Sabine Faller ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Museumskommunikation am ZKM – Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe. Sie konzipiert und setzt Workshops, Projekte und Bildungsprogramme in den Bereichen Medienkunst, Digitale Bildung sowie Online Lernen um.
Sie betrachtete die Projekte unter dem Gesichtspunkt von Beteiligung, auch vor dem theoretischen Hintergrund einer partizipativen Kultur. Welche Kriterien (nach Henry Jenkins) gibt es dort? Welche Potenziale gibt es in Hinblick auf digitale Mündigkeit, also dafür, Besucherinnen und Besucher zu empowern?
Sabine Faller lobte die Ideenfülle in den vorgestellten Praxisbeispielen. Da es keine Universallösung gebe, seien Kunst und Kultur die Tools, um neue Zugänge auszuprobieren, Experimente zu machen, und iterativ in Reflexion und Kommunikation zu gehen. Dies gelte für Expertenunden, aber auch für den Austausch mit dem Publikum. Bedürfnisse und soziale Praktiken seien im Wandel durch das Digitale. Es sei wichtig, den Raum – sowohl den Museums als auch den digitalen Raum – zu öffnen. „Bei unseren Workshops sage ich immer: Bei der Kunst gibt es kein richtig und kein falsch, es ist der Ort um zu experimentieren“, so Faller.
Wenngleich sie die Erlebnisqualität in Ausstellungen des Stapferhauses, etwa durch Methoden der Gamification, hervorhob, gab Faller jedoch zu bedenken, dass bei vorstrukturierter Interaktion die Möglichkeiten der Mitgestaltung eingeschränkt sind. Im Bereich der Themenentwicklung schlug Faller darum vor, Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen und damit den Raum zur individuellen Mitgestaltung zu erweitern. Themen vor Ort könnten sich etwa mit den „großen Themen“ mischen.
Mit Blick auf die „Social Labs“ der Universität Köln bekräftigte Sabine Faller die dort formulierte Notwendigkeit für Updates vorhandener Lernmedien. Eine generationen- und disziplinenübergreifende Expertise sei zudem Voraussetzung, um zeitgemäße Werkzeuge auch in der universitären Lehre zu vermitteln. Das Ganze sei als ein Bildungsexperiment zu betrachten. Sie stellte die Frage, inwiefern man sich an den Projekten beteiligen könne und wie Nachhaltigkeit der Arbeit gesichert werde. Aktuell gebe es einen Hype um auditives Lernen, dies werde als Trend für die Zukunft gesehen. Bei Stadtteilwalks seien Kollaborationsmöglichkeiten mit Bürgerinnen und Bürgern denkbar, auch um weitere Expertisen einzuholen.
An der Anwendung „Mein Objekt“ von gamelab.berlin lobte Faller die Möglichkeit für Nutzerinnen und Nutzer, sein persönliches Exponat zu „treffen“. Es sei ein cleverer Zugang, der auch an digitale Alltagserfahrungen der Menschen anschließe. Darin sieht sie eine gute Möglichkeit, eine erste Motivation zu schaffen, eine solche App auszuprobieren und Hürden oder Widerstände abzubauen. Zu bedenken gab sie jedoch, dass damit die Gefahr einer Festlegung lediglich auf die rezipierende User-Rolle einhergehe. Sie fragte darum, inwiefern auch tiefere Begegnungen und Auseinandersetzungen möglich seien, inwiefern die programmierte Struktur erweiterbar sei, ob weiterentwickelt werde und ob Besuchererfahrungen einfließen könnten.
Bei den Projekten „Digitales Stadtlabor“ und „CodingDa Vinci“ spielte Partizipation eine wichtige Rolle. Bemerkenswert fand Faller hier die Einbindung unterschiedlicher Sichtweisen von unterschiedlichen Gruppen und ihren Bedürfnissen. Im Sinne eines Empowerments sei es wichtig, Fähigkeiten und Wissen zu fördern, sodass die Teilnehmenden zu Produzentinnen und Produzenten würden. Ähnlich gelinge dies auch bei den „DaVinci-Hackathons“ vor Ort. Großes Potential bescheinigte sie dabei der Arbeit mit Commons. Zum Problem könne jedoch die heterogene Ästhetik vieler individueller Projekte werden. Häufig entstünden Diskussionen über die künstlerische Qualität der entwickelten Projekte. In deren Unkonventionalität sieht sie jedoch auch eines der großen Potentiale: Mit solchen Projekten könnten andere Sichtweisen, Ästhetiken und andere Bedeutungen einfließen. Daraus, so Faller, ergebe sich jedoch in der Folge auch die Frage, wie solche Projekte zu bewerten oder ins Verhältnis zu anderen Projekten zu setzen seien.
Am Beispiel „Top Secret“ von Rimini Protokoll wurde aus Fallers Fachperspektive als besonders gelungen bewertet, dass darin das Museum als neuer Erfahrungsraum, als Bühne und Einladung zum Perspektivwechsel nutzbar wird. So könne Neugier geweckt werden und man könne positiv der Zukunft und der Digitalisierung begegnen mit dem Gedanken: Wir sind neugierig, bleiben dran, wir versuchen Lösungen zu finden und offen zu sein. Sie bezeichnete das Projekt als „Interaktives Hörspiel“, bei dem eine Stimme die Besucherinnen und Besucher ähnlich wie eine Künstliche Intelligenz lenke. Als Möglichkeit zur Weiterentwicklung schlug sie vor, eine Reflexionsebene einzubauen und zu erforschen, inwiefern hier ein Beitrag zur digitalen Mündigkeit geleistet werde. Es gebe generell bei den Menschen neben einer großen Angst auch ein großes Technikvertrauen. Für vielversprechend hält sie es darum die Frage einzubeziehen „Was passiert, wenn ich mich dieser Stimme, dieser Super-KI widersetze?“ Susanne Schuster von OutOfThe Box hatte viele verschiedene Projekte mit unterschiedlichen Ansätzen vorgestellt. Der Mix aus Erlebnisräumen und Experimenten sei inspirierend gewesen, besonders der Mut und die Neugierde, Experimente mit Räumen zu machen und über Digitales neue soziale Praktiken zu erproben und vielleicht potenzielle neue Zugänge zu schaffen. Ein großes Potenzial bei den vorgestellten Projekten habe in den unterschiedlichen Möglichkeiten gelegen, mit Software zu arbeiten und künstlerische Ästhetiken auszuprobieren.