Inhalt
Eine altmodische Musikkneipe, ruhig blickt die Kamera auf Einrichtungsdetails: Singles hängen an der Wand, daneben Schwarz-Weiß- Fotos von Jazz- und Rock-Musikern. Ein Regal mit abgegriffenen Vinyl- Alben, ein Plattenspieler dreht sich, ein Ventilator rotiert. Ein Alt-Hippie, weißer Zopf und Lederweste, schläft an der langen Holztheke. Seine Hand macht sich selbstständig, scheint zuerst abzuwinken, schlägt dann im Takt der Musik auf und ab, nur vorsichtig zuerst. Doch langsam ergreift der Rhythmus weitere Gliedmaßen, der ganze Körper beginnt zu zucken, bis er schließlich umhergeworfen und im Takt der Musik durchgerüttelt wird. Der Slapstick dieser Sequenz birgt nicht nur einen feinen Humor, sondern führt auch zum grundsätzlichen Konflikt hin, der bereits in der Musik des Clips angelegt ist: Der Track des in Chicago beheimateten Electronica- Duos Telefon Tel Aviv ist die Remix-Version eines alten Stücks des Posaunisten und Jazz-Bandleaders Phil Ranelin. In den fein knisternden Klängen treffen sich das Analoge und das Digitale, Blechbläser und Computer, Hippie und Raver, Klang- und Datenraum. Regisseur Tim Bollinger, der den Clip ohne Auftrag im Rahmen seines Studiums drehte und mittlerweile als Motiondesigner tätig ist, entwirft dazu in warmen, erdigen Farben Bilder von der „guten alten Zeit“, in der Musik noch handgemacht wurde. Er setzt dieses Klischee in Kontrast zum vermeintlich kalten, maschinellen Klang der elektronischen Musik, für die Produzenten wie Telefon Tel Aviv stehen. Mit dem Tänzchen, das der Schlafende an der Theke aufführen muss, illustriert er wiederum die Macht, die die elektronische Musik auf die Körper ausübt. Doch am Schluss schläft der Protagonist wieder in aller Ruhe und unbehelligt. Der Angriff der Elektronik scheint vorerst abgewehrt.
Mehr Informationen
Musik: Telefon Tel Aviv
Produktion: 2007
Spieldauer: 4 Min.
hrsg. von: Bundeszentrale für politische Bildung, Goethe-Institut, Internationale Kurzfilmtage Oberhausen
Verfügbar bis: 31.12.2035
Lizenzhinweise
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