Architektur und Raum umgeben uns ständig und prägen unser Leben. Die bewusste Wahrnehmung von Architektur und ihre Gestaltung sind Thema verschiedenster kreativer Bildungsformate. Noch spielt Architekturvermittlung in der schulischen und außerschulischen kulturellen Bildung eine eher marginale Rolle, doch sie ist im Kommen.
Einleitung
Das Erleben von Raum und Architektur gehört zu den grundlegenden und allerfrühesten Erfahrungen des menschlichen Daseins. Wir sind immer und überall von Raum und Architektur umgeben. Wie Klang und Stille gehören Architektur und Freiraum zusammen und ergeben den dreidimensionalen Raum, der mit allen Sinnen erfahrbar ist. Das Herstellen einer Behausung als Schutzfunktion gehört zu den ursprünglichsten Bedürfnissen der Menschen, ja der Lebewesen überhaupt. Regionale Besonderheiten - Klima, Baumaterial, Lebensführung - führten zu einer unermesslichen kulturellen Fülle von Architekturen und Rauminterpretationen. Architektur ist auch Seismograph der gesellschaftlichen Prioritäten.
Kein Wunder also, dass das Interesse der Menschen an Architektur groß ist. Kein Wunder, dass viele Bauprojekte von einer demokratischen Öffentlichkeit begleitet werden, von der Nutzungsidee über Standortfindung und Finanzierung bis hin zu den heute geradezu standardmäßig angebotenen Baustellenbesichtigungen. Kein Wunder auch, dass Stadtführungen Kultur und Architektur verknüpfen - und auch spezielle Architekturführungen erschließen sich einem immer größer werdenden Laien-Publikum. Die Öffnung des Berufsbildes Architekt hin zum Vermittler und Partizipationspartner für Beteiligte und Nutzer/-innen ist da in Zeiten komplexer gesellschaftlicher Zusammenhänge nur konsequent und notwendig. Verwunderlich ist allerdings, dass die Vermittlung von Architektur in der kulturellen Bildung – insbesondere bei Kindern und Jugendlichen – neben Bildender Kunst, Musik, Theater, Tanz, Literatur, Film scheinbar immer noch in zweiter Reihe wahrgenommen und praktiziert wird. Kinder und Jugendliche sind schließlich die Bauherren, Gestalter und politischen Entscheidungsträger von morgen. Ihre intuitiven und kreativen Fähigkeiten schließen die Beschäftigung mit Architektur und Raum unbedingt ein.
Hier setzt die Architekturvermittlung an.
Architekturvermittlung im Trend
"Give me the Eiffeltower!" – die Teilnehmenden des 4. Internationalen Symposiums -Architekturvermittlung in Weimar im April 2012 bringen sich in Position, strecken sich, balancieren und spüren am eigenen Körper, was Stabilität, Höhe und "Turm-Sein" bedeuten. "Architectural Gymnastics" (jap. Kenchiku Taiso), die Idee einer japanischen Architektengruppe, zeigt eine unkonventionelle Methode zur Architekturvermittlung. Sie arbeitet fach-, kultur- und generationenübergreifend, ist blitzschnell verständlich, überall sofort einsetzbar, humorvoll und dabei sehr lehrreich. Vorgestellt wurde diese Idee auch auf dem UIA (Union Internationale des Architectes) – Kongress 2011 in Tokyo im Rahmen der UIA Architecture & Children Golden Cubes Awards, die 2011 zum ersten Mal international vergeben wurden.
Architekturvermittlung liegt weltweit im Trend. Dies zeigt nicht nur die internationale Besetzung des UIA – auch das Weimarer Symposium stellte in Organisation und Zusammensetzung einen typischen Mix aus Fachinstitutionen und Initiativen aus den Bereichen Architektur und Pädagogik dar. Veranstaltet und gefördert von einem Verband aus Bauhaus-Universität Weimar, Architektenkammer Thüringen, Stiftung Baukultur Thüringen, Klassikstiftung Weimar sowie dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (Thillm) und dem Fachverband für Kunstpädagogik BDK, versammelten sich hier internationale Akteure aus Kroatien (Technische Universität Zagreb), der Schweiz (Creaviva , Zentrum Paul Klee, Bern), Schweden (Swedish Association of Architects, Stockholm) und Deutschland und stellten ihre aktuellen Projekte und Aktivitäten vor.
