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Akteure der kulturellen Bildung | Kulturelle Bildung | bpb.de

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Akteure der kulturellen Bildung

Wolfgang Schneider

/ 8 Minuten zu lesen

Kulturelle Bildung hat viele Akteure. Dazu zählen die zahlreichen Kulturverbände und ihre freien Träger, die Institutionen der Kultur und Weiterbildung, Politik auf verschiedenen Ebenen. Und natürlich die Menschen, die teilhaben: Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Künstler/innen.

Theaterprobe. (Peter Voerman) Lizenz: cc by-nc-sa/2.0/de

Einleitung


Kulturelle Bildung hat zum Ziel, Menschen durch die Auseinandersetzung mit künstlerischen Ausdrucksformen an den Umgang mit Kunst und Kultur heranzuführen, ihr Verständnis für künstlerische und kulturelle Phänomene zu fördern sowie künstlerische Techniken zu vermitteln. Das kommt nicht von ungefähr, das ist integraler Bestandteil der Kulturlandschaft in Deutschland, die sich durch kultur- und bildungspolitisches Engagement entwickelt. Dieses Engagement initiieren und betreiben die staatliche und kommunale Politik in den Parlamenten, Regierungen und Verwaltungen, aber auch die freien Träger der Kulturvereine, -verbände und -netzwerke sowie die privaten und öffentlichen Kulturbetriebe und die Institutionen der Aus-, Fort- und Weiterbildung.

Bundespolitische Akteure


Kulturelle Bildung wird zunehmend ein relevanter Politikbereich, der sich auch in den Strukturen der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik abbilden lässt. In den Bundesministerien für Bildung und Forschung sowie für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gibt es jeweils ein Referat für "Kulturelle Bildung" und seit kurzem auch beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt. Letzterer hat 2009 sogar einen Preis für "Kulturelle Bildung" ausgeschrieben und verliehen. Die bildungspolitischen Aufgaben des Bundes beziehen sich vor allem auf Projekte und Programme zur wissenschaftlichen Begleitung von kultureller Bildung und auf zahlreiche Wettbewerbe, wie zum Beispiel das "Treffen Junge Musik-Szene", das "Theatertreffen der Jugend" oder das "Treffen Junger Autoren", welche die Preisträger zu Festivals mit Arbeitsgruppen in Berlin zusammenführen. Die jugendpolitischen Aktivitäten des Bundes im Kinder- und Jugendplan unterstützen die Träger der kulturellen Bildung in allen Kunstsparten und ermöglichen Weiterbildungsprojekte, Wettbewerbe und Austauschprogramme, wie etwa das "Deutsche Kinder- und Jugendtheater-Treffen" (alle zwei Jahre in Berlin), den "Deutschen Jugendliteraturpreis" (jährlich im Rahmen der Frankfurter Buchmesse) oder den "Kompetenznachweis Kultur".

Der Deutsche Bundestag hat durch die Einsetzung einer Enquête-Kommission einen Bericht zur "Kultur in Deutschland" in Auftrag gegeben, der 2007 auch mit einer Bestandsaufnahme und zahlreichen Handlungsempfehlungen zur kulturellen Bildung veröffentlicht wurde: "Die Enquête-Kommission empfiehlt Bund, Ländern und Kommunen, in die Kulturelle Bildung zu investieren; insbesondere in der Früherziehung, in der Schule, aber auch in den außerschulischen Angeboten für Kinder und Jugendliche sollte Kulturelle Bildung gestärkt und schwerpunktmäßig gefördert werden. Kulturelle Bildung ist unverzichtbarer, integraler Bestandteil von Bildung wie von Kultur und eine Querschnittsaufgabe verschiedener Politikfelder." (Kultur in Deutschland, S. 546)

Kulturelle Bildung ist in der Bundespolitik auch im Auswärtigen Amt identifizierbar, schwerpunktmäßig in der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, die zu einem großen Teil von sogenannten Mittlerorganisationen wie z.B. dem Goethe-Institut in fast allen Ländern der Welt zur Vermittlung eines Deutschlandbildes und der deutschen Sprache sowie zum interkulturellen Dialog und zur künstlerischen Zusammenarbeit betrieben wird.

