Damit Kultur Schule macht, statt sie mit kurzlebig angelegten Projekten und Events zu bedienen, braucht die Zusammenarbeit der schulischen und außerschulischen Partner eine tragfähige Grundlage, die einiges zu stemmen vermag: Unterschiedliche Konzepte und Leitziele, durch Unkenntnis verursachte divergente Vorstellungen und unrealistische Erwartungen, mangelnde Zeitfenster für Absprachen, Ressourcenknappheit und fehlende politische Unterstützung sind nur Beispiele von Hürden, die kooperationswillige Partner vor umfassende Herausforderungen stellen.
Um derartige Hürden zu meistern und den Weg für eine konstruktive Kooperation zu ebnen, entwickelte die BKJ das "Qualitätsmanagementinstrument für Kooperationen Kultur macht Schule" (QMI). QMI unterstützt die Kooperationspartner in ihrem Bemühen, die spezifischen Bildungswerte der kulturellen Bildung unter schulischen Rahmenbedingungen aufrechtzuerhalten. Jugendkulturarbeit kann ihrem Anspruch, neue Lehr- und Lernkulturen in der Schule zu etablieren, nur Genüge tragen, wenn sie (Gelingens-)bedingungen vorfindet, unter denen sie ihre Bildungswirkungen voll entfalten kann. Diese Gelingensbedingungen liegen dem Qualitätsmanagementinstrument zugrunde. Sie orientieren sich an den im Netzwerk "Kultur macht Schule" gemeinsam mit Trägern erarbeiteten "Elf Qualitätsbereichen für Kooperationen" sowie an den Ergebnissen der Evaluation von Praxisprojekten. QMI enthält allgemeine jugendpädagogische, spezifische kulturpädagogische sowie managementspezifische (organisatorische) Kriterien, die als maßgeblich für die Qualität von Kooperationen eingeschätzt werden.
Das Instrument soll sowohl diejenigen unterstützen, die sich in der Planungsphase einer Kooperation befinden als auch kooperationserfahrene Träger und Personen, die ihre Arbeit optimieren wollen. Die auszufüllenden Fragebögen dienen den Partnern als Grundlage für ihre Planung und Kommunikation und sind als Anregung eines gemeinsamen Prozesses zu verstehen. Sie bieten Raum für Erweiterungen und eigene Ergänzungen und können im Ganzen wie in Teilen angewendet werden. In diesem Sinne fungieren die Qualitätsbereiche als Messlatte, sollten jedoch keinenfalls als statisch und "endgültig gesetzt" aufgefasst werden. So heißt es unter den "Hinweisen für Benutzerinnen und Benutzern: "Das Qualitätsmanagementinstrument formuliert zwar eine 'Messlatte' und Meilensteine, die nach den Erfahrungen aus der bisherigen Praxis auf dem Weg zu einer gelungenen Ganztagskooperation im Sinne einer qualitätsvollen kulturellen Kinder- und Jugendbildung nicht aus dem Auge verloren werden sollten. Die Kriterien benennen dabei jedoch ein 'offenes Optimum', d.h., dass sie als Gesamtheit alle zentralen Gelingensbedingungen zusammenfassen, die bisher in der Diskussion eine Rolle spielen. Die konkrete Umsetzung und Gewichtung der einzelnen Fragen liegt bei denjenigen, die das Instrument einsetzen."
Das Qualitätsmanagementinstrument für Kooperationen (QMI) stellt den Kooperationspartnern für ihren Planungs- und Entwicklungsprozess verschiedene Qualitätsbereiche zur Verfügung, die im Folgenden verkürzt dargestellt werden
1. Qualitätsbereiche der Arbeitsorganisation – Organisatorische Bedingungen, Infrastruktur, Ressourcen
Kulturelle Angebote bringen neue Lern- und Lebenswelten in die Schule. Um diese nachhaltig im System Schule zu etablieren, brauchen Kooperationen einen Organisationsrahmen, der Sicherheit und Stabilität bietet. Finden die Angebote der kulturellen Bildung unzulängliche Verankerung in den Schulen, bleiben sie in ihrer Bildungswirkung eingeschränkt. Angemessene Rahmenbedingungen sind der Nährboden für gelingende Kooperationen, die über das zeitlich begrenzte Angebot hinaus neue Lernkulturen in Schulen entwickeln.
