Nach 1945 wurde in der Bundesrepublik weitgehend darauf verzichtet, eine staatlich getragene und detailliert reglementierte außerschulische politische Bildung zu institutionalisieren. Dafür gab es mehrere Gründe: Da war zunächst die noch unmittelbar wirkende Erfahrung der nationalsozialistischen Diktatur, deren Akteure das politische und weltanschauliche Monopol verlangt und ausgeübt hatten. Nicht unerheblich wirkte die Erinnerung an die Weimarer Traditionen, denn in der Vorkriegszeit gab es schon eine breit aufgestellte Volks- bzw. Erwachsenenbildung, die in ihrer Trägerschaft die soziale und weltanschauliche Vielfalt der gesellschaftlichen Milieus, Verbände, Initiativen und politischen Richtungen widerspiegelte und in ihrer Arbeitsweise weitgehend selbstbestimmt war. Schließlich spielte auch die Politik der Alliierten, insbesondere der US-Amerikaner und Briten, eine gewisse Rolle, die bei aller Vorsicht doch eher auf das Prinzip einer Selbstorganisation aus der Gesellschaft setzte. So hat sich auch eine im Ländervergleich unterschiedlich dichte Institutionenvielfalt in der Bundesrepublik entwickelt, die man als zivilgesellschaftliches Netzwerk und Assoziation spezialisierter Bildungsöffentlichkeiten begreifen kann, in denen sich Menschen zwanglos über die Fragen einer gemeinsamen Zukunft, aber auch über die Interpretation der Vergangenheit verständigen und sich so zugleich politische Urteilskraft aneignen und zum weiteren öffentlichen Engagement befähigen können.
In der DDR hingegen beanspruchte die SED die umfassende Kontrolle politischer und weltanschaulicher Fragen und verhinderte somit weitgehend eine freie politische Bildung.
Die Verfassung der außerschulischen politischen Bildung war und ist von drei Freiheiten gekennzeichnet:
Der Freiheit der Trägerschaft: Gesellschaftliche Gruppen, Verbände und Initiativen gründen und tragen Einrichtungen der politischen Bildung.
Der Freiheit der Teilnahme: Teilnehmende kommen in der Regel aus eigenem Antrieb und nicht aus der Konsequenz eines irgendwie gesteuerten Verpflichtungsverhältnisses oder sonstigen Verwertungsbedürfnisses.
Die Freiheit der Lehre und des Lernarrangements: Es gibt keine verbindlichen Curricula oder Lehrpläne, sondern Themen und Formen sind Ergebnis eines zivilgesellschaftlichen Aushandlungsprozesses und professioneller Praxisreflexion.
Nach dem ersten Kongress zur politischen Bildung, der unter Federführung des Externer Link: Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten (AdB) und Beteiligung verschiedener anderer Verbände 1966 in Bonn durchgeführt wurde, gründeten die Veranstalter zur bundesweiten Vertretung ihrer verschiedenen Anliegen den Arbeitsausschuss politische Bildung, der sich 2002 in Externer Link: Bundesausschuss politische Bildung (BAP) umbenannte. Zur Wahrung der Interessen der politischen Jugendbildung wurde in den 1980er Jahren zusätzlich die Gemeinsame Initiative der Trägerverbände politischer Jugendbildung (Gemini) geschaffen.
Die beschriebene relative Autonomie und die zivilgesellschaftliche Verfassung der außerschulischen politischen Bildung sind allerdings gefährdet: einerseits werden durch spezielle Förderprogramme Angebote in politisch gewünschte Richtungen gesteuert und anderseits wird aktuell durch den Versuch der Einfügung in die berufs- und abschlussbezogene Logik des deutschen Qualifikationsrahmens und die Abverlangung von Kompetenznachweisen die Logik außerschulischer Bildung einseitig hin auf individuelle ökonomische Verwertungsinteressen orientiert. Die grundsätzlichen Leistungen für die demokratische politische Kultur und der eigensinnige Werkstattcharakter sowie die offener politischer Kommunikation inhärente Suchbewegung werden als Bestimmungskriterium politischer Jugend- und Erwachsenenbildung immer häufiger ignoriert.
Der Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten
Im Kreis der großen Verbände der Jugend- und Erwachsenenbildung kam der AdB erst verspätet an. Als lose zusammenhängender Arbeitskreis Jugendbildungsstätten hatte er bereits seit Mitte der 1950er Jahre gewirkt, aber erst im September 1959 konnte er sich eine Rechtsform geben (Anm. i). Das war die vom Bundesfamilienministerium verlangte Voraussetzung dafür, am Jugendreferentenprogramm des Kinder- und Jugendplans und seinen Förderwegen teilzunehmen. In den nächsten Jahren wuchs der Verband sehr schnell an Mitgliedern, so dass er sich 1961 umbenannte in Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten. Neben den Jugendhöfen und Jugendgruppenleiterschulen waren inzwischen Europäische Akademien, deutschlandpolitische Bildungswerke und Ost-West-Institute sowie weitere Heimvolkshochschulen in den Verband eingetreten. Lange Zeit war der Betrieb einer eigenen Bildungsstätte ein Merkmal für die Mitgliedschaft im AdB. Die andere Voraussetzung war der Arbeitsschwerpunkt auf der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung. So entwickelte sich der AdB zum wichtigsten Fachverband für die außerschulische politische Bildung, der zugleich politisch und weltanschaulich besonders plural strukturiert ist. Im Jahr 2000, dem Höhepunkt der Mitgliederentwicklung, hatte der AdB 120 Träger organisiert, wobei manche Träger mehrere Einrichtungen führen. Im Laufe der Jahre waren die parteinahen Stiftungen und andere den Parteien und ihren Unterorganisationen nahestehende Einrichtungen ebenso dazugekommen, wie die im Zuge der Neuen Sozialen Bewegungen in den 1970er und 1980er Jahren entstandenen Bildungshäuser und Bildungswerke. Die meisten Mitglieder finden sich in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, was sich durch die Historie und die besondere Fördersituation erklärt. Seit Anfang der 1990er Jahre, als man in den neuen Bundesländern vergeblich versuchte, mit vergleichbar wenig finanziellen Mitteln eine dem Westen entsprechende Infrastruktur der außerschulischen politischen Bildung aufzubauen, ist die Existenz einer eigenen Bildungsstätte nicht mehr Bedingung für die Aufnahme.