Landespolitische Akteure

Auch in den einzelnen Bundesländern finden sich mittlerweile nicht nur in der Schulpolitik Praxisfelder der kulturellen Bildung, sondern auch in außerschulischen Politikbereichen. Klassische Fächer sind hier der Musikunterricht und die Kunsterziehung; in einigen Ländern und nur für einzelne Schulformen und -stufen existieren zudem Kurse in darstellendem Spiel. Einen Lernbereich "Kulturelle Bildung", wie er etwa in den Niederlanden oder in Norwegen praktiziert wird, gibt es an deutschen Schulen noch nicht. Einige Bildungsministerien der Länder setzen aber auf eine sinnvolle Kooperation mit den öffentlichen Kultureinrichtungen wie Museen, Theatern und Bibliotheken. Ein solches Zusammenarbeiten wird mit Verträgen vereinbart und ermöglicht die Verzahnung von schulischer und außerschulischer kultureller Bildung. Insbesondere Musik- und Jugendkunstschulen haben hierzu Modelle entwickelt, die ein gemeinsames Curriculum vor allem im Ganztagsangebot garantieren.

Kulturstiftung der Länder bzw. des Bundes


Bundes- und länderpolitisch übergreifend arbeiten die Kulturstiftung der Länder und die Kulturstiftung des Bundes auch im Bereich der kulturellen Bildung. Letztere setzt vor allem auf die Kunst der Vermittlung, zum Beispiel mit dem "Netzwerk Neue Musik", welches die zeitgenössische Musik einem größeren Publikum näher bringen möchte, oder das Großprojekt zur musikalischen Bildung "Jedem Kind ein Instrument", das mit mehreren Millionen Euro als Beitrag zur europäischen Kulturhauptstadt Ruhr 2010 allen Grundschülern der Region das Erlernen eines Musikinstruments ermöglichen will.

Die Kulturstiftung der Länder hat sich nicht nur das Sichern und Bewahren, sondern auch die Vermittlung von Kunst und Kultur zur Aufgabe gemacht. 2003 startete sie die Bildungsinitiative "Kinder zum Olymp", mit der die "kulturelle Bildung besser im Alltag von Schulen oder auch Kindergärten sowie im Bewusstsein der Öffentlichkeit" verankert werden soll. Mit Publikationen (z.B. "Kinder zum Olymp! Wege zur Kultur für Kinder und Jugendliche", Köln 2004), Kongressen (zuletzt München 2009: "Konkret. Kooperationen für Kulturelle Bildung") und dem Wettbewerb "Schulen kooperieren mit Kultur" regt die Kulturstiftung neue Initiativen an und baut Netzwerke auf.

Länder und Kommunen arbeiten zudem an Konzeptionen für die kulturelle Bildung, um die inhaltlichen und organisatorischen Voraussetzungen für eine Stärkung dieses Praxisfeldes zu schaffen. Die Bundeshauptstadt hat ebenso wie der Stadtstaat Hamburg oder die bayerische Landeshauptstadt einen Prozess eingeleitet, der die besondere Entwicklung von kultureller Bildung als politische Querschnittsaufgabe fördern soll. Im Rahmenkonzept für Berlin von 2008 ist zu lesen: "Ziel kultureller Bildung ist es daher, Kinder und Jugendliche zu befähigen, am kulturellen Leben der Gesellschaft aktiv und selbstverantwortlich teilnehmen zu können. Dazu gehören das Vertrautwerden mit der Kunst als Sprache, die Sensibilisierung auf Kunst hin ebenso wie das Verständnis für den Eigenwert von Kunst, die sich jeglicher Verzweckung verweigert, die Freisetzung schöpferischer Kräfte und Phantasien durch die Ausbildung künstlerisch-ästhetischer Ausdrucksformen. Ein ganzheitliches Verständnis kultureller Bildung begreift den Menschen daher immer im Zusammenspiel seiner kognitiven, sinnlichen, emotionalen und ästhetischen Aneignungsweisen und zielt darauf, diese individuell zu fördern und auszuprägen."

