Die Workshops versammelten die unterschiedlichen Perspektiven auf digital-analoge Räume aus kultureller und politischer Bildung. Die Aufgabenstellung: Qualitätskriterien für eine gemeinsame Praxis.
In vier Kleingruppen diskutierten je 6-8 Teilnehmende aus verschiedenen Arbeits- und Erfahrungshintergründen ihre Perspektiven auf digital-analoge Räume für die kulturelle und politische Bildung. Sie waren aufgefordert, Qualitätsmerkmale für solche Räume aufzustellen oder gar eine Art Manifest zu entwickeln.
Die Expertinnen und Experten beschäftigten sich in Kleingruppen mit folgenden Fragestellungen: Welche Kriterien sollten digital-analoge Räume erfüllen, damit sie in den Kontexten der politischen und der kulturellen Bildung sinnvoll eingesetzt werden können und aus professioneller Sicht qualitätsvoll sind?
Wo etwa liegen die Potenziale, Menschen zum Erkennen, (interaktiven) Nutzen und Mitgestalten solcher Räume zu befähigen?
Wie kann der „digitale Raum im Analogen“ im Hinblick auf analoge Bildungsgegenstände, z.B. ästhetische Wahrnehmung von Objekten im Museum förderlich sein?
Welches Potenzial bietet Immersion, wo findet sie Grenzen?
Die Diskussionsverläufe, Ergebnisse und Präsentationen der einzelnen Workshops waren sehr verschieden. Die Ergebnisse werden hier zum Teil stichpunktartig vorgestellt:
Workshop 1
Die erste Kleingruppe entwickelte Qualitätskriterien in einer Art Manifest, das die Schwerpunkte der Diskussion und Themencluster komprimiert wiedergibt. Es lautet: Digital-analoge Räume müssen…
Digitales und Analoges sinnhaft und zielgerichtet verknüpfen: Dazu braucht es Know-How in den Organisationen/ Institutionen; Ressourcen müssen sinnvoll eingesetzt werden; es muss ein Mehrwert geschaffen werden
Digitales und Analoges stets zusammen denken, um der Lebenswirklichkeit der Nutzenden zu entsprechen
Datenschutz und Schutz der Persönlichkeitsrechte stärken, um nur so viele Daten zu verarbeiten wie nötig
Vielfalt von Perspektiven ermöglichen und sichtbar machen: Erfahrungen auch jenseits des Erwartbaren und Vertrauten schaffen
Zugänge zu Möglichkeitsräumen schaffen und damit Barrieren abbauen
Begegnung und Austausch ermöglichen: Aushandlung, Kommunikation, Wissen und Vernetzung fördern
Den Erwerb von zeitgemäßen Kompetenzen ermöglichen (die 4 K’s)
Erlebnis- und Erkenntnisräume bieten
User-zentriert gestaltet sein und dabei konzeptionell immer von den Nutzerinnen und Nutzern ausgehen
Prozesshaft und ergebnisoffen sein („fertig gibt es nicht“)
Workshop 2
Die zweite Gruppe vertrat die Ansicht, dass starre Kriterien innovativen, experimentellen Projektansätzen das Entwicklungspotenzial nehmen können. Sie entwickelte eine Schieberegler-Matrix, zur Bewertung zukünftiger Projekte, die auch als Entscheidungs-Leitfaden oder als Evaluations-Tool verstanden werden kann. Dabei stehen sich jeweils zwei Pole gegenüber; ein Projekt kann jeweils auf einer Skala zwischen diesen Polen eingeordnet werden. Ein Ausschlag des Reglers in die eine, oder die entgegengesetzte Richtung bedeutet dabei nicht zwangsläufig ein Qualitätsurteil. Ziel ist vielmehr die Reflexion der unterschiedlichen Potentiale und Dimensionen. Zukünftige Projekte können und sollten anhand der Matrix im Entstehungsprozess und im weiteren Verlauf immer wieder überprüft und ggf. neu verhandelt werden. Die Matrix kann unter Einbezug verschiedener Perspektiven (User/-innen, Projektinitiatoren/-innen, Geldgeber/-innen) verschieden bewertet werden.
Die jeweiligen Pole der Matrix sind:
Strukturiert - Offen
Vorgegeben - Ergebnisoffen
Rezeption - Ko-Kreation
Perspektivwechsel - Multiperspektive
Open Source - Pragmatisch
Bewährt - Experimentell
Affirmation - Irritation
Distanz - Immersion
Schön - Schön
Punktuell - Verstetigt
Lokal - Global / Virtual Reality
Spezialisierung - Breites Wissen
Transparent - Geschützt
Als unverhandelbare Basis und Voraussetzung für jegliche Form von Projekten benannte die Gruppe die Werte des Grundgesetzes, der Teilhabe und Nachhaltigkeit sowie Anforderungen an Managements, thematische Relevanz, Flow, Kontroversität und Reflexion.
