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Reichsbürger, Mondlandung, Reptiloide, Flacherde | Wahre Welle | bpb.de

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Reichsbürger, Mondlandung, Reptiloide, Flacherde

Alex Rühle

/ 5 Minuten zu lesen

Reichsbürgerinnen und Reichsbürger glauben, Deutschland sei kein realer Staat. Andere Theorien ranken sich um die Mondlandung, Echsenmenschen oder eine angeblich flache Erde. Was hat es damit auf sich?

"Bielefeld Tag & Nacht": Die Soap auf wahrewelle (© Turbokultur/bpb)

Die Mär von der BRD GmbH wird vor allem von sogenannten Reichsbürgerinnen und Reichsbürgern verbreitet. Die sind überzeugt, dass die Bundesrepublik kein souveräner Staat sei, sondern eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung … weshalb wir alle auch gar keine Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sind, sondern Angestellte. Die zwei zentralen Argumente, die angeblich für diese Theorie sprechen: Der Personalausweis – der beweise ja schon im Namen, dass wir nur geknechtetes "Personal" seien und nicht Bürgerinnen und Bürger. Außerdem sei doch im Handelsregister beim Amtsgericht Frankfurt am Main eine Firma Bundesrepublik Deutschland - Finanzagentur GmbH unter der Registernummer HRB 51411 eingetragen. Das stimmt – aber dieses Finanzdienstleistungsunternehmen im Besitz der BRD kümmert sich halt um Dinge wie Kreditaufnahme mittels Schuldscheindarlehen oder Geldmarktgeschäfte zum Ausgleich des Kontos der Bundesrepublik Deutschland bei der Deutschen Bundesbank. Eine solche GmbH mit dem Staat Bundesrepublik Deutschland zu verwechseln ist schon sehr absurd. Und was das "Personal" im Personalausweis angeht, das leitet sich direkt aus dem lateinischen Adjektiv "personalis" ab, was man mit "persönlich" übersetzen kann, im Sinne von: bezogen auf eine einzelne, ganz bestimmte Person.

Die Vorstellung einer "BRD GmbH" führt dazu, dass Reichsbürgerinnen und Reichsbürger das Grundgesetz nicht anerkennen und alle staatlichen Organe der BRD für feindliche Marionetten der "eigentlichen Unterdrückungsmacht“ oder "der globalen Elite" halten. Solche Ausdrücke sind meist Indiz für den antisemitischen und/oder antiamerikanischen Hintergrund ihrer Ideologie. Schließlich kommt man, wenn man nach den angeblichen "Hintermännern" oder "Drahtziehern" dieser Macht fragt, fast immer bei den jüdischen Rothschilds oder "der Ostküste", einer Umschreibung für die Eliten der USA und einer angeblich dort ansässigen jüdisch/zionistischen Lobby heraus. Wir alle werden als willige Sklavinnen und Sklaven aus dem Hintergrund gesteuert. Die Ideologie der Reichsbürgerinnen und Reichsbürger ist deshalb so gefährlich, weil sich einige von ihnen in einem latenten Bürgerkriegsszenario wähnen und glauben, auf Repräsentantinnen und Repräsentanten der BRD schießen zu dürfen - so wie es am 19. Oktober 2016 der Reichsbürger in Georgensgmünd tat, als die Polizei seine Wohnung nach illegalen Waffen durchsuchen wollte. Ein Polizist starb damals. In der Wohnung des Reichsbürgers fand die Polizei, ähnlich wie bei anderen Reichsbürgerinnen und Reichsbürgern, ein riesiges Waffenarsenal.

Man sollte diese Reichsbürger-Theorie aufgrund der militanten Aggressivität vieler ihrer Mitglieder deutlich trennen von den anderen Verschwörungstheorien, auf die in diesem Video angespielt wird. Diesen ist, bei aller Unterschiedlichkeit der jeweiligen Kerntheorie, gemeinsam, dass uns von irgendwelchen mächtigen Zirkeln ein falsches Weltbild vorgegaukelt wird, um uns zu blindem Glauben und Gehorsam zu erziehen. Außerdem sind viele Vertreterinnen und Vertreter dieser Theorien glühende Wissenschaftsskeptikerinnen und-skeptiker, weshalb man ihnen oftmals nicht mal mit physikalischen Gesetzen wie der Schwerkraft oder mit NASA-Aufnahmen kommen kann.

