Boom der Projektförderung – professionelles Antragsmanagement
Seit einigen Jahren erlebt die Projektförderung einen Boom. Angesichts knapper öffentlicher Kassen wird die institutionelle Förderung im kulturellen Bereich, ebenso wie für die politische Bildung, immer seltener. Öffentliche Förderer, aber auch private Stiftungen, setzen auf Projekte, da der finanzielle, zeitliche und personelle Rahmen für sie dadurch besser planbar wird. Das Risiko für den Förderer ist überschaubar. Es werden konkrete Ergebnisse angestrebt, ohne dass langfristige Verpflichtungen eingegangen werden. Umgekehrt eröffnet diese Entwicklung Möglichkeiten für neue nicht-staatliche Organisationen und die Chance "Vielfalt und Angebote von unten zu fördern", wie Ernst-Reinhard Beck, der Vorsitzende des Kuratoriums der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb auf einer Tagung der Konrad Adenauer Stiftung betonte.
Dennoch wird die antragsbasierte Projektförderung von den Trägern der politischen und kulturellen Bildung häufig als großes Problem beklagt. Birgit Marzinska stellt hierzu fest: "Immer wieder schwierig finden wir, dass gerne Modellprojekte usw. gefördert werden, es aber für Vereine und kleinere Träger sehr schwierig ist, kontinuierlich unterstützt zu werden. In der Projektarbeit geht sehr viel Zeit für die Mittelbeschaffung und später für die Abrechnung verloren."
Von der Idee zum Konzept
Für die zivilgesellschaftlichen Akteure im Bereich der Bildungsarbeit – egal ob etabliert oder neu im Geschäft – ist es daher besonders wichtig, ein professionelles Antragsmanagement aufzubauen. Hierzu gehört neben professionellem Projektmanagement eine systematische Beobachtung und Auswertung der bestehenden antragsbasierten Fördermittel. Je professioneller die Einrichtung hier aufgestellt ist, desto effektiver wird die Mittelbeschaffung ausfallen. Es gilt, Standards und Routinen zu entwickeln, die den beklagten Zeitaufwand erheblich reduzieren können. Gerade für Projekte der politischen und kulturellen Bildung hat sich ein "bottom up" basiertes Vorgehen bewährt.
Bei der Projektplanung sollte zunächst auf der Basis einer Ideenskizze ein fördermittelunabhängiges Konzept entwickelt werden. Die bestehende Idee sollte möglichst nicht ausschließlich aufgrund neuer Förderressourcen – also nach dem "top down"-Prinzip – entwickelt werden. Bei der Konzeptentwicklung kann auf zahlreiche bewährte Checklisten zurückgegriffen werden, die in die meisten der gängigen Förderanträge übertragen werden können.
Ein solches Verfahren stellt die eigene Idee und Expertise in den Mittelpunkt und entwickelt von Anfang an ein Verfahren, mit dem die unterschiedlichsten Förderanträge bearbeitet werden können. Nach Fertigstellung des Konzepts folgt die systematische Suche der passenden Förderressource. Der Antragsteller sollte das für das eigene Anliegen passende Förderprogramm möglichst genau identifizieren. Die Erfolgschancen steigen exponentiell, wenn das Anliegen des zu fördernden Projekts exakt auf die in den meisten Fällen klar formulierten Förderkriterien passt und der potentielle Förderer nicht erst von den Vorstellungen des Antragsstellers überzeugt werden muss. Dies gilt umso mehr bei Förderprogrammen, die inzwischen häufig ausgeschrieben werden und besonders klare Vorgaben machen. Das gezielte Vorgehen und die genaue Beobachtung von Förderressourcen führen hier oft zu dem gewünschten Ziel.
In sämtlichen Bereichen der Bildungs- und Kulturförderung in Deutschland dominieren nach wie vor öffentliche antragsbasierte Fördermittel. Diese Fördermittel können wie folgt kategorisiet werden: Unterschieden werden soll zwischen multilateralen Mitteln (z.B. Mittel der EU, des Europarates), bilateralen Mitteln (z.B. des deutsch-tschechischen Zukunftsfonds oder des Deutsch-Polnischen Jugendwerkes), nationalen Mitteln (z.B. der Bundeszentrale für politischen Bildung, den Landeszentralen für politische Bildung oder der politischen Stiftungen, dem BMFSFJ, der Kulturstiftung des Bundes), Landes-, Kommunal- oder regionalen Mitteln sowie Fördermitteln von privaten Stiftungen (z.B. der Robert Bosch Stiftung, der Stiftung Mercator oder der Körber-Stiftung). Im Idealfall lassen sich diese Fördermittel ergänzen und zu einem "Fördermix" kombinieren.