Kulturelle Bildung wird zwar von Politikern der Länder, der Kreise und Kommunen gerne gefordert, Anspruch und Wirklichkeit klaffen aber noch immer auseinander. Einzelne Programme und Projekte, wie der nordrhein-westfälische Wettbewerb für städtische Konzepte zur kulturellen Bildung oder Positionspapiere aus Ministerien und Kulturausschüssen, von Städtetag und Kommunalverbänden täuschen nicht darüber hinweg, dass die Querschnittsaufgabe zwar erkannt, aber weder parlamentarisch noch verwaltungsintern, geschweige denn haushälterisch mit entsprechenden Etats umgesetzt wird.

Deutscher Kulturrat

Diese Umsetzung fordern vor allem die freien Träger ebenso wie die Institutionen der kulturellen Bildung. Der Deutsche Kulturrat als Dachverband aller kultur- und medienpolitischen Organisationen plädiert für eine Reform der Kultur- und Bildungspolitik, deren zentrales Anliegen es sein müsse, kulturelle Bildung zu fördern. In der "Konzeption Kulturelle Bildung III" [2005 im Auftrag des Bundesbildungsministeriums erstellt] werden die Forderungen zusammengefasst, die Rahmenbedingungen aufgelistet, die Infrastruktur analysiert sowie Aspekte wie Arbeitsmarkt und Qualifizierung untersucht. Die grundlegendste Aussage machte der Kulturrat in einem Aufruf zur kulturellen Daseinsvorsorge von 2004. Dort wird auch definiert, welche Kulturpolitik kulturelle Bildung in der Gesellschaft konstituieren sollte: "Daseinsvorsorge im Bereich der Kultur meint ein flächendeckendes Kulturangebot in den verschiedenen künstlerischen Sparten, das zu erschwinglichen Preisen, mit niedrigen Zugangsschwellen breiten Teilen der Bevölkerung kontinuierlich und verlässlich zur Verfügung steht."

Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung


Wichtiger Akteur innerhalb der kulturpolitischen Verbände ist die BKJ, die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung, ebenfalls ein Dachverband von mehr als 50 bundesweit agierenden Fachverbänden, Institutionen und Landesvereinigungen. Vertreten sind die Bereiche Musik, Spiel, Theater, Tanz, Rhythmik, bildnerisches Gestalten, Literatur, Fotografie, Film und Video, neue Medien und kulturpädagogische Fortbildung, darunter z.B. der Verband der Musikschulen, der Bundesverband der Jugendkunstschulen und das Kinder- und Jugendtheaterzentrum in der Bundesrepublik Deutschland. Die BKJ nimmt die jugend- und kulturpolitische Interessenvertretung auf Bundesebene sowie auf europäischer Ebene wahr, pflegt den Informationsaustausch der Mitgliedsverbände, entwickelt Modelle und Perspektiven der Kinder- und Jugendkulturarbeit, veranstaltet Fachtagungen und veröffentlicht Publikationen, zum Beispiel in der Schriftenreihe "Kulturelle Bildung" (München).