Diese Kategorie der Qualitätsbereiche fasst strukturelle Grundlagen für die Zusammenarbeit zwischen Kultur und Schule zusammen. Einige der hier vorzufindenden Qualitätsbereiche sind nicht direkt von den Akteuren vor Ort beeinflussbar: Rechtliche Rahmenbedingungen und finanzielle Ressourcen beispielsweise sind in den Richtlinien und Gesetzgebungen der Länder und Kommunen festgeschrieben. Qualitätsbereiche, die auf der Makroebene gesteuert werden, bedürfen politischer Unterstützung. Das QMI dient somit auch als Anstoß und Grundlage für die Aufstellung politischer Forderungen!
Qualitätsbereiche
Rechts- und Planungsrahmen: Kooperationen brauchen einen Rechtsrahmen, der die Umsetzung der inhaltlichen Zielstellung absichert. Eine angemessene rechtliche Absicherung zählt zu den materiellen Voraussetzungen für eine qualitätsvolle pädagogische Arbeit. Ziel ist es, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der Qualitätsvorstellungen, finanzielle Ausstattung, arbeitsrechtliche Bestimmungen, Weisungsrechte und organisatorische und sachliche Bedingungen der Kooperationen sicherstellt.
Steuerung/Management: Kooperationen brauchen eine systematische und zielführende Steuerung in Form von Planung, Koordination und Kommunikation. Dazu bedarf es einer Abstimmung, Planung und Kontrolle des Gesamtkonzepts, der Einzelaufgaben sowie eine angemessene Kommunikation aller Beteiligten.
Finanzen: Kooperationen brauchen Ressourcen, welche die Finanzierung von Personal, Managementleistungen, Sachkosten sowie Qualitätssicherungs- und -entwicklungsmaßnahmen gewährleisten.
Personal: Kooperationen brauchen personelle Bedingungen und Ressourcen, die die Umsetzung der inhaltlichen Zielstellung ermöglichen. Ziel ist es, die personelle Ausstattung den inhaltlichen und pädagogischen Belangen in Hinblick auf Qualifikation und Umfang anzupassen.
Räume: Kooperationen brauchen eine räumliche Infrastruktur und sachliche Ressourcen, die die Umsetzung der inhaltlichen Zielstellung ermöglichen. Die Nutzung der Räume und des Gesamtgebäudes sowie die Wege zu außerschulischen Lernorten sollten den jeweiligen Zwecken und Zielen der Kulturangebote angemessen sein.
Zeit: Kooperationen brauchen zeitliche Bedingungen, die den Bedürfnissen der Beteiligten, den inhaltlichen und pädagogischen Zielstellungen, der Gesamtorganisation der Schule und dem Kooperationsprozess (Management, Qualitätssicherung, Kommunikation) angepasst sind.
Material: Kooperationen brauchen angemessene sachliche Ressourcen wie zum Beispiel geeignete Arbeitsmaterialien, Technik und Transportmöglichkeiten.
2. Qualitätsbereiche der pädagogischen Arbeit – Konzeptionelle und fachliche Bedingungen
Ob Tanztheater oder Trommelworkshop: Kulturelle Bildung orientiert sich an jugendpädagogischen Prinzipien wie Selbsttätigkeit, Partizipation, Selbstbestimmung, Eigenverantwortlichkeit und Freiwilligkeit. Gleichzeitig verfügt sie über eine breite Palette ästhetischer Formate, Methoden und Inhalte . Diese spezifische Fachlichkeit macht die Qualität ihrer Arbeit aus. Schulen bringen in ihrer Tradition andere Strukturen und Leitprinzipien mit, sie unterliegen föderal gesteuerten Richtlinien und Lehrplänen. Um die vielfältigen Wirkungen der kulturellen Bildung im schulischen Kontext aufrecht erhalten zu können, bedarf es geeigneter fachlicher und konzeptioneller Grundlagen, die die Besonderheiten aller Beteiligten berücksichtigen.