Die Reptiloidenthorie klingt so seltsam, dass man hierzulande meist nur Kopfschütteln oder Gelächter erntet, wenn man davon erzählt. In den USA und Großbritannien ist sie aber ziemlich verbreitet, vielleicht weil sie vor allem der ehemalige Fußballprofi David Icke populär gemacht hat. Ihr zufolge sind vor Urzeiten Echsen aus einem anderen Sternensystem auf der Erde gelandet. Die Alien-Echsen tragen Menschenkostüme und regieren uns als sogenannte Formwandlerinnen und Formwandler. Angela Merkel und die Queen sind genauso "Echsen in Menschengestalt" wie der frühere Papst Benedikt XVI. oder Emmanuel Macron. Diese "verkleidete Elite" hält uns als Arbeitssklavinnen und Arbeitssklaven und arbeitet an der "Neuen Weltordnung". Das Eliten- und Machtzirkel-Geraune ist sehr oft von antisemitischen Klischees und Vorurteilen durchzogen.

Die Mondlandungs-Skeptiker glauben, dass bisher noch nie ein Mensch auf dem Mond gewesen ist. Die amerikanische Regierung habe in den sechziger und siebziger Jahren in einem Fernsehstudio die Landungen fingiert, um von innen- und außenpolitischen Problemen wie dem Vietnamkrieg abzulenken und einen Propagandasieg über die Sowjetunion im Wettlauf um den Weltraum zu erringen. Die Vertreter dieser Theorie vom Moon Hoax argumentieren etwa mit "Analysen" der Mondfotos und -filmen. Darauf seien beispielsweise keine Sterne zu sehen. Oder: Warum springen die Astronauten nicht höher auf den Filmen, wenn doch die Schwerkraft so viel schwächer ist auf der Erde? Nun, die Sterne sieht man nicht, weil aufgrund des schwachen Kontrastumfangs von Fotofilmen auf ein und demselben Foto immer nur Objekte zu sehen sind, deren Leuchtstärke nicht zu unterschiedlich ist. Die Sterne leuchten zu schwach, als dass sie mit weißen Raumanzügen oder grauweißem Gestein als Fotomotiv mithalten könnten. Und was die Anzüge angeht, die wogen zwischen 83 und 90 Kilogramm – gemessen an diesem Gewicht sind die Sprünge der Astronauten ziemlich beeindruckend. Kritikerinnen und Kritiker, die anführen, dass auf den Aufnahmen Wind weht, obwohl es dort gar keinen geben kann, ist entgegenzusetzen, dass das Befestigen der Flagge eine kurze Bewegung erzeugt - danach stoppt die Fahne, wie dem Video zu entnehmen ist. Und im Filmstudio hätte man wohl kaum absichtlich Wind erzeugt, um die Mondlandung falsch vorzutäuschen.

Die sogenannten Flatearther (zu deutsch etwa "Flacherdler") glauben, dass wir auf einer Art Schallplatte mit Loch in der Mitte leben. Das ist der Nordpol. Die Sonne, die nur 60 Kilometer Durchmesser hat und der Mond kreisen um diese Polmitte. Mondlandung, eh klar, hat es nie gegeben. Und runterfallen kann man von der flachen Erde nicht, weil ringsum eine Wand aus Eis steht – die Antarktis. Diese Wand wird von NASA-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern oder amerikanischen Geheimagentinnen überwacht, damit niemand drüberklettert und ins All fällt. Das Hauptargument für die flache Erde ist meist der Augenschein: So postete der NBA-Basketballstar Shaquille O'Neal: wenn er von Florida nach Kalifornien fahre, sehe er doch, dass "die Rede nunmal flach ist." Und Wasser, das an einem Ball runterfließe, tropfe runter – ergo müssten die Ozeanfluten sofort ins All abfließen, wenn die Erde rund wäre. Ein Erdinneres soll die Erde abstruser Weise - trotz ihrer Flachheit - laut manchen Anhängerinnen und Anhängern der Theorie auch haben. Dass die Erde rund ist, hat bereits Aristoteles herausgefunden. Es wurde seitdem von zahlreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bekräftigt. Die führenden Vertreterinnen und Vertreter der Hohlerde-Theorie hingegen sagen, dass die Erde sehr wohl eine Kugel sei, aber eben im Inneren so hohl und so groß, dass eine Sonne genauso reinpasse wie Adolf Hitler, ein Reich namens Agartha oder die Reptiloiden. Deren Weltverschwörung wäre übrigens 1997 fast aufgeflogen: Prinzessin Diana hatte damals Verschwörungstheoretikerinnen und -theoretikern zufolge gerade entdeckt, dass die gesamte englische Königsfamilie zu den Reptiloiden gehört. Deshalb dann auch der tödliche Unfall ...

Fussnoten

Alex Rühle ist Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung und Autor von „Ohne Netz – Mein halbes Jahr offline.“ (2010).