In ihrem Tätigkeitsbericht für 2008 bekundet die BKJ das besondere Interesse, in Qualität zu investieren: "Man muss über die Förderung notwendiger Voraussetzungen nachdenken – beispielsweise über Ausbildungsqualitäten und Kompetenzen von Fachkräften, in der künstlerischen Arbeit Selbstwertgefühle zu stärken oder über die Kompetenzen von Eltern, Kreativität und Kulturelle Bildung zu fördern. Man muss über Rahmenbedingungen nachdenken, die vorhandenen Strukturqualitäten sollten die Chancen der Persönlichkeitsbildung mit und durch Kunst nicht beeinträchtigen." Darüber hinaus müssten Bedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung entsprechend der unterschiedlichen Handlungsfelder aufgestellt werden: "in nationalen und internationalen, produktiven und rezeptiven Kontexten, von der Frühförderung über die schulische Bildung bis hin zu Feldern des lebenslangen Lernens und des bürgerschaftlichen Engagements. Und stets gilt es, darauf zu achten, die Stärken der Kulturellen Bildung in ihrer Qualität zwischen der Vermittlung von Kunst und Gesellschaft bestmöglich zu entfalten. Im Mittelpunkt steht der Mensch, stehen insbesondere Kinder und Jugendliche und das Bemühen, Zugänge zur Kultur zu erweitern, Erfahrungs- und Entfaltungsräume anzubieten, die an künstlerische Arbeitsweisen heranführen und kreativen Eigensinn sowie Selbstbewusstsein befördern."

Fachhochschulen und Universitäten


Zur Ausbildung in Theorie und Praxis der kulturellen Bildung tragen die Fachhochschulen und Universitäten in Deutschland bei. In unterschiedlichen kulturwissenschaftlichen und -pädagogischen Studiengängen, aber auch in allen Künsten und ihrer Vermittlung finden sich Angebote, kulturelle Bildung zu studieren. An der Universität Hildesheim wurde 2009 die erste Professur für "Kulturelle Bildung" eingerichtet. Zur Fort- und Weiterbildung dienen die Kurse und Zertifikate der Bundesakademien für kulturelle Bildung (Wolfenbüttel) und für musikalische Jugendbildung (Trossingen), der Akademie Remscheid für musische Bildung und Medienerziehung sowie die mehr als 2.000 Volkshochschulen in den Kommunen. Kulturelle Bildung ist auch Gegenstand und Methode des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der einen Kulturauftrag wahrnimmt, welcher selbstverständlich die Kulturvermittlung einschließt. Ob in Kulturmagazinen und -kanälen oder in Medienpartnerschaften mit der Kulturlandschaft: Die kulturelle Bildung in ARD und ZDF, in Arte und 3 Sat gerät immer wieder in die Diskussion, bedarf aber der Sicherung mindestens durch die Selbstverpflichtung der Sender.

Teilhabende Akteure


Kulturelle Bildung hat viele Akteure; vor allem sind es diejenigen, die teilhaben: Kinder, Jugendliche, Erwachsene; die Künstler, die Kulturschaffenden und die Kulturvermittler; in den Soziokulturellen Zentren, in den Theatern, in den Schulen, in den Parlamenten, in den Magistraten, in den Landratsämtern; in den Vereinen, Verbänden und Netzwerken. Kulturelle Bildung ist eine politische Querschnittsaufgabe, und von daher sind die Akteure auch in den unterschiedlichen Politikfeldern zu Hause: im Bildungsbereich, in der Kulturpolitik, in der Jugendhilfe. Kulturelle Bildung ist aber auch eine gesellschaftliche Aufgabe; denn sie braucht alle Bürger, um sozial wirken zu können, um Kreativität nutzbar zu machen, um die künstlerische Kommunikation zu pflegen – ein Leben lang! Kulturelle Bildung ist auch interkulturell, interdisziplinär und international und insofern auch ein komplexes Gebilde, das es zu gestalten gilt; die Akteure ermöglichen, konzipieren und praktizieren kulturelle Bildung, sie sind mit Produktion, Distribution und Rezeption beschäftigt; alle sollten an kultureller Bildung partizipieren!

Prof. Dr. Wolfgang Schneider, Direktor des Instituts für Kulturpolitik der Universität Hildesheim; 2001-2009: Dekan des Fachbereichs "Kulturwissenschaften und Ästhetische Kommunikation"; 2003-2007: Sachverständiges Mitglied der Enquête-Kommission "Kultur in Deutschland" des Deutschen Bundestages und u.a. als Berichterstatter zuständig für "Kulturelle Bildung".