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Expertenworkshop 2: "Interkulturelle Kinderphilosophie. Theoretische und praktische Konzepte" | Fachtagung "Philosophie für Kinder und Jugendliche als Zukunftsaufgabe für die demokratische Gesellschaft" | bpb.de

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Expertenworkshop 2: "Interkulturelle Kinderphilosophie. Theoretische und praktische Konzepte" Prof. Dr. Eva Marsal

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Prof. Dr. Eva Marsal (© Ast/Jürgens)

Verschiedene Sichtweisen, Werte und Kulturen begegnen sich auch im Klassenzimmer. Welchen Beitrag können Lehrer/innen und das Unterrichtsfach Philosophie im Sinne von Akzeptanz leisten? Wie kann gemeinsames Philosophieren in der Schule stattfinden, wenn Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Kulturen, Werten, Erfahrungen und Erlebnissen zusammen kommen?

Diese Fragen standen bei den Teilnehmenden und besonders bei den Lehrer/innen im Zentrum des Workshops.
So wurde ein Beispiel aus dem Schulalltag einer Lehrerin genannt: Es ging um das Phänomen, dass einige geflüchtete Mädchen aus Syrien nach kurzer Zeit anfingen durchlöcherte Jeans zu tragen, um trotz der sprachlichen Barriere Zugehörigkeit zu den anderen Mädchen innerhalb der Klasse durch Mode optisch herzustellen. Auf diese Weise fingen die Mädchen, unabhängig ob mit oder ohne Fluchthintergrund, an, sich untereinander kennenzulernen.
Während die Mädchen durch die Kleidung mit der Inszenierung spielten, nahmen die Jungen unbedeckte Haut wahr. Beide Perspektiven betrachteten die äußere Darstellung und zugleich verwiesen sie auf innere Einstellungen. Gemeinsam setzten sich die Schüler/innen mit verschiedenen Sichtweisen und dem Recht auf Selbstbestimmung auseinander, die beim gemeinsamen Zusammenleben Toleranz und Akzeptanz verlangen.

Eva Marsal

Eva Marsal, geboren 1948, studierte Theologie, Psychologie und Philosophie an der Universität Heidelberg. Sie arbeitete als Pfarrerin in Gemeinden und an Schulen sowie als Psychotherapeutin in der Psychiatrie. Seit 2005 ist sie Professorin für Philosophie und Ethik an der PH-Karlsruhe. Ihre Schwerpunkte sind: Philosophieren mit Kindern, Ethikdidaktik, die Philosophie des Spiels und der Person, Genderforschung und Friedrich Nietzsche. Außerdem betreut sie Studierende bei ihren Praktika in der Grundschule. Eva Marsal ist Sprecherin der "Deutsch-Japanischen Forschungsinitiative zum Philosophieren mit Kindern" (DJFPK), Fellow der "Japan Society for the Promotion of Science" (JSPS), Mitglied bei "The International Council of Philosophical Inquiry with Children" (ICPIC), bei "North American Association for the Community of Inquiry" (NAACI) und der Nietzsche-Gesellschaft. Im LIT Verlag ist Eva Marsal die hauptverantwortliche Herausgeberin der Reihen: "Politische Philosophie und Anthropologische Studien" sowie "Philosophie in der Schule".

Philosophie ist nach Marsal das prädestinierte Fach des Selberdenkens. In Bezug auf eine interkulturelle Gesellschaft, bzw. im Zuge der Migrations- und Flüchtlingsbewegungen, schafft es einen Raum des "aktiven selber Denkens" indem die Auseinandersetzung mit Pluralität innerhalb der Gesellschaft stattfinden kann. Gleichzeitig kann durch Alltagssituationen die Begründungsfähigkeit trainiert werden und damit verbunden auch das Aushalten von Meinungen, die man selbst nicht teilt. Voraussetzung ist, dass Lehrer/innen für eine Atmosphäre des gegenseitigen Respekts sorgen. Methodisch bietet sich hier das 5-Finger-Modell nach Martens an. Es verbindet die fünf philosophischen Methoden (Phänomenologie, Hermeneutik, Analytik, Didaktik und Spekulationen) miteinander und löst auf diese Weise die Kernziele des Philosophieunterrichts ein. Dabei geht es stets um die Förderung empathischer Kompetenzen, die gerade in Bezug auf eine Interkulturelle Gesellschaft von Bedeutung sind. Grundvoraussetzung ist hier bei der phänomenologischen Betrachtung, dass sie wertfrei stattfindet. Ein weiterer Schritt erfolgt auf der hermeneutischen Ebene, die Perspektivenwechsel, also emphatische Fähigkeiten trainiert. Im dritten Schritt geht es um das Überprüfen der Argumente als analytische Ebene. Dies erfolgt dialektisch, indem Pro- und Contra-Argumente zu einer differenzierten Sichtweise führen. Mithilfe der fünften, der spekulativen Ebene, können im letzten Schritt die Ebenen zusammengeführt werden. Unter dem exemplarischen Leitmotiv ´Toleranz` können so Schüler/innen Grundprinzipien im gemeinsamen Umgang entwickeln.

Im Gespräch mit den Teilnehmer/innen des Workshops wurde das Beispiel der modischen Jeans immer wieder herangezogen. Zusammenfassend veranschaulicht es, dass Ausgangspunkt der Wahrnehmung immer die eigene Perspektive ist. Zusätzlich wirken sich kulturelle Einflüsse prägend auf jedes Individuum aus. Auf diese Weise konnte festgehalten werden, dass sich Philosophieunterricht stets an Praxis, also den Alltag der Schüler/innen anbinden lässt.

Stina Freund

Fussnoten