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Die DDR war ohne das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) nicht denkbar. Das MfS war, wie es sich selbst definiert hatte, "Schild und Schwert der Partei", der SED. Es war also kein "Staat im Staate", sondern von den Weisungen und Befehlen aus dem obersten Machtapparat der DDR, der Parteiführung, abhängig.
Gegründet im Februar 1950, legte es sich im Laufe der Jahre wie eine Krake über die Gesellschaft. Beschäftigte es am Anfang nur wenige Tausend Mitarbeiter und ebenso wenige Inoffizielle Mitarbeiter (IM), so verdingten sich am Ende der DDR über 90.000 Hauptamtliche und nochmals rund 110.000 Inoffizielle Mitarbeiter für das MfS. Die düsteren Utopien in Georges Orwells Klassiker "1984" schienen sich in der DDR zu bewahrheiten. Bis zum Mauerbau 1961 wurden echte und vermeintliche Gegner der DDR vom MfS mit brutalen Methoden und offenem Terror verfolgt und bestraft. Folter in den Untersuchungshaftanstalten war keine Ausnahmeerscheinung.
Nach dem Mauerbau verlegte sich das MfS bei der Verfolgung und Bekämpfung der Opposition immer mehr auf die leise Form des Terrors: die Zersetzung. Damit werden subtile, anonyme und für die Betroffenen undurchschaubare MfS-Aktivitäten umschrieben, die eine persönlichkeitsorientierte Gewalt darstellen. Die Zersetzungsmethoden waren vielfältig und perfide. Die Seele sollte zerbrochen werden. Maßgeblich an der Zersetzung waren IM beteiligt. Sie führten diese auftragsgemäß durch oder gaben Hinweise, wie die bespitzelte Person besonders empfindlich zu treffen sei.
Das MfS arbeitete flächendeckend und betrieb neben der Ausforschung und Unterdrückung der eigenen Bevölkerung auch die Auslandsspionage. Es verschlang alljährlich mehrere Milliarden Mark. Aus all diesen Gründen war das MfS in der Bevölkerung tief verhasst. Im Herbst 1989 forderten überall Demonstranten "Stasi in die Produktion". Am 4. Dezember 1989 kam es in Erfurt zur ersten Besetzung einer MfS-Bezirksverwaltung. Aus Bürgerrechtlern gebildete Bürgerkomitees übernahmen die Kontrolle der Auflösung des MfS, das seit 17. November 1989 "Amt für Nationale Sicherheit" hieß. Die MfS-Mitarbeiter hofften, unter neuem Namen mit alten Aufgaben in die Zukunft marschieren zu können. Sie und ihre früheren Auftraggeber propagierten eine "Stunde Null" und dass ein "Schlussstrich" gezogen werden müsse. Dagegen wehrten sich die Bürgerrechtler und auch dagegen, dass MfS-Angehörige "gewendet" einfach weitermachen könnten als sei nichts gewesen. Die Besetzungen von MfS-Schaltzentralen war daher ein ganz wichtiger Akt, der die Herbstrevolution auch wegen der Waffenarsenale im MfS unumkehrbar werden ließ. (Dr. Ilko-Sascha Kowalczuk)
Quelle: Dieser Beitrag ist Teil der DVD-Edition "Kontraste - Auf den Spuren einer Diktatur".
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Kamera: Axel Reinhard
Schnitt: Gisela Thiemann
Produktion: 02.01.1990
Spieldauer: 11 Min.
hrsg. von: Bundeszentrale für politische Bildung und RBB
Verfügbar bis: 31.12.2035
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