Inhalt
Opposition und Widerstand gehörten von Anfang an zur Realität in der DDR. Bis zum Mauerbau 1961 war der Widerstand überwiegend fundamental gegen das System gerichtet mit dem Ziel, die sofortige Wiedervereinigung zu erreichen. Nach dem Mauerbau mussten Oppositionelle und Systemkritiker neue Wege und Mittel finden.
Die vielschichtige Entwicklung erlebte ab Ende der 1970er Jahre eine neue Stufe, als sich parallel zur mächtigen Friedensbewegung im Westen in der DDR eine vom Staat unabhängige Friedensbewegung herausbildete. Sie forderte energische Abrüstungsmaßnahmen und zwar von den beiden Supermächten USA und Sowjetunion gleichermaßen. Da die SED sich selbst als Friedensapostel ansah, verfolgte sie jede "unabhängige Friedensbewegung" im eigenen Land so scharf, wie sie zugleich die westliche Friedensbewegung als vermeintlich antikapitalistische Bewegung unablässig lobte und förderte. Sie wusste, dass die unabhängige Friedensbewegung in der DDR nicht nur die Abwesenheit von Kriegen zwischen Staaten als Frieden definierte, sondern auch den Frieden im eigenen Land ansprach. Wer nicht Frieden mit der eigenen Bevölkerung hält, der könne auch nicht Frieden zwischen Staaten garantieren.
Als größte oppositionelle Massenbewegung nach dem Volksaufstand im Juni 1953 ging die Protestbewegung "Schwerter zu Pflugscharen" 1980/82 in die DDR-Geschichte ein. Diese Bewegung gegen Aufrüstung und Militarisierung und für Demokratisierung reichte weit über die Grenzen der Kirchen hinaus und fand ihr Symbol in einem Schmied, der ein Schwert in eine Pflugschar umschmiedete. Ironischerweise hatte die sowjetische Regierung eben dieses Symbol als Denkmal den Vereinten Nationen geschenkt, was in der DDR fast jeder wusste. Als aber dieses Symbol als Button der unabhängigen Friedensbewegung in der DDR verteilt wurde und von über 100.000 kritisch eingestellten Jugendlichen offen getragen wurde, ging die Parteiführung mit ihrem MfS drastisch dagegen vor und verbot dieses Friedenssymbol faktisch.
Nachdem die Friedensbewegung Mitte der 1980er Jahre, als die atomaren Mittelstreckenraketen in Ost und West trotz millionenfacher Proteste stationiert worden waren, ihren Zenit überschritten hatte, kam es zu einer raschen Ausdifferenzierung in der DDR. Viele Gruppen mit unterschiedlichen Interessen entstanden, darunter auch Gruppen wie die "Initiative Frieden und Menschenrechte". Die bewusst politischen und sich selbst als Opposition begreifenden Gruppen waren klein und auf Großstädte begrenzt. Ihre wichtigsten Ziele bestanden darin, die DDR zu demokratisieren, ein gesellschaftliches Gespräch in Gang zu setzen, die verknöcherten Strukturen aufzubrechen, der SED ihre Monopolstellung streitig zu machen, die Medien zu reformieren, Entscheidungsfindungsprozesse transparent zu gestalten, Reisefreiheit und andere Menschenrechte durchzusetzen und rechtsstaatliche Strukturen zu schaffen.
Spätestens ab Ende 1987 war die Existenz einer Oppositionsbewegung weder innerhalb noch außerhalb der DDR zu leugnen. Großangelegte Razzien des MfS gegen in Kirchen gelegene Einrichtungen der Opposition, öffentliche und medienwirksame Protestaktionen von Oppositionellen und Ausreisewilligen sowie Ausbürgerungen von prominenten Bürgerrechtlern und Bürgerrechtlerinnen führten ab November 1987 zu Solidarisierungsschüben mit der Opposition, die bis zum Herbst 1989 nicht mehr abrissen. Die Inkubationsphase, die zur Herausbildung der Bürgerbewegungen 1989 führte, hatte im November 1987 begonnen, als das MfS die Berliner Umwelt-Bibliothek besetzte, Material beschlagnahmte und Verhaftungen vornahm. (Dr. Ilko-Sascha Kowalczuk)
Quelle: Dieser Beitrag ist Teil der DVD-Edition "Kontraste - Auf den Spuren einer Diktatur".
Mehr Informationen
Kamera: Axel Svoboda, Lutz Möhring
Schnitt: Petra Schlüter
Produktion: 09.12.1987
Spieldauer: 11 Min.
hrsg. von: Bundeszentrale für politische Bildung und Rundfunk Berlin Brandenburg
Verfügbar bis: 31.12.2035
Lizenzhinweise
© 2005 Bundeszentrale für politische Bildung und RBB