Frankreich 1960
Drama, Kriminalfilm
Kinostart: 1960 (BRD)
Verleih: Neue Visionen Filmverleih
Regie: Jean-Luc Godard
Drehbuch: Jean-Luc Godard nach einer Story von François Truffaut
Darsteller/innen: Jean-Paul Belmondo, Jean Seberg, Daniel Boulanger, Jean-Pierre Melville, Henri-Jacques Huet, Van Doude u. a.
Kamera: Raoul Coutard
Laufzeit: 87 Min
Sprachfassung: dt.F.
Format: 35mm, Schwarzweiß
Preise: Berliner Filmfestspiele 1960: Silberner Bär für die beste Regie; Prix Jean Vigo 1960
FSK: ab 16 J.
Altersempfehlung: ab 16 J.
Klassenstufen: ab 11. Klasse
Themen: Filmgeschichte, Filmsprache, Liebe, Kriminalität, Rollenbilder, Verrat
Unterrichtsfächer: Deutsch, Französisch, Kunst, Ethik
Der Kleinganove Michel gerät in einem gestohlenen Auto in eine Verkehrskontrolle und erschießt im Affekt einen Polizisten. In Paris untergetaucht, knüpft er weiter kriminelle Kontakte und pflegt seine Frauenbekanntschaften. Er ist vernarrt in Patricia, doch die junge Amerikanerin ist sich ihrer Liebe zu ihm nicht sicher. Michels Verführungskünste erscheinen ihr als angenehmes Spiel ohne ernsthaften Hintergrund. Als sie von dem Mord an dem Polizisten erfährt, verstärkt sich ihr Konflikt; schließlich verrät sie ihn an die Polizei. Auf der Flucht niedergeschossen, stirbt Michel vor Patricias Augen.
Jean-Luc Godards Außer Atem, eine Hommage an den amerikanischen Gangsterfilm des Film noir und zugleich dessen Kritik, gilt als frühes Meisterwerk der französischen Autorenfilmbewegung Nouvelle Vague, die zu Beginn der 1960er-Jahre nach neuen Erzählformen suchte. Einige Stilmittel in Godards Film – Verzicht auf künstliches Licht, Handkameraaufnahmen auf offener Straße, asynchrone Verknüpfungen von Ton und Bild und vor allem die berühmten Jump Cuts – galten damals als technische Tabubrüche. Die Mischung aus authentischen Mitteln und künstlerischen Verfremdungseffekten ist jedoch kein Selbstzweck, sondern kennzeichnet auch die Figuren: Jean-Paul Belmondos Michel, der die Gesten Humphrey Bogarts imitiert, ist verliebt in das Image des coolen Gangsters. Auf ähnliche Weise verkörpert Jean Seberg als Patricia das Bild der modernen jungen Frau, ohne sich dieser neuen Rolle vollständig gewiss zu sein. Godards Filmsprache, die elliptische Erzählweise und die Story verleihen dieser existentialistischen Selbstsuche eine ureigene Poesie, die bis heute fasziniert.
Auf die Ästhetik des modernen Spielfilms und vor allem des Videoclips hatten Godards Neuerungen unmittelbaren Einfluss. Damals Avantgarde, gehören sie heute zum Standard. Im Unterricht bietet sich daher Gelegenheit, den Bruch mit Genrekonventionen im historischen Kontext zu analysieren und nach aktuellen Beispielen zu fragen. In der Figurenanalyse sind viele Interpretationen möglich. Zwar sind die psychologischen Motive des ungleichen Paars durchaus erkennbar, sein Handeln folgt jedoch der poetischen Logik eines klassischen Autorenfilms. Wie ernst ist Michels Liebe zu Patricia? Warum verrät sie ihn? Was Generationen von Filmexperten/innen bis heute nicht restlos klären konnten, sollte auch unter Schülern/innen für lebhafte Diskussionen sorgen.
Informationen und Materialien:
Mehr zum Thema auf kinofenster.de:
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