Junge Erwachsene sind politikverdrossen und wollen keine Verantwortung übernehmen? Auf den 25-jährigen Uğur Can trifft das nicht zu. Kurz nach seiner Geburt 1995 in Pazarcik im Südosten der Türkei flüchtete die kurdisch-alevitische Familie nach Deutschland, suchte Asyl im freiheitlichen Europa. Kein Wunder, dass Ugur Can gerade auch deshalb freie, demokratische Wahlen so schätzt. Er wird 2021 zur Wahlurne gehen, weil er weiß, dass das Ergebnis nicht bereits feststeht. Vorher will er sich tiefergehender mit den Wahlprogrammen beschäftigen.
Uğur findet, dass man Politik nicht allein den Älteren überlassen darf. Als mündiger Bürger möchte er mitgestalten. Doch sein selbstbewusstes Grundinteresse, dieses "Ich bin betroffen und kann selbst etwas ändern" ist der Traum jeder politischen Nachwuchsorganisation. Ugur Can kann nicht alle jungen Erwachsenen repräsentieren. Doch er verkörpert das, was man bei vielen von ihnen vor der Bundestagswahl 2021 beobachten kann: Sie klagen den Status-Quo an, gehen auf die Straßen und fordern politische Größen heraus. Diese jungen Menschen werden bisher unterrepräsentierte Themen wie Klimaschutz und Antirassismus stärker auf die politische Agenda bringen. Falls die Parteien nicht reagieren, könnte ihnen ein erheblicher Anteil von Wählerinnen und Wählern wegbrechen.
Junge Menschen wie Ugur sind sich ihrer (demokratischen) Privilegien bewusst. Sie sehen sich verpflichtet, ihre Rechte für das Gemeinwohl zu nutzen und das Feld nicht den Radikalen zu überlassen. Auch deshalb wird Uğur wählen gehen.
Das Gespräch führte der Sozialaktivist Ali Can.
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