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Drehscheibe on Tour - unterwegs in den USA | bpb.de

Drehscheibe on Tour - unterwegs in den USA Interview mit David Fritze, Redaktionsleiter Oklahoma Watch

von: Johanna Rüdiger

drehscheibe on Tour, diesmal in den USA. Wir sind einem Trend auf der Spur, der dort gerade die Zeitungslandschaft revolutioniert: investigative Rechercheorganisationen, die gemeinnützig arbeiten.

Inhalt

Drehscheibe on Tour, diesmal in den USA. Aber nicht in New York oder in Washington, sondern mitten in Oklahoma – den in der Kleinstadt Norman wird eines der spannendsten Journalismus-Projekte des Landes betrieben. Die Region im Südwesten der USA ist bekannt für ihre Cowboykultur und ihre Ölvorkommen – und nun auch für gemeinnützigen investigativen Journalismus.

Zu der drehscheibe-Serie "drehscheibe on Tour": http://www.drehscheibe.org/drehscheibe-on-tour-unterwegs-in-den-usa.html

Transkript

Johanna Rüdiger: „Oklahoma Watch“ heißt die Non-Profit-Organisation, die investigative Geschichten recherchiert und diese dann in den Lokalzeitungen der Region zu publiziert. Finanziert wird das Ganze durch Spenden.

Aufsager Johanna Rüdiger Redaktionsleiter David Fritze und sein Team arbeiten höchst erfolgreich seit vier Jahren hier auf dem Gelände der University of Oklahoma – sie haben in dieser Zeit bereits einige Skandale aufgedeckt.

Frage Johanna Johanna Rüdiger Herr Fritze, in Oklahoma gibt es fast 100 Lokalzeitungen – warum braucht es Sie da überhaupt noch? Antwort David Fritze, Redaktionsleiter Oklahoma Watch Oklahoma Watch existiert, weil es bei den Zeitungen so viele Einsparungen gibt, sowohl bei den ganz kleinen Lokalzeitungen als auch bei den regionalen, die im ganzen Bundesstaat erscheinen. Sie kämpfen mit denselben Problemen, mit denen sich die auch die überregionalen Zeitungen auseinandersetzen müssen. Oklahoma Watch hat einen Mission: Wir wollen Leser umfassend aufklären über die vielen komplexen Themen, die unseren Bundestaat betreffen. Denn Oklahoma hat sehr, sehr viele Probleme: Etwa die große Armut, die schlechte Gesundheitsversorgung und die unzureichenden Bildungsstandards, oder auch die vielen Drogensüchtigen - all diese Themen decken wir mit unseren Geschichten ab. Unser Ziel ist es, den Menschen zu erklären, was hier passiert, wir wollen, dass sie besser verstehen, wie hier Politik gemacht wird und wie das ihr Leben beeinflusst - besonders das Leben der Armen und der weniger Privilegierten.

Frage Johanna Rüdiger: Was waren die spektakulärsten Skandale, die Sie bisher aufgedeckt haben? Und wie? Antwort David Fritze: Wir haben im vergangenen Jahr über so viele verschiedene Themen berichtet und so viel investigativ recherchiert. Zum Beispiel haben wir gerade zusammen mit der größten Zeitung hier, mit dem "Oklahoman", eine Recherche zum Problem des Missbrauch von verschreibungspflichtige Medikamenten gemacht. Hunderte von Menschen sterben hier jedes Jahr durch eine Überdosis von Medikamenten wie Hydrocodon oder Oxycodon, wir haben die Geschichten von Menschen recherchiert, die gestorben sind, und wir haben aufgedeckt, welche Kliniken diese Medikamente verkaufen. Schmerzkliniken zum Beispiel, die hunderte an Rezepten schreiben, fast so, als seihen sie Supermärkte für Drogen – und das bei Betäubungsmitteln, die sehr schnell süchtig machen. Unsere Berichterstattung hat dazu geführt, dass es womöglich bald eine Gesetzesänderung gibt.

