Bildungsföderalismus als Rahmenbedingung
Politische Bildung ist ein Unterrichtsfach an allgemeinbildenden Schulen und gehört in der gymnasialen Oberstufe zum gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeld. Auch in der Grundschule finden sich Aspekte im Fach Sachkunde wieder. Da die Benennung des Faches den Bundesländern freigestellt ist, unterscheidet sich die Fachbezeichnung je nach Bundesland und Schulform und führt so auch zu unterschiedlichen inhaltlichen Ausrichtungen des Faches (vgl. Massing 2007, 63). Wie zu den meisten Schulfächern ist auch die Ausbildung zur Politiklehrerin oder zum Politiklehrer in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich zweistufig organisiert. Auf die universitäre erste Phase folgt das Referendariat als zweite Phase der Ausbildung. Dabei unterliegt die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung im föderalen System Deutschlands der Hoheit der Länder. Entsprechend ist das Lehramtsstudium in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich ausgestaltet.
Verbindliche bundesweite Regelungen
Dennoch gibt es auch unter den Bedingungen des Bildungsföderalismus verbindliche bundesweite Regelungen, die Standards und inhaltliche Anforderungen an die Ausbildung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer stellen. Als ein Qualitätsmerkmal der Lehrerinnen- und Lehrerbildung hat die Kultusministerkonferenz (KMK) im Jahr 2008 einen Beschluss über "ländergemeinsame inhaltliche Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in der Lehrerbildung" erlassen. Dieser benennt auch für das Fach Sozialkunde/Politik/Wirtschaft ein eigenes fachspezifisches Kompetenzprofil für alle Bundesländer, das jedoch in seinen Fachinhalten durch Schwerpunktsetzungen der Länder und Hochschulen unterschiedlich ausgestaltet werden kann (vgl. KMK 2010, 44). Demnach sollen "Studienabsolventinnen und –absolventen über fachspezifische Kompetenzen in Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft sowie in den zugeordneten Fachdidaktiken" (ebd.) verfügen. Damit sind auch vier Schwerpunkte des Studieninhaltes angehender Lehrerinnen und Lehrer im Fach Politische Bildung umrissen. Des Weiteren sollen sich künftige Politiklehrkräfte in ihrem Studium mit "Grundlagen und Methoden" (ebd.) auseinandersetzen. Das bedeutet, dass Studierende aktuelle Diskurse in den Disziplinen des Faches kennen, sowie darüber hinaus beispielsweise über Kenntnisse und Fähigkeiten bei der "Entwicklung von Fragestellungen, Hypothesen- und Modellbildung" verfügen (ebd., S. 45). Für Absolventinnen und Absolventen des Faches Politische Bildung lässt sich somit folgendes Kompetenzprofil benennen:
Kompetenzprofil
Grundlagen und Methoden, fachwissenschaftliche Beiträge | Fachdidaktische Beiträge |
---|---|
verfügen über grundlegendes Wissen in den Disziplinen und sind mit deren Denkweise vertraut | verfügen über fachdidaktisches Orientierungswissen zur gesellschaftlichen Bildung und können diese analysieren und reflektieren |
können Konzepte, Theorien und Methoden erläutern, vergleichen, anwenden und beurteilen | können lernbedeutsame Probleme herausstellen |
können Probleme und Konfliktlagen beschreiben und analysieren | können exemplarisch, binnendifferenziert, schüler- und problemorientiert Unterricht aufbereiten |
haben Urteilskompetenz | haben erste Erfahrungen zur kompetenzorientierten Planung und Durchführung von Fachunterricht |
haben Methodenkompetenz und beherrschen Ansätze interdisziplinärer Arbeit | kennen Grundlagen der Leistungsdiagnose und -beurteilung |
Eigene Auflistung nach KMK (2010): S. 44.
Die erste Phase: Das Lehramtsstudium
Trotz der gemeinsamen verbindlichen inhaltlichen Anforderungen sieht das konkrete Studienangebot in den einzelnen Bundesländern doch ganz unterschiedlich aus. So kann beispielsweise für die allgemeinbildenden Fächer der Sekundarstufe II in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt noch ein grundständiges Lehramtsstudium mit dem Abschluss Erstes Staatsexamen studiert werden (vgl. KMK 2012). In Nordrhein-Westfalen und anderen Ländern hingegen wird das Lehramtsstudium mit Master abgeschlossen. In der dortigen gestuften Studienstruktur ist der Bachelor polyvalent, dies bedeutet, dass mehrere Berufswege möglich sind, und dass eine feste Einscheidung für ein Lehramtsstudium durch die Studierenden erst mit dem Master getroffen wird. Ferner gibt es bei den Praktika in der ersten Phase der Lehrerausbildung zum Teil große Unterschiede. Baden-Württemberg fordert neben einem zweiwöchigen Orientierungspraktikum noch ein 13-wöchiges Schulpraxissemester. Auch in verschiedenen anderen Bundesländern wird ein solches Praxissemesters für Lehramtsstudierende vermutlich eingeführt, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen. In Hessen wird von den Studierenden ein fünfwöchiges Praktikum vor Beginn des Studiums, ein achtwöchiges Betriebspraktikum, die schulpraktischen Studien I als fünfwöchiges Blockpraktikum und die schulpraktischen Studien II mit 100 Unterrichtsstunden als Blockpraktikum oder aber studienbegleitend gefordert.
Die zweite Phase: Das Referendariat
Diesem ersten Ausbildungsteil schließt sich dann das 16- bis 24-monatige Referendariat in den jeweiligen Bundesländern an, das die zweite Phase der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung markiert. Studienreferendare unterrichten dabei an einer Schule, die der Schulform des Lehramtsstudiums entspricht. Nebenbei erwerben die Referendarinnen und Referendare an Seminartagen im Studienseminar grundlegende Fähigkeiten und Fertigkeiten für praktisches Lehrerhandeln. Erst nach Absolvierung des Referendariates und dem erfolgreichen Abschluss der zweiten Staatsprüfung ist die Ausbildung zur Lehrkraft in der politischen Bildung abgeschlossen.