Workshop 3
Die dritte Kleingruppe stellte ihren Überlegungen die Annahme voran, dass Digitales und Analoges bereits in oft einander durchdringender Weise alltägliches Leben bestimmen. Beide Ebenen sind in ihren Bedeutungen fluide – auch das Analoge unterliege stets der Interpretation. Möglicherweise sei das Digitale viel festgelegter – so eine These der Gruppe. Darin, dass auch das Analoge ambivalent sei, liege großes Potenzial für Aufklärung und Veränderung. So lassen sich etwa durch Audiobeiträge/Soundwalks neue Perspektiven auf den Stadtraum sichtbar machen. Historische Veränderungen oder gruppenbezogen spezifische Sichtweisen auf den Stadtraum werden auf diese Weise räumlich und kognitiv spürbar und nachvollziehbar. Wichtig für digital-analog gestaltete Räume sei es, dass es stets eine "Gleichzeitigkeit des Unzeitgleichen" geben müsse. Bei immersivem Abtauchen in virtuelle oder Spiel-Realitäten bedürfe es stets auch einer Metaperspektive: Es müsse zu einer Rezeptionsweise des "Springens" zwischen den Zuständen des "Drin-" und des "Drüber"-Seins kommen, dies solle sowohl für einzelne gelten als auch für eine Gruppe. Durch Immersion könnten Nutzer/-innen stärker anfällig sein für Manipulation, umso wichtiger sei die Reflexionsebene.
Qualitätskriterien & Ziele. Worauf sollten Bildungsprozesse in solchen analog-digitalen Räumen abzielen? Welche Kriterien sind zu beachten?
Transparenz
Produktionsweisen, Herstellungsbedingungen der benutzten Hardware
Teilhabe, Mitgestaltung
Kollaborationsästhetik, Zugangsmöglichkeiten und Barrieren
Widerständigkeit
Kritik, Verweigerungsmöglichkeiten
Co-Kreation
Kompetenz der Lehrenden, Labor, Offenheit von Prozessen
Demokratiefähigkeit
Werte, Prolog und Arena
Perspektivwechsel
Empathie
Hybrider Raum
Dynamik: Interaktion von Inhalt und Umgebung; Verschmelzung als Mehrwert
Workshop 4
Strukturelle Fragen und damit die Rolle von Institutionen und Trägern der politischen und kulturellen Bildung nahm die vierte Kleingruppe als Ausgangspunkt des Nachdenkens über Qualitätskriterien für Räume. Die Möglichkeiten der Institutionen seien limitiert bzw. determiniert durch die vorhandenen digitalen Infrastrukturen.
Man müsse von vornherein analog und digital integriert bzw. gemeinsam denken, auch wenn man Räume auf die Frage hin betrachte, ob dort Ausstellungen stattfinden könnten. Das Digitale müsse immer mitgedacht werden. In die Grundüberlegungen von Projekten gehöre auch eine „Raumkompetenz“. Digitale und analoge Räume stünden in Beziehung zueinander und hätten Schnittstellen.
Qualitätskriterien
Bildung mit/ über digitale Tools müsse verschränkt gedacht werden
Vielfältige Reaktionen müssen ermöglicht werden
Relevanz digitaler und analoger Räume für Widerstand ist zu beachten
Ästhetische Kriterien und Werkstattästhetik als Spezifikum digital-analoger Räume
Offene Fragen
Wie lassen sich Know-Hows und Zeitbudgets der Mitarbeiter/-innen realistische bewerten?
Welche Parameter zur Umsetzung digitaler Projekte setzen Institutionen? (Beteiligung von Programmierer/-innen oder Jurist/-innen; zur Verfügung stehende Tools; Distribution von Verantwortung)
Welche Kontrollmöglichkeiten sind erforderlich? Wer hat die Datenhoheit?
Handlungsempfehlungen
Der Heterogenität von Qualitäten, Charakteristika, Rahmenbedingungen, Playern der verschiedenen Räume sollte in Planung und Umsetzung von Projekten Rechnung getragen werden
Beziehungen zwischen den Räumen und deren Schnittstellen sollten identifiziert werden
Räume und ihr jeweiliges Potential sollten adäquat ausgenutzt werden
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