Ein kurzer Blick in die Entwicklung der Architekturvermittlung-
Wo stehen wir heute?
Das Interesse an Architekturvermittlung war und ist eng verknüpft mit der gesellschaftlichen und politischen Wahrnehmung von Architektur und reformpädagogischen Bildungskonzepten. Beide Themenbereiche haben sich erst ca. zu Beginn des 20. Jahrhunderts verdichtet und überhaupt verknüpft.
Pädagogische Konzepte
Unter den vielen reformpädagogischen Konzepten Anfang des 20. Jahrhunderts sind zwei zu nennen, die den Raum als "dritten Pädagogen" in den Mittelpunkt stellen.
In der ‚Montessori-Pädagogik‘ – benannt nach der italienischen Ärztin und Reformpädagogin Maria Montessori (1870-1952)- stehen die Erzieher/-innen bewusst am Rand des Geschehens, der Raum mit seinen Rückzugsmöglichkeiten und unterschiedlichen Raumsituationen hingegen im Mittelpunkt. Die ‚Reggiopädagogik ‘, nach 1945 in der Region Reggio Emilia in Italien entstanden – stellt im Unterschied zu Montessori nicht die Ordnung eines vorbereiteten Raums in den Mittelpunkt. Hier sind die Lebendigkeit und Unverwechselbarkeit des gesamten Raumangebots charakteristisch. Entsprechend reagiert die Architektur- und Innenraumplanung auf diese Anforderungen. Beide Konzepte gelten bis heute als vorbildlich für Kita- und Krippenkonzepte- insbesondere die Reggiopädagogik hat wegen ihrer offenen Form breite Zustimmung erfahren.
Bauhaus, Deutscher Werkbund und R.I.B.A.
Ebenfalls zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich die sogenannte Moderne entwickelt, eine grundsätzlich neue Sichtweise von Architektur, Design und Stadtplanung, die mit pädagogischem Anspruch auch Hochschulreformen einbezogen hat.
Bauhaus
Mit dem Ende des 1. Weltkrieges 1918 wurden gesamtgesellschaftlich jene Kräfte frei, die kriegsbedingt unterbrochen, unterdrückt oder umgelenkt worden waren. So gründete der Architekt Walter Gropius, der bereits vor dem Krieg mit bahnbrechenden Projekten zum industriellen Bauen hervorgetreten war, im April 1919 das Staatliche Bauhaus, jene berühmte Schule für angehende Architekten, Künstler und Designer, an der Modernität und Funktionalität proklamiert und neue Produktionsformen erprobt wurden. In den nur 14 Jahren ihres Bestehens – 1933 musste sie auf Druck der Nationalsozialisten geschlossen werden- bildete das Bauhaus die Grundlage für weitreichende Neuerungen sowohl in den Bereichen Gestaltung, Kunst, Design, Architektur und Städtebau als auch in den pädagogischen Methoden mit Folgen bis in unsere heutige Zeit. Walter Gropius schloss sich dann um 1935 in England zeitweise der Reformschule "Dartington Hall" an, einer Art "englischem Bauhaus", wo er auch mit neun- und zehnjährigen Schülern über wegweisende zeitgenössische Bauprojekte diskutierte.
Deutscher Werkbund
Der Deutsche Werkbund, 1907 im Zusammenhang mit der aufstrebenden Industrialisierung gegründet, wird neben dem Bauhaus als ein weiterer Wegbereiter der Internationalen Moderne im angehenden 20. Jahrhundert angesehen. Er hatte und hat – 2007 wurde der 100-jährige Geburtstag gefeiert – das Ziel, gute Gestaltung im Zusammenspiel von Kunst, Handwerk und Industrie zu fördern und zu verbreiten. Funktionalität und Materialgerechtigkeit stehen dabei im Zentrum. Ab 1957 wurden, dem aufklärerischen und gesamtgesellschaftlichen pädagogischen Anspