Die E. sind Dachorganisationen, in denen sich nationale Parteien gleicher ideologischer Grundausrichtung zusammengeschlossen haben. Die praktische Arbeit der E. umfasst die Ausarbeitung von Europawahlprogrammen, Schwerpunktsetzungen für die Arbeit der Fraktionen im Europäischen Parlament (EP), Absprachen zwischen Parteiführern und Regierungschefs im Vorfeld der Sitzungen des Europäischen Rates. Die ersten europ. Parteigruppierungen waren die Europäische Union der Christlichen Demokraten (EUCD) im Jahre 1976 als Vorläufer der Europäischen Volkspartei (EVP) und der Bund der Sozialdemokratischen Parteien der EG als Vorläufer der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) im Jahre 1974. Diesen folgte 1976 die Föderation der Liberalen und Demokratischen Parteien der EG. 1984 gründeten auch die grün-alternativen Parteien der Beneluxstaaten, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands, Schwedens und der Schweiz die Europäische Koordination der Grünen Parteien. Im Vertrag von Maastricht (1993) einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU 1993 auf Initiative des EP darauf, im EG-Vertrag die Bedeutung der Parteien auf europ. Ebene deutlich zu betonen. Sie nahmen Art. 191 in das Vertragswerk auf, in dem Parteien als Integrationsfaktor bestätigt wurden, die dazu beitragen, »ein europäisches Bewusstsein herauszubilden und den politischen Willen der Bürger der Union zum Ausdruck zu bringen.« In gezielter Anlehnung an diesen »Parteienartikel« ging 1992 aus dem Bund der Sozialdemokratischen Parteien die SPE hervor. Die grün-alternativen Parteien wandelten ihr Netzwerk 1993 in die Europäische Föderation Grüner Parteien (EFGP) um. Ende 1993 bildete sich die Föderation der Liberalen Parteien in Europäische Liberale, Demokratische und Reform Partei (ELDR) um und dann 2012 in ALDE (Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa). 2004 folgte schließlich die Gründung der Partei der Europäischen Linken. Auf die Verabschiedung einer Verordnung über die »Satzung und Finanzierung Europäischer politischer Parteien« konnten sich das EP und der Ministerrat erst im November 2003 einigen. Entsprechend dieser Satzung erhält eine Partei oder ein Bündnis politischer Parteien dann den Status einer europ. Partei, wenn sie wenigstens in einem Viertel der Mitgliedstaaten über Europaabgeordnete oder Abgeordnete in den nationalen und regionalen Parlamenten oder in den Regionalversammlungen verfügt. Eine Europäische politische Partei wird zudem erst dann anerkannt, wenn sie bei den jeweils letzten Europawahlen in einem Viertel der Mitgliedstaaten mindestens 3 % der Stimmen erhalten hat. Zudem muss die Partei die Herkunft ihrer Finanzmittel ab einer Spendenhöhe von 500 € offen legen. Zur Einstufung einer Partei als »europäisch« im Sinne des Art. 191 EG-Vertrag sind gemäß der Satzung folgende Indikatoren maßgeblich:
• 1. befasst sich die betreffende Partei mit europ. Themen – eine proeurop. Haltung muss allerdings nicht nachgewiesen werden.
• 2. muss die Partei im EP eine Fraktion bilden, deren Bildung beabsichtigen oder die Beteiligung an einer Fraktion anstreben.
Die Führungsmitglieder der Partei müssen demokratisch gewählt werden, die Partei muss sich die im EU-Vertrag festgehaltenen Grundsätze der Demokratie, der Einhaltung der Grundrechte und der Achtung des Rechtsstaats zu eigen machen.
Literatur
S. Armbrecht: Politische Parteien im europäischen Verfassungsverbund, Baden-Baden 2008.
J. Mittag/J. Steuwer: Politische Parteien in der EU, Wien 2010.
M. Weigl: Europäische Parteien, in: W. Weidenfeld/W. Wessels (Hg.), Jahrbuch der Europäischen Integration 2019, Baden-Baden 2019, S. 165-170.
aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: A. Maurer
Siehe auch: