Es werden ganze Doktorarbeiten darüber verfasst, warum manche Menschen wählen gehen und andere nicht. Jacqueline Tomic ist Nicht-Wählerin. Aber vor allem ist sie zweifache Mutter und stolz darauf, inzwischen wieder trotz Hartz-4 zu arbeiten. Sechs Jahre ist es nun her, dass sich ihr Leben schlagartig verändert hat. Acht Wochen nach der Geburt ihres zweiten Sohnes Luca kam die Diagnose: Ihr Säugling hat einen Gehirntumor. Von da an war für Jacqueline Tomic und ihren Mann nicht mehr an arbeiten zu denken. Die Eltern tauschten den Arbeitsalltag in einer Anwaltskanzlei und bei der Deutschen Post gegen Krankenhausaufenthalte aus – immer abwechselnd einer von beiden Zuhause beim ersten Sohn Timo, der andere auf Station beim kleinen Luca. Es folgten nicht nur OPs und Chemotherapien, sondern auch Hartz-4. Luca ist inzwischen sechs Jahre alt und kämpft noch immer gegen den Krebs. Er ist stark und hat "Feuer im Hintern", beschreibt Frau Tomic ihren Sohn liebevoll.
Ist das unausweichliche "Reinrutschen" in Hartz-4 der Grund für die Überzeugung, nicht wählen zu gehen? So einfach ist es nicht. Es ist so lange her, dass Jacqueline Tomic mal in einer Wahlkabine stand, dass sie sich nicht mehr daran erinnern kann. Politik interessiert sie einfach nicht; sie stellt auf Durchzug, wenn ihr Mann anfängt davon zu reden. Wen sie wählen sollte, weiß sie nicht. Warum sie wählen sollte, ist ihr noch weniger klar: "Ich glaube nicht, dass irgendjemanden oben in der Politik interessiert, was in den kleinen Familien los ist", sagt sie. "Meine Stimme fehlt da nicht". Im Podcast "Wer hat die Wahl?" lauschen wir Jacqueline Tomics kölschem Singsang, ihrem sympathischen Lachen und der Wut in ihrer Stimme, wenn sie sagt: "An kranke Kinder denkt keiner". Wir lernen eine Frau kennen, die in ihrer schwierigen Situation auf ihre Familie, ihren Freundeskreis und gemeinnützige Organisationen setzt – und nicht auf die Politik.