Forumtheaterprojekt zur Berufsvorbereitung an einer Förderschule
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Was kann ich tun, damit es mit der Ausbildungsstelle klappt? Was soll aus mir werden? Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse einer Förderschule entwickelten Forumtheater-Szenen zu dem Thema Konflikte im Berufsleben. Gemeinsam mit ihrem Publikum erarbeiten sie alternative Handlungsstrategien.
Das folgende Projekt wurde unter der theaterpädagogischen Leitung der Autorin mit Schülerinnen und Schülern der 9. Klassen einer Förderschule im Rahmen der Berufsorientierung durchgeführt. Die Schüler dieser Schule haben Lernschwächen oder sind emotional und sozial auffällig. Nur wenige von ihnen schaffen hier einen Hauptschulabschluss. Für alle ist es sehr schwer, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Das Projekt sollte den Jugendlichen helfen, ihre persönlichen Hindernisse auf dem Weg zum Ausbildungsplatz zu erkennen und Strategien zu entwickeln, wie sie mit diesen Hindernissen umgehen können. Über den Zeitraum von zehn Wochen erarbeitete eine Gruppe von 14 Schülern und Schülerinnen Forumtheater-Szenen, die den Klassenkameraden in mehreren Abschluss-Präsentationen zur Lösungs-Suche vorgestellt wurden.
Vorbereitende Phase
Die wöchentlichen Proben beginnen jeweils mit Spielen und Übungen, um die Konzentration und das Vertrauen innerhalb der Gruppe zu stärken. Im Verlauf des Projektes kommen zunehmend Ausdrucks- und Stimm-Übungen hinzu, um für den Auftritt vor Publikum vorbereitet zu sein. Zunächst beschäftigen sich die Jugendlichen mit ihren Berufs-Wünschen. Sie stellen jeweils ihre Traumberufe in Form von Statuen-Bildern dar. Anschließend positionieren sie sich zu ihren Traumberufen. Die Distanz zwischen dem Schüler und seinem Traumberuf wird zum Nährboden für die Forumtheaterszenen, die wir dann erarbeiten. Gemeinsam sammeln wir Hindernisse und Schwierigkeiten, die auf dem Weg zum jeweiligen Traumberuf liegen: Fehltritte während des Praktikums, verpatzte Prüfungen, Schwangerschaft, Drogen, Straffälligkeit.
Entwicklung der Forumszenen
In zwei Gruppen spielen die Schülerinnen und Schüler improvisierte Szenen zu den gesammelten Hindernissen. Die Szenen, die einerseits ausreichend Konfliktpotenzial beinhalten und andererseits nicht zu aussichtslos erscheinen, werden ausgewählt:
Celine macht ein Praktikum beim Friseur. Morgens kommt sie nicht rechtzeitig aus dem Haus, weil sie sich mit ihrem Freund streitet. Dieser ist in der Nacht zuvor betrunken zu ihr gekommen. Gestresst kommt sie zu spät zur Arbeit. Dort soll sie einer Kundin die Haare waschen, der man es nicht recht machen kann. Als der Chef sie beschuldigt, sie habe die Haarpflegemittel durcheinander gebracht, platzt ihr der Kragen. Sie beschwert sich lautstark. Die Kundin geht empört, der Chef ist stinksauer. Die zweite Szene handelt von einem Mädchen, das vor Beginn ihrer Ausbildung schwanger wird.
Die Gruppe, die jeweils spielt, bekommt von der Gruppe, die zuschaut, Feedback über das Gesehene. Dies gibt Anregungen, die Szene noch klarer zu gestalten. Nun muss den Schülerinnen und Schülern klar werden, wie der interaktive Teil einer Forumtheater-Aufführung funktioniert: Wir überprüfen, ob unsere Szenen auch "forumtheatergeeignet" sind. Sie dürfen noch nicht die Lösung zeigen, und das Ziel der Protagonisten muss deutlich werden.
Die Dialoge müssen nun geschrieben und die Szenen geprobt werden. Als der Ablauf der Szenen einigermaßen sicher sitzt, proben wir den interaktiven Teil: Das Forum: Eine Gruppe zeigt der anderen die Friseur-Szene. Die zuschauenden Schüler sagen, was die Protagonistin in der Situation tun sollte und probieren dies aus: Sie entschuldigen sich beim Chef für das Zu spät-Kommen, weisen aber auch darauf hin, dass Celine nicht die Pflegemittel durcheinander gebracht hat. Die Gegenspieler spielen spontan in ihren Rollen. Das machen sie sehr realistisch und souverän, so dass der Vorschlag wirklich erprobt wird. Die Jugendlichen verstehen auf Anhieb, wie das Forum funktioniert. Sie agieren intuitiv. Ich muss nicht viel erklären. Sie wissen nun, dass sie beim Forumtheater mehrmals spielen müssen und auf die Interventionen des Publikums spontan reagieren sollen. Es geht nicht darum "witzig" zu sein.
Forumtheater-Aufführung
Ich mache ein kleines Spiel mit dem Publikum zu Beginn, das die Atmosphäre auflockert und die Schülerinnen und Schüler miteinander in Kontakt bringt. Die Szenen funktionieren gut. Ein großer Erfolg für alle Schauspieler, die es schaffen, klar zu sprechen und mit jedem Schritt präsent zu sein.
Das interaktive Forum
Einige Schüler aus dem Publikum trauen sich Vorschläge zu äußern und auch auf der Bühne auszuprobieren. Die Zuschauer zeigen, wie sie sich dem Chef gegenüber verhalten würden, aber auch, wie sie mit dem Freund umgehen würden, der zu viel Alkohol trinkt. Das ganze wird von mir moderiert: Wer ist hier unzufrieden? Was will Celine? Was könnte sie anderes machen? Wie geht es Celine jetzt? Seid ihr jetzt zufrieden?
Die Lösungsvorschläge werden nicht bewertet, aber das Publikum beschreibt, was sich durch das neue Verhalten verändert hat. Als die zweite Szene gespielt wird, gibt es viele Unterstützungsvorschläge für die schwangere Schülerin, die ihre Ausbildungsstelle nicht antreten kann. Wer kann sich um das Kind kümmern? Es stellt sich heraus, dass die Schwiegermutter und die Mutter von dem jungen Paar nicht als vertrauenswürdig eingeschätzt werden. Dies entspricht dem Erfahrungshorizont vieler Jugendlicher. Am Ende bemüht sich ein Junge aus dem Publikum als Freund der Schwangeren, mit seinem Ausbildungschef zu reden, damit er günstigere Schichten bekommt, um sich auch um das Kind kümmern zu können.
Die Schauspieler sind nach der Veranstaltung glücklich und stolz. Sie bekommen großes Lob von allen Seiten. Sie finden, dass sie viel gelernt haben: Selbstbewusstsein, miteinander zu arbeiten, laut und deutlich sprechen, gelassen bleiben.
Fazit
Alle Schüler haben eine Menge Möglichkeiten gesehen und selbst ausprobiert, wie sie mit den gezeigten Situationen umgehen könnten. Sie haben diese in einem – für diese Schülergruppe – großen Forum – diskutiert. Sie haben gesehen, dass es nicht nur einen Weg gibt. Sie waren eineinhalb Stunden lang konzentriert, haben das Geschehen verfolgt und mitgestaltet. Dies fällt ihnen im normalen Unterricht sehr schwer. Woran liegt es, dass das Forumtheater ihr Engagement wecken konnte? Sie konnten ihre eigene Sprache benutzen. Es waren ihre Geschichten und ihre Fragen die sie hier gemeinsam beantwortet haben. So konnten sie sich ernsthaft einbringen, gleichzeitig hat es auch Spaß gemacht. Die Lösungen und der Fokus ihrer Antworten war nicht immer der, den wir Pädagogen gesetzt hätten, umso interessanter war die Veranstaltung auch für uns!
Friderike Wilckens- von Hein ist Regisseurin, Theaterpädagogin (BuT) und Moderatorin. Sie ist freiberufliche Theaterpädagogin und Initiatorin und künstlerische Leiterin des Forumtheaters inszene. Sie leitet Multiplikatorenfortbildungen zur Vorbereitung für den zivilen Friedensdienst sowie Lehrerfortbildungen.
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