Die EEA [auch: »Vertrag von Luxemburg«] wurde am 28.2.1986 von 12 Mitgliedstaaten unterzeichnet und trat am 1.7.1987 in Kraft. Durch sie sollte bis zum 31.12.1992 der Binnenmarkt als »Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen dieses Vertrags gewährleistet ist«, schrittweise verwirklicht werden. Die EEA änderte die Funktionsweise und Entscheidungsverfahren der EU-Organe und dehnte die Zuständigkeiten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) auf die Bereiche Forschung und Entwicklung, Umwelt, Verkehr, Sozialpolitik, Arbeitsrechtspolitik und Gleichberechtigung aus. Zudem führte sie die »Europäische Politische Zusammenarbeit« (EPZ) zur gemeinsamen Außenpolitik ein. Hintergrund der EEA war der wachsende Reformdruck, der durch die ersten Erweiterungen der EWG (1973) entstanden war. Seit Beginn der 1970er-Jahre diskutierte man über die Effizienz im EWG-Institutionengefüge. Der sog. Tindemans-Bericht (1975) schlug eine Stärkung des Europäischen Rats als zentralem Entscheidungsgremium sowie die generelle Einführung von Mehrheitsbeschlüssen im Ministerrat vor. Der dt. und der ital. Außenminister, Hans-Dietrich Genscher und Emilio Colombo, vertieften diese Diskussion im Januar 1981, indem sie eine »Europäische Akte« vorschlugen, die eine Kompetenzausweitung des Europäischen Parlaments (EP) und die Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip im Ministerrat festschreiben sollte. Auch das EP unternahm im Februar 1984 einen weitreichenden Reformvorstoß mit seinem »Entwurf eines Vertrages zur Gründung der Europäischen Union«. Diese sog. Spinelli-Initiative sah erhebliche Kompetenzerweiterungen des EP vor, das gleichberechtigt als zweite Kammer neben dem Ministerrat an EWG-Gesetzen mitwirken sollte. Der Europäische Rat setzte daraufhin im Juni 1984 den sog. Dooge-Ausschuss ein. Dieser empfahl im Juni 1985, das Mitentscheidungsrecht für das EP und die qualifizierte Mehrheitsabstimmung für den Ministerrat einzuführen. Nach zähen Verhandlungen gingen die Vorschläge des Dooge-Ausschusses sowie die der Kommission zur Vollendung des Binnenmarkts in die EEA ein, weshalb sich die EWG-Staaten in der EEA darauf einigten, im Ministerrat die qualifizierte Mehrheitsentscheidung auf viele Bereiche auszuweiten und den Einstimmigkeitszwang bis auf wenige Ausnahmen abzuschaffen. Da hiermit die demokratische Kontrolle der Regierungen durch ihre Parlamente nicht mehr automatisch gegeben war, wurden im Gegenzug die Mitwirkungsrechte des EP gestärkt (Kooperationsverfahren für Bereiche, in denen der Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit beschließt). In der Sozialpolitik erhielt der Ministerrat die Möglichkeit, Mindestvorschriften zur Verbesserung der Arbeitsumwelt sowie zur Sicherheit und Gesundheit von Arbeitnehmern zu erlassen (mit qualifizierter Mehrheit). Um die Auswirkungen des Binnenmarktes auf die weniger entwickelten Mitgliedstaaten auszugleichen, führte die EEA eine gemeinsame Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts ein (finanziert vom »Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft« und dem »Europäische Fonds für Regionale Entwicklung«). Zur Verwirklichung der EPZ verpflichteten sich die Mitgliedstaaten in der EEA, in außenpolitischen Fragen, die für die Sicherheit der Mitgliedstaaten von Interesse sein können, sich gegenseitig zu konsultieren.
Literatur
R. Hrbek/Th. Läufer: Die Einheitliche Europäische Akte: das Luxemburger Reformpaket: Eine neue Etappe im Integrationsprozeß, in: Europa-Archiv, Bd. 41/1986, S. 173-184.
C. Parsons: Revisiting the Single European Act (and the Common Wisdom on Globalization), in: Comparative Political Studies, H. 6/2010, S. 706-734.
aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: A. Maurer
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