Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Der Prinzessinnengarten als Ort des informellen Lernens | Kulturelle Bildung | bpb.de

Kulturelle Bildung Grundlagen Was ist kulturelle Bildung? Facetten und Aufgaben Kulturbegriffe Akteure Entwicklung und Perspektiven Kulturelle Bildung für Erwachsene Demografischer Wandel Politische und kulturelle Bildung Politische Bildung Verhältnis politischer und kultureller Bildung Kulturelle und politische Bildung Interview: "Bildung nicht kolonialisieren" Partizipation durch Kultur Der Stadtraum als Bildungsort Projekte Spiegelungen Workshops Neue Wege für politische Bildung Politische trifft kulturelle Bildung: Spiel-Räume Workshop mit Heiko Wolf Workshop mit Ralf Brinkhoff Erfahrungen und Reflexion Politische trifft kulturelle Bildung: Das Digitale im Analogen Die Impulse Die Spiegelungen Die Workshopergebnisse Schule Frühkindliche Erziehung Kulturelle Bildung in der Schule PISA-Verfahren Ganztagsschule Kooperationen Qualitäts-Management Datenbanken Außerhalb der Schule Jugendkultur Übergang Schule-Beruf Öffentliche Kulturbetriebe Kunst der Erreichbarkeit Interview Kinder-Akademie Fulda Freiwilliges Soziales Jahr Kultur Kinder zum Olymp Soziokultur Linkliste Kulturpolitik Kraftfeld der Kulturpolitik Kulturpolitik & Globalisierung Finanzierung Kulturförderung Modell-Land NRW Erfolgsmodell Dortmund Föderalismusreform Kreativwirtschaft Linkliste Kulturpolitik Interkulturelle kulturelle Bildung Interkulturelle Bildung Kulturinstitutionen und Interkulturalität Interkulturelle Publikums-Entwicklung Internationale Jugend-Kulturbegegnungen Was für ein Theater! Interview mit Shermin Langhoff Schulprojekt Kunstwege zur Integration Blick in die Praxis Berliner Philharmoniker Deutsches Architekturmuseum Deutsches Hygiene-Museum Kulturzentrum Schlachthof Musikschule Tübingen Schauspielhaus Bochum Stadtbibliothek Nürnberg International UNESCO Kultur und Entwicklung Interview mit Anne Bamford Europa Europäisches Netzwerk NECE England Lateinamerika Südkorea Themengrafik Erzählen und Literatur Narrationen in der fächerübergreifenden politischen Bildung Literaturvermittlung als kulturelle Bildung Kinder- und Jugendliteratur im Kontext politischer Bildung Narrative für eine Nachhaltige Entwicklung Interview mit Manfred Theisen Comics und historisch-politische Bildung Methoden Buchkinder Leipzig - Nachahmer erwünscht! Die Macht von Geschichten Geschichtscomicplots schreiben Praxisbeispiele Idee und Ziele von Buchkinder Leipzig e.V. Die Welt ist zu rund, um still in der Ecke zu sitzen Links Theater und Tanz Theaterpraxis Szenisches Spiel und Politik Tanz Methoden Reenactment Forumtheater Tapst Praxisbeispiele Reenactment Forumtheater Tapst Linkliste Visuelle/Bildende Kunst Kunstvermittlung Ästhetische und politische Bildung Politiken des Raumes Computerspiele Gespräch Kunst und Politik Methoden Kulturtransfers HORTUS CIRCULOSUS Mein Avatar und Ich Praxisbeispiele Kulturtransfers HORTUS CIRCULOSUS Die Kunst des Involvierens Filmbildung Filmbildung Filmbildung und politische Bildung Filmanalyse ist Arbeit Methoden SchulKino Wochen Kinderjury Außerschulische Lernorte Filme machen Praxisbeispiele Wer war der Täter? Die LUCAS-Kinderjury Film in der DDR Kaum mehr als nichts Linkliste Musik Musik und politische Bildung Musikorientierte Jugendkulturen Musik im Unterricht Methoden Die Kunst der Demokratie – Afghanistan-Workshop Beats und Bedeutung, Takte und Themen "Verfemte Musik" Praxisbeispiele Kunst der Demokratie – Politik, Medien und Musik Hip-Hop kann sensibel machen "Verfemte Musik" Architektur und Raum Fachtagung: Quartier der Moderne. Vermittlung ambivalenter Topographien