Qualitätsbereiche
Konzeptionelle Grundlagen: Kooperationen brauchen ein von allen Bildungspartnern entwickeltes und getragenes inhaltliches Konzept, das organisatorische und inhaltlich-pädagogische Ziele benennt.
Jugendpädagogische Parameter: Kooperationen brauchen ein weites Bildungsverständnis sowie die Berücksichtigung von Prinzipien der außerschulischen Jugendarbeit wie zum Beispiel Freiwilligkeit der Teilnahme, Teilnehmerorientierung, Partizipation und Selbsttätigkeit sowie individuelle und ressourcenorientierte Förderung.
Kulturelle Bildung: Kooperationen brauchen die Berücksichtigung von Parametern, Intentionen und Zielen der kulturellen Bildung, sie orientieren sich an den unterschiedlichen ästhetischen und künstlerischen Inhalten, Themen, Formaten und Methoden der einzelnen Kunstsparten.
Fachliche Zusammenarbeit: Kooperationen brauchen eine abgestimmte fachliche Zusammenarbeit, um die gemeinsame organisatorische und inhaltlich-pädagogische Zielstellung zu erreichen. Das Gesamtkonzept und die inhaltlich-pädaogischen Zielstellungen werden von den Partnern gemeinsam entwickelt und umgesetzt, die Mitarbeiter/innen sind als abgestimmt handelndes Team erkennbar.
3. Qualitätsbereich Entwicklung – Konzeptionelle, fachliche und organisatorische Bedingungen
Wenn Kultur Schule macht, werden Veränderungsprozesse auf beiden Seiten in Gang gesetzt. Den Lernort Schule umzugestalten, gilt dabei immer häufiger als offizieller Auftrag. Gleichzeitig jedoch müssen sich auch die Träger der kulturellen Bildung mit den Rückwirkungen der Kooperationen auf ihre eigene Einrichtungen, auf ihr professionelles Selbstverständnis und auf ihre Inhalte und Methoden auseinandersetzen. An dieser Stelle gilt es, Veränderungsprozesse konstruktiv zu reflektieren und zielgerichtet zu steuern.
Lautet das Ziel der beteiligten Bildungspartner "kulturelle Schulentwicklung", so lässt dieser Qualitätsbereich Raum, um ein abgestimmtes Gesamtmodell für dieses Vorhaben zu konzipieren. Das Konzept bedarf einer kommunalen, träger- und schulübergreifenden Abstimmung und sollte die spezifischen Strukturen der außerschulischen Träger sowie der Schule berücksichtigen. Vor allem sollte es, einmal begonnen und in Gang gesetzt, einer regelmäßigen kritischen Prüfung in Hinblick auf Eignung und Akzeptanz der konzeptionellen und organisatorischen Grundlagen unterzogen werden.
Qualitätsbereich
Partnerschaftliche Veränderungsprozesse: Kooperationen brauchen ein fachliches Gesamtmodell, das die Qualitäten der einzelnen Bildungsbereiche erhält und verträglich und zukunftsweisend miteinander verbindet. Das Gesamtmodell muss so beschaffen sein, dass es Veränderungsprozesse auf beiden Seiten partnerschaftlich und gesamtverträglich steuert.
Das Qualitätsmanagementinstrument für Kooperationen hat zum Ziel, dass alle an Kulturkooperationen beteiligten Akteure sich gemeinsam in einen langfristig angelegten Qualitätsentwicklungsprozess begeben. Von Fragen der Raumausstattung über tragfähige Kommunikationsstrukturen bis hin zu grundlegenden pädagogischen Prinzipien werden unterschiedlichste Facetten der Bildungspartnerschaften reflektiert. Qualitätsentwicklung fördert den Dialog der Partner – unverzichtbare Voraussetzung für die Gestaltung "neuer Lernkulturen in der Schule"!