Frage Johanna Rüdiger : Und diese Geschichten bieten Sie dann Lokalzeitungen kostenfrei an – wie funktioniert diese Zusammenarbeit genau? Antwort David Fritze: Wir haben gute Beziehungen mit Zeitungen, TV-und Radiosendern. Es ist immer ein Balanceakt, aber ich glaube wirklich, dass die Redakteure sich freuen, wenn sie unseren Geschichten erhalten, einfach, weil die journalistische Qualität so hoch ist. Außerdem freuen sich die Verlage natürlich, dass sie unsere Inhalte kostenfrei drucken dürfen. Auf unserem Verteiler sind rund 100 Nachrichtenvermittler im ganzen Staat, ungefähr 65 von ihnen nutzen unsere Geschichten regelmäßig, einige drucken fast alles, was sie von uns bekommen. Die Fragen ist natürlich, warum wir das für umsonst machen. Nun, wir sind eine gemeinnützige Organisation, wir haben also eine Mission, die größer ist als einfach nur das Ziel, Geld zu verdienen. Außerdem braucht man unsere Arbeit, den gerade kleinere Zeitungen haben keine Zeit, so intensiv zu einzelnen Themen zu recherchieren. Außerdem sparen sich manchen Zeitungen auch immer öfter Nachrichtendienste wie etwa die Associated Press, eine Lücke, die wir ebenfalls füllen. Je regionaler unsere Geschichten sind, desto interessanter sind sie für die jeweilige Community. Wenn ich der Redaktion rechtzeitig Bescheid gebe, haben die Redakteure oft auch noch Zeit, eine Geschichte von uns zu regionalisieren oder sie können noch eine eigene Randspalte dazustellen.

Frage Johanna Rüdiger: Und Ihr Team besteht größtenteils aus Lokaljournalisten, ist das korrekt? Antwort Frize: Die meisten unserer Leute haben einen Hintergrund als traditionelle, lokale Nachrichtenreporter, und sie können ein Talent und Interesse für investigative Recherche vorweisen, das ist besonders wichtig, weil wir so tiefgründig recherchieren und berichten. Frage Johanna Rüdiger : In den USA gibt es rund 100 solcher investigativen Non-Profit Organisation wie Ihre – ist das die Zukunft des Lokaljournalismus, auch in Deutschland? Antwort Fritze: Zwar gibt es heute einen größeren Nachrichtenhunger als jemals zuvor, aber das Internet hat das Geschäftsmodell von Zeitungen komplett auf den Kopf gestellt. Ich persönlich glaube, dass es Printjournalismus noch länger geben wird, aber es wird mehr zu einem Premium-Produkt werden. (Zweiter Teil O-Ton): Ich denke, dass es auch weiterhin Non-Profit-Journalismus geben wird. Ich glaube, dass wird ein fester Bestandteil des Zukunftsmodells sein. Außerdem werden Kooperationen immer wichtiger werden. Für traditionelle Zeitungen wird es immer wichtiger, mit einer kleinen, investigativen Einheit zu kooperieren und zusammen Projekte zu erarbeiten, also die Dinge kontinuierlich zu tun. Und ich denke, dass ist eine gute Sache.

Text Johanna Rüdger Erste Schritte in diese Richtung gibt es bereits in Deutschland: Vor wenigen Monaten wurde in Berlin das gemeinnützige Recherche-Büro „Correctiv“ eröffnet. Wie bei den Kollegen hier in Oklahoma soll auch dort für die Gemeinschaft recherchiert werden.

Mehr Informationen

  • Kamera: Theresa Dickson

  • Schnitt: Karsten Brinkmann

  • Drehbuch: Johanna Rüdiger

  • Sprecher: Johanna Rüdiger, Karsten Brinkmann

  • Redaktion: Johanna Rüdiger

  • Musik: Raufeld Medien

  • Produktion: 29.12.2014

  • Spieldauer: 7 Min.

  • hrsg. von: Raufeld Medien

  • Verfügbar bis: 31.12.2035

Lizenzhinweise

Dieser Text und Medieninhalt sind unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Johanna Rüdiger für bpb.de

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