Die Einrichtungen und Träger des AdB sind ein Spiegelbild von Politik und Gesellschaft: Sie arbeiten mit sehr unterschiedlichen inhaltlichen Profilen und thematischen Schwerpunkten, sind mitunter auf besondere Milieus oder Generationen orientiert, wenden sich jeweils an ein anderes regionales oder überregionales Umfeld und bedienen oft auch bestimmte Zielgruppen. Zu nennen sind neben den Jugendbildungsstätten zum Beispiel europäisch und international operierende Einrichtungen, auf Geschichte, Sozialpolitik oder Umweltfragen spezialisierte Anbieter, Einrichtungen, die sich in besonderer Weise auch an Schwule und Lesben richten, erlebnispädagogisch ausgerichtete Kurzschulen und schließlich Einrichtungen, die alles durchführen, was mit Politik und Gesellschaft in Verbindung gebracht werden kann.
Es liegt auf der Hand, dass ein politisch wie pädagogisch so breit und vielfältig strukturierter Verband kein enges Grundverständnis außerschulischer politischer Bildung propagieren kann. In der Geschichte des AdB gab es immer wieder teilweise heftige Auseinandersetzungen über die Fragen eines politischen und pädagogischen Minimalkonsenses. Seit längerem besteht aber die Übereinkunft, dass weniger die kurzfristigen politischen Ziele und aktuellen Themen das Selbstverständnis politischer Bildung bestimmen sollten, als vielmehr die Aufgabe der prinzipiellen Stärkung der Demokratie und einer welt- und zukunftsoffenen politischen Kultur: "Die eigenständige Auseinandersetzung mit Fragen, Problemen und strukturellen Bedingungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, das Wissen um politische Zusammenhänge und gesellschaftliche Werte, die Zuversicht in Teilhabemöglichkeiten und die Motivation und Fähigkeit, diese Möglichkeiten zu nutzen, sind Grundvoraussetzungen für eine demokratische und gerechte Gesellschaft und für die Qualität der politischen Kultur. Einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung dieser demokratischen Kultur leistet die Politische Bildung. Sie stellt jene Fragen – nicht fertigen Antworten – in den Mittelpunkt, die für das friedliche Zusammenleben in einer Gesellschaft konstitutiv sind: die Frage nach der Verteilung der Macht und der Überwindung von Ungleichheit, nach der Freiheit des Einzelnen und den verbindenden Werten, nach dem gerechten Ausgleich der Interessen und den zukünftigen Entwicklungen der Gesellschaft. Politische Bildung zielt auf Kritikfähigkeit und Mündigkeit und ist Teil des Rechts auf Bildung eines/einer jeden Einzelnen in der Demokratie" (Anm. ii).
Der AdB versteht sich auch als Interessengemeinschaft, vor allem aber als Fachverband, der die Bildungsstätten vernetzen und die Professionalität der Bildungsarbeit stärken und weiterentwickeln will. Wichtig in diesem Zusammenhang sind die Kommissionen, in denen an den Problemen der Bildungspolitik sowie aktuellen politischen Themen und ihrer didaktisch-methodischen Umsetzung gearbeitet wird. Zurzeit gibt es fünf Kommissionen: jeweils für Erwachsenenbildung, Jugendbildung, Mädchen- und Frauenbildung, europäische und internationale Bildungsarbeit sowie Verwaltung und Finanzen. Darüber hinaus werden nicht nur Fachtagungen und Fortbildungen für pädagogisch Tätige, sondern auch für verschiedene andere Beschäftigtengruppen in den Bildungsstätten organisiert, zum Beispiel in den Bereichen Haustechnik und Hauswirtschaft.
Seit 1970 erscheint vierteljährlich die Zeitschrift "Außerschulische Bildung", die mehr als eine Verbandszeitschrift zu sein beansprucht. Sie möchte vielmehr als Fachorgan zwischen Theorie und Praxis vermitteln und die inhaltliche wie methodische Weiterentwicklung politischer Bildung nachhaltig unterstützen.
Zu den speziellen Schwerpunkten des AdB gehören die internationalen Kooperationen. Bereits seit den 1970er Jahren wurden intensive Kontakte nach Israel, Polen und Spanien gepflegt, in den vergangenen Jahren konnten vor allem fachliche Beziehungen nach Mittel- und Osteuropa sowie in die Mongolei ausgebaut werden. Der AdB hat wesentlich die Gründung des europäisches Netzwerks DARE betrieben, einem Zusammenschluss von zivilgesellschaftlichen Initiativen für Menschenrechts- und Demokratieerziehung, und hat zur Zeit die Geschäftsführung inne.
Schließlich fungiert die Geschäftsstelle zugleich auch als Zentralstelle, vor allem für die Vergabe von Kurs- und Personalmitteln im Rahmen des KJP, aber auch im Hinblick auf andere Förderprogramme. Hier hat der AdB den Vorteil, dass er Ideen und Ansätze einzelner Einrichtungen bündeln und zu einem überzeugenden Kooperationsprogramm fügen kann.