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Der am 15. November 1936 geborene Liedermacher Wolf Biermann hat eine wendungsreiche deutsch-deutsche Biografie. Sein Vater, ein Hamburger Werftarbeiter, wurde 1943 im KZ Auschwitz ermordet. Der 17-jährige Sohn siedelte 1953 nach Ost-Berlin über, studierte politische Ökonomie, Philosophie und Mathematik und wurde Regieassistent am Berliner Ensemble. 1960 lernte Biermann den Komponisten Hanns Eisler kennen. Von ihm beeinflusst begann er, zeitkritische Gedichte, Lieder und Balladen zu schreiben und gründete das (bald darauf wieder verbotene) Ost-Berliner Arbeiter- und Studententheater (b.a.t.). 1965 wurde vom „11. Plenum des Zentralkomitees der SED“ ein totales Auftritts- und Publikationsverbot über Biermann verhängt. Warum, beschrieb die Stasi in einem Dossier über Biermann 1971 so: „In den letzten Jahren schrieb BIERMANN fortgesetzt Gedichte und Lieder, die sich gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR, die sozialistische Staatsmacht, die führende Rolle der Partei der Arbeiterklasse und den proletarischen Internationalismus sowie gegen führende Repräsentanten unseres Staates richten.“ Seine Texte hätten „politisch-ideologisch zersetzenden Charakter“. 1976 beschloss die Führungsspitze der SED, Wolf Biermann auszubürgern. Als Vorwand diente ein Konzertauftritt Biermanns am 13. November 1976 in Köln bei einer Veranstaltung der IG Metall, der im Westfernsehen übertragen wurde (vgl. Kapitel 7). Stasi-Chef Erich Mielke hatte diese Zwangsmaßnahme bereits 1971 der DDR-Führung vorgeschlagen, als Biermann eine Einladung nach Göteborg erhielt. Seinem Ausreiseantrag sollte stattgegeben werden, „mit dem Ziel, BIERMANN nach erfolgter Ausreise die Staatsbürgerschaft der DDR abzuerkennen und seine Rückkehr in die DDR zu unterbinden“. Die nach diesem Rezept fünf Jahre später vollzogene Ausbürgerung gilt vielen Historikern als Anfang vom Ende der DDR. Hatte es nach dem Machtantritt Erich Honeckers 1971 noch Hoffnung auf eine gesellschaftliche Liberalisierung und mehr Meinungsfreiheit gegeben, wurden diese Hoffnungen durch solches Vorgehen wieder zerstört. Nachdem sich mehrere prominente Künstler in einer Erklärung gegen Biermanns Ausbürgerung wandten, reagierte der Staat brüsk. Unterzeichner wurden unter Druck gesetzt. Nicht wenige landesweit bekannte Intellektuelle verließen die DDR. Nach Öffnung der Stasi-Unterlagen-Behörde 1991 war Wolf Biermann einer der ersten Künstler, der dort seine Stasi-Akten einsehen konnte. Diese Öffnung verteidigte er vehement, insbesondere nachdem Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl juristisch gegen die Stasi-Unterlagenbehörde durchgesetzt hatte, dass auch Personen der Zeitgeschichte eine Zustimmung zu jedem Dokument geben müssen, das Wissenschaftler oder Journalisten aus deren Stasi-Akten einsehen wollen. Dies hat unter Mitarbeitern der Behörde zu starker Verunsicherung geführt, so dass häufig mehr Aktenteile als unbedingt nötig geschwärzt oder unkenntlich gemacht werden.
Die Dokumentation „FEINDBILDER“ zeigt in 12 Kapiteln umfangreiches Originalmaterial aus den Bild- und Videoarchiven der DDR-Staatssicherheit.
Mehr Informationen
Kamera: Markus Stockhaus, Holger Eckermann
Schnitt: Markus Stockhaus, Holger Eckermann
Didaktisches Material: Petra Anders
Produktion: 12.2006
Spieldauer: 51 Min.
hrsg. von: Bundeszentrale für politische Bildung
Verfügbar bis: 31.12.2026
Lizenzhinweise
© 2006 Bundeszentrale für politische Bildung