Erster Tagungstag Zweiter Tagungstag Architektur in der kulturellen Bildung Bildungsarchitektur gestalten Partizipative Stadt- und Raumgestaltung Methoden Baupiloten: Bildungsarchitektur gestalten Der Prinzessinnengarten Baukulturelle Bildung Praxisbeispiele Der Spion mit dem silbernen Deckmantel Der Prinzessinnengarten Ein Schwimmbad ohne Wasser Links Bildung für nachhaltige Entwicklung und kulturelle Bildung Kulturelle und politische Bildung für nachhaltige Entwicklung Interview mit Bernd Overwien Nachhaltige Entwicklung als kulturelle Herausforderung Wiedergewinnung von Zukunft Methoden sevengardens Kunstvermittlung der dOCUMENTA 13 creative sustainability tours Praxisbeispiele sevengardens Über Lebenskunst.Schule creative sustainability tours Sammlung weiterer Projekte Literaturliste Linkliste BNE und Kulturelle Bildung Geschichtsvermittlung Geschichtsvermittlung und kulturelle Bildung Interview mit Constanze Eckert Geschichtsvermittlung in virtuellen Räumen Historische Spielfilme Theater und Geschichtsvermittlung Biografisches Theater und Holocaust Interview mit den Spielleiterinnen Interview mit Workshopteilnehmenden Praxisbeispiele Audioguides zu jüdischer Geschichte Kolonialgeschichte in Noten Migrationsgeschichte im Museum Links Mode Mode. Ein Thema für die politische Bildung? Revolte im Kinderzimmer Jugendmode vor dem Hintergrund jugendlicher Lebenswelten Mode in kommunistischen Diktaturen Wirtschaftsmacht Modeindustrie – Alles bleibt anders Lifestyle-Kapitalismus Praxisbeispiele Mode in der Schule world-wide-wool.net Gestern Hipster, heute Punk GOLDSTÜCKE Fashion@Society: Mode trifft Moral Dokumentation Interview Gertrud Lehnert Slow-Fashion-Tour Philosophie Fachtagung 2020: "Selbstoptimierung" Arbeit am perfekten Ich Fachtagung 2019: "Streiten lernen" Hannes Loh, Stephan Versin: Gangsta-Rap und Ethik Prof. Dr. Marie-Luisa Frick: Ohnmacht der Argumente? Dr. Alexander Grau: Verständigung in heterogenen Gesellschaften Prof. Dr. Riem Spielhaus: Wenn Mitdiskutieren verbieten verboten ist Streitgespräch: Alexander Grau und Riem Spielhaus QUA-LiS NRW, Demokratiebildung als Aufgabe der Schule – Einblicke in die Praxis der Grundschule St. Josef Greven Prof. Dr. Sabine Döring: Emotion und Argument Abschlusspanel: Jun. Prof. Dr. Ulaş Aktaş im Gespräch mit Dr. Sabine Dengel KLASSE DENKEN 2019 Zivilisiert Streiten Fake News Wir alle sind das Volk Das Universum und ich Fachtagung 2018: "Was ist Identität?“ Perspektiven auf die Identitätsthematik Wer entscheidet wer ich bin? Rückbindung an die Praxis Kollektive Identität Rubens, Du und ich Identitätspolitik und Populismus Populismus der Linken? KLASSE DENKEN 2018 Kann das Lügen moralisch sein? Markt und Moral Menschen, Mäuse und Maschinen Was ist nach dem Tod? Fachtagung 2017: "Demokratie und der Streit um Werte" Thematische Verortung in Politik und politischer Bildung Zur Theorie der Demokratie, Werte und Toleranz Über die Praxis Ein sozialwissenschaftlicher Abschluss Fachtagung 2016: "Philosophie als Zukunftsaufgabe" Eröffnung Impulsreferate und Diskussion Expertenworkshops Kabarett: Heiner Kämmer Abschlusspodium Wertediskurse im Unterricht Video-Interviews Royston Maldoom: We should start with the arts Linkliste Redaktion

Der Prinzessinnengarten als Ort des informellen Lernens

Marco Clausen

/ 4 Minuten zu lesen

Kunst- und Bildungsprojekte, soziale Begegnungen und gemeinsames praktisches Arbeiten mit Erde, Werkzeug und Pflanzen – im Prinzessinnengarten wird gelernt und gelehrt. Das gemeinsame Gärtnern führt unweigerlich zur Auseinandersetzung mit Fragen unserer Nahrungsmittelerzeugung, unseres Umgangs mit der Natur und unseres Zusammenlebens.

Prinzessinnengarten (© Marco Clausen/ Prinzessinnengarten)

Der Prinzessinnengarten in Berlin Kreuzberg ist eine soziale und ökologische urbane Landwirtschaft. Hier wird gemeinschaftlich, selbstorganisiert und selbstfinanziert ein besonderer grüner Ort geschaffen. Es gedeiht eine Vielfalt von Kulturpflanzen ebenso wie eine Vielfalt sozialer Begegnungen, Beziehungen und Kooperationen.

Vor allem aber bietet dieser urbane Garten unterschiedlichste Gelegenheiten zur Teilhabe und zum gemeinschaftlichen Lernen. Der Prinzessinnengarten wurde nicht von professionellen Landschaftsarchitekten, Planern oder Landwirten ins Leben gerufen, er ist das Werk von Dilettanten und Autodidakten. Dies prägt die Arbeit im Garten und begünstigt unkonventionelle Herangehensweisen ebenso wie die Bereitschaft zu Kooperationen und zum kontinuierlichen Dazulernen. Lernen ist hier ein nicht-hierarchischer, kooperativer, praxis- und erfahrungsorientierter Prozess, bei dem unterschiedlichste Kompetenzen sich verbinden und ergänzen.

Es gibt ältere Menschen, die im Garten ihr Wissen um traditionelle Kulturtechniken wie das Kochen, Einmachen oder das Anlegen von Mischkulturen weitergeben. Sie treffen im Garten auf Studien- und Forschungsprojekte, die sich mit Nutzung von Abwässern oder nachhaltiger Stadtentwicklung beschäftigen oder auf eine Künstlerin, die sich mit dem Thema Agrobiodiversität von Pflanzen auseinandersetzt.

Gartenarbeitstag

Menschen einbinden (© Marco Clausen/ Prinzessinnengarten)

Unser wichtiges Instrument, um Menschen einzubinden und Situationen informellen Lernens zu schaffen, ist der regelmäßig stattfindende Gartenarbeitstag. Hier kann jede/-r, der Interesse hat, sich aktiv im Garten engagieren und gärtnerische Erfahrungen und Kenntnisse sammeln. In diesen offenen Beteiligungssituationen wechselt man schnell die Rollen und wird vom Lernenden zum Lehrer, wobei neben den rein gärtnerischen Kompetenzen oft auch die sozialen gefordert werden. Neben den Gartenarbeitstagen finden unterschiedliche Workshops statt. Diese reichen von landwirtschaftlich-gärtnerischen Fragen wie Biodiversität, Bienenhaltung, Kartoffelanbau oder Kompostiermethoden bis hin zum Selbstbau von Fahrrädern oder europäischen Workshops zur informellen Bildung und zum lokalen Empowerment.

Simpel, vielfältig und nachhaltig

Die Besonderheit eines solchen offenen Ortes der Partizipation, wie es der Prinzessinnengarten ist, besteht darin, dass sich unterschiedliche Menschen, Initiativen und Projekte so spontan hier ansiedeln wie die Ruderalvegetation, d.h. jene Pflanzen, die als erste auf Brachflächen zu finden sind. Sie werden ebenso angezogen durch thematische Überschneidungen wie durch die Atmosphäre des Unfertigen und Improvisierten. So ist für die vielfältigen Aktivitäten im Prinzessinnengarten eine bestimmte Haltung charakteristisch: Arbeiten mit dem, was da ist; Selbermachen statt fertig kaufen; Vielfalt statt Monokulturen; Kenntnisse aneignen und weitergeben. Die Projekte, die sich hier ansiedeln, tragen in der Regel zu nachhaltigeren Lebensstilen und zu einem intelligenteren Umgang mit Ressourcen bei. Es sind Lowtech-Ansätze, die in unserem Alltagsleben handhabbar sind und sich ohne größeren finanziellen Aufwand und ohne Expertenwissen nachahmen lassen. Diese Projekte sind meist praktischer Natur, befragen aber gleichzeitig unsere Art zu leben. Neben der Vermittlung von handwerklichen Fähigkeiten und traditionellen Kulturtechniken geht es oft auch darum, wie wir lokal, selbstorganisiert und mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln drängenden Herausforderungen unserer Zeit begegnen können.

Künstlerisch-politisches Kartoffelprojekt

The Order of Potato (© Marco Clausen/ Prinzessinnengarten)

Ein Beispiel ist das Projekt "The Order of Potato", in dem eine international arbeitende Künstlerin gemeinsam mit Gärtnern aus dem Prinzessinnengarten sechzehn teilweise jahrhundertealte Kartoffelsorten kultiviert, deren kommerzielle Verbreitung durch Regulierung zugunsten von Saatgutfirmen unterbunden wird. Die Menschen, die sich während eines Gartenarbeitstages um die Kartoffeln kümmern, lernen dabei nicht nur, wie man sie in einem Reissack auf dem eigenen Balkon anbaut oder am besten vor der Kartoffelfäule schützt. Sie kommen auch in Kontakt mit oft wenig beachteten Themen wie den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die den Umgang mit unserem agrikulturellen Erbe bestimmen. Sie hören vom Verlust der Vielfalt von Kulturpflanzen und den möglichen Folgen der Aussaat genetisch veränderter Pflanzen. Verbindungen werden hergestellt zwischen der vermeintlich so einfachen Knolle und historischen Prozessen wie der Kolonisierung Südamerikas oder der Versorgung großer Bevölkerungsgruppen zur Zeit der Industrialisierung. Neben der Arbeit und dem Wissenserwerb hat das Ganze aber auch eine genussvolle Seite. Am Ende jeder Saison gibt es ein Kartoffelfest, bei dem die biologische Vielfalt mit der kulinarischen verknüpft wird und Gastköche zeigen, wie die Erdäpfel in den unterschiedlichsten Regionen der Welt zubereitet werden.

Gartenarbeit weckt viele Fragen

Gerade die aktive Verbindung zur Produktion von Lebensmitteln, die der Garten vor der eigenen Haustür sinnlich erfahrbar herzustellen vermag, eröffnet ein weites Feld von Fragen. Welche Auswirkungen hat unsere Art zu essen auf den Klimawandel? Welche Beziehung stellt das Gericht auf unserem Teller zwischen uns und dem rapiden Verschwinden der Artenvielfalt, der Monopolstellung einzelner globaler Akteure der Agrarindustrie oder der maßlosen Verschwendung von Ressourcen her? Diese Fragen stellen sich weniger auf theoretischer, als auf einer sehr greifbaren Ebene, bei der Suche nach geeigneten Böden, nach regionalen Produzenten und saisonalen Produkten, nach vermehrungsfähigem Saatgut oder beim Preisvergleich mit den Waren aus dem Supermarkt. Auch wenn der Garten selbst all diese Probleme nicht zu lösen vermag, so trägt er vielleicht doch zu einem kulturellen Wandel bei, indem er sinnlich erfahrbar zeigt, dass es vielleicht auch anders gehen könnte.

Der Text beruht auf unserem Buch: "Prinzessinnengarten. Anders gärtnern in der Stadt“, hg. von Nomadisch Grün, erschienen bei Dumont 2012

Fussnoten

Marco Clausen, nach einem Studium der Geschichtswissenschaft und verschiedenen Tätigkeiten unter anderem als Barmanager und Fotograf gründete er 2009 zusammen mit Robert Shaw die gemeinnützige Organisation "Nomadisch Grün" mit dem Ziel, städtische Brachflächen in soziale Nutzgärten zu verwandeln. 2009 baute er den Prinzessinnengarten mit auf. Er organisiert Veranstaltungen und Workshops zu Themen wie Stadt und Ernährung, Jugendbeteiligung und urbane Landwirtschaft im europäischen Kontext.