Zollbelastung der jeweilige Anteil, den die einzelnen Waren am Handel haben, berücksichtigt. Waren, die selten gehandelt werden, fallen so weniger stark ins Gewicht. Waren, die in großen Mengen umgesetzt werden, werden entsprechend stärker gewichtet. Weitere Informationen erhalten Sie