Money for nothing? Fundraising für die politische und kulturelle Bildung
Neben dem professionellen Antragsmanagement ist es für immer mehr Bildungseinrichtungen unerlässlich, ein professionelles Fundraising aufzubauen. Wenngleich die Spendenbereitschaft für Anliegen der politischen und kulturellen Bildung nach wie vor deutlich geringer ist als beispielsweise im karitativen Bereich, haben eine Reihe von Trägern der politischen und kulturellen Bildung in den letzten Jahren beachtliche Erfolge im Fundraising erzielt. Hierbei gilt es einige zentrale Aspekte zu beachten.
Das Anliegen mit Konzept kommunizieren
"Beim Fundraising geht es um die Erstellung einer Kommunikationsstrategie für die Beschaffung von Finanzmitteln, und zwar vor allen Dingen für Mittel, die nicht nach klaren Förderkriterien vergeben werden und nicht regelmäßig fließen." Diese Definition von Marita Haibach grenzt das Fundraising zum einen von den antragsbasierten Fördermitteln ab, zum anderen macht sie deutlich, dass es beim Fundraising um mehr geht, als nur um das einmalige "Betteln". Professionelles Fundraising basiert auf einem für die Organisation entwickelten Fundraising-Konzept
Fundraising ist sicher nicht der schnellste, aber angesichts der immer knapper werdenden öffentlichen Mittel ein wichtiger Weg zur nachhaltigen finanziellen Sicherung von Projekten der politischen und kulturellen Bildung. Der große Vorteil bei den auf diese Weise eingeworbenen Mitteln: Sie können relativ flexibel eingesetzt werden und stärken nicht zuletzt die (finanzielle) Unabhängigkeit der Organisationen.
Im Rahmen des Konzeptes können dann verschiedene "Fundraising-Aktionen" geplant und durchgeführt werden
Denn es ist ja ein Kernanliegen der politischen und kulturellen Bildung, die Bereitschaft zur Partizipation zu stärken. Dies kann durch Fundraising-Aktivitäten geschehen, die stets auch Teil des Marketings der eigenen Organisation sind. Es ist davon auszugehen, dass viele Teilnehmende, insbesondere der Angebote der politischen Erwachsenenbildung, sich dieser wichtigen Rolle durchaus bewusst sind und zur individuellen Unterstützung dieses Anliegens durch eine Spende bereit sind. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist es für das Fundraising im Bereich der politischen und kulturellen Bildung existentiell, sich an den Grundregeln des Fundraisings zu orientieren: Ehrlichkeit, Respekt/ Würde, Integrität, Empathie, Transparenz. Bei der kulturellen Bildung im Speziellen sind die Kernanliegen die Stärkung der Persönlichkeit, des Selbstwertgefühls, der Kreativität und der Handlungskompetenzen der Teilnehmenden sowie des Miteinanders und der gesellschaftlichen Integration. Interesse an Kunst, ihren Formen und Inhalten und somit an gesellschaftlichen Zusammenhängen soll geweckt werden und die Teilhabe der – meist jungen – Menschen am sozialen Leben gefördert werden. Zielgruppe der kulturellen Bildung sind vor allem – aber nicht nur – Kinder und Jugendliche. Diese verfügen zwar selbst über keine finanziellen Mittel, um Bildungsmaßnahmen zu unterstützen, diese Zielgruppe als Leistungsempfängerinnen und -empfänger ist jedoch ein Faktor, der sich bei vielen potenziellen Spenderinnen und Spendern positiv auf die Unterstützungsbereitschaft auswirken kann. Mit einer Spende investiert man in die Zukunft der Gesellschaft. Nicht zuletzt aus diesem Grund gehört die Kinder- und Jugendhilfe seit Jahren zu dem Bereich, für den Deutsche am häufigsten spenden.
Ebenso zeigt sich bei der Verteilung der Spenden in Deutschland, dass der Bereich der kulturellen Bildung durchaus von der generell größeren Bereitschaft der Spenderinnen und Spender profitieren könnte, Geld für Kultur und Denkmalpflege zu geben.
Das Anreizaustauschelement: Demokratie und Zukunft der Gesellschaft
"If you think, selling a product is difficult, try getting someone to give you money for nothing": Diese Aussage von Ken Burnett verdeutlicht, dass es sich beim Fundraising um keinen typischen marktwirtschaftlichen Austauschprozess handelt ("Ware gegen Geld"), sondern dass stets der ideelle Wert der Gegenleistung betont werden muss ("Mit Ihrem Beitrag stärken Sie die Demokratie in Deutschland", bzw. "Mit Ihrem Beitrag stärken Sie das Selbstbewusstsein der Kinder und ihre Möglichkeiten zur Teilhabe an der Gesellschaft"). Dieser ideelle Gegenwert, der im Fundraising für die politische und kulturelle Bildung oftmals nichts weniger ist als die Stärkung der Demokratie oder des gesellschaftlichen Zusammenhalts bzw. des Selbstwertgefühls zahlreicher junger Menschen mit den einhergehenden positiven Auswirkungen auf das Zusammenleben, muss den potentiellen Spenderinnen und Spendern stets und immer wieder vor Augen geführt werden. Das häufig diskutierte Problem der politischen und kulturellen Bildung, ihre Ergebnisse seien nur schwer mess- oder überprüfbar, kann hier nicht als Ausrede gelten, denn auch karitative Aktivitäten oder Kampagnen für eine saubere Umwelt beispielsweise sind schwer messbar und schon gar nicht auf das Engagement einer einzelnen Institution zurück zu führen. Entscheidend ist vielmehr, dass die potentiellen Spenderinnen und Spender auf die Kompetenz der Organisation vertrauen. Dieses Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Organisation ist deren größtes Kapital, und es gilt dieses immer wieder zu pflegen und entsprechend an die Spenderzielgruppe zu kommunizieren.
Ganz praktisch lässt sich die Unterstützung der Spenderin oder des Spenders durch sogenannte Anreizaustauschelemente dokumentieren (z.B. Möbelpatenschaften in Studienhäusern, kleine symbolische Gegenleistungen etc.) die sich einerseits an das gängige Konsumverhalten anlehnen ("mit der Bezahlung ist mein Beitrag geleistet") und zugleich die Spende konkret sichtbar machen (z.B. kleines eingraviertes Namensschild auf der Rücklehne eines Tagungshaus-Stuhls). Eine der erfolgreichsten Fundraising-Aktionen der letzten Jahre ist der Wiederaufbau der Frauenkirche, die Stein für Stein an ihre Spenderinnen und Spender "verkauft" wurde und durch die Beiträge vieler entstehen konnte.
People give to People
Eine weitere zentrale Grundregel des Fundraisings ist, dass Menschen für Menschen spenden, nicht für Organisationen ("People give to people"). Persönliche Bitten sind am erfolgreichsten. Viele Anbieter von Seminaren oder Betreiber von Studienhäusern, insbesondere im Bereich der Erwachsenenbildung, aber auch in der Jugendbildung, haben hier enorme Potentiale, beispielsweise durch eine langfristig aufgebaute Alumniarbeit, die die Teilnehmenden über Jahre an die Institution bindet. Diese sind ja gerade in den Veranstaltungen der politischen und kulturellen Bildung für die Wichtigkeit der Partizipation an kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Prozessen sensibilisiert worden. Dabei ist es oft kein großer Schritt, die Frage der Finanzierung der eigenen Arbeit offen anzusprechen.
Fundraising als Beitrag zur Stärkung der Zivilgesellschaft
Im Wesentlichen geht es für viele Organisationen darum, ihre grundsätzliche Haltung zum Thema Fundraising zu überdenken. Man ist nicht Bettlerin oder Bittsteller, Fundraising ist nicht nur Bürde, sondern zugleich auch eine Chance für die Stärkung der eigenen Organisation durch die Emanzipation von Fördergeldern Dritter.
Marita Haibach betont die Chancen, die im Fundraising liegen, wenn sie wie bei ihrem Vortrag auf dem 3. Fundraising-Tag der politischen Bildung in Köln im Juni 2009, feststellt: "Das systematische und kontinuierliche Fundraising leistet einen bedeutenden Beitrag für den Aufbau und Fortbestand der Zivilgesellschaft."
Joan Flanagan geht noch weiter, wenn er behauptet: "Fundraiser sind die Helden, in Amerika und auf der ganzen Welt, weil wir, ohne uns dafür zu entschuldigen, Menschen herausfordern, mehr zu spenden und mehr zu riskieren. Wir finanzieren Organisationen, die Leben retten und Veränderungen in der Gesellschaft bewirken." Wie auch immer man zum Pathos dieser Worte steht, sicher ist, dass ein aktives Fundraising einen zentralen Beitrag zur Finanzierung der politischen und kulturellen Bildung leisten kann und damit zum Erhalt der zahlreichen Angebote der Bildungsarbeit beiträgt. So kann dieses Instrument die Demokratie festigen und eine unabhängige Zivilgesellschaft stärken, die auf selbstbewussten Persönlichkeiten aufbaut.