Piotr Grzebinski, 51, denkt und handelt politisch, geht etwa regelmäßig demonstrieren. Er hat auch eine Vorstellung davon, was politisch notwendig wäre, vor allem ein "radikales Umsteuern" unserer Gesellschaft im Verhältnis zur Natur, sonst sei wegen der Klimaerwärmung "2100 Schluss". Er selbst isst kaum noch Fleisch, kauft möglichst unverpackte Produkte und hält Glück durch Besitz für einen Trugschluss. Zuletzt gewählt hat er irgendwann in den 1990er-Jahren, genau weiß er es nicht. Fragt man ihn, warum er nicht mehr wählt, spricht er von seiner Enttäuschung über Politik. Das fängt bei der Sprache der Politiker an, ein "Kauderwelsch", das ihm oft jemand erklären müsse.
Dabei spricht Grzebinski längst gutes Deutsch. Er hat es auf den Berliner Straßen gelernt, von anderen Obdachlosen. Aus Polen kam er 1978 nach Deutschland, weil er als "überzeugter Pazifist" nicht schießen lernen wollte. Sein Vater, der in Deutschland lebte, nahm ihn nicht auf. So landete er auf der Straße. Drogen und Kriminalität prägten sein Leben damals. Dank seines Selbstbehauptungswillens schaffte er den Sprung von der Straße. Er heiratete, bekam zwei Kinder, schuftete hart auf Baustellen. Einmal im Jahr fährt er zu seiner Mutter nach Polen, sonst hat er noch nie Urlaub gemacht. Nach der Scheidung rutschte er wieder ab. Derzeit lebt er in einem Wohnheim und freut sich riesig, dass er eine Arbeit in der Schlesischen 27 gefunden hat, einem internationalen Jugend-Kunst- und Kulturhaus mit offenen Werkstätten im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.
Das Gespräch führte der Wirtschaftsjournalist und Autor Caspar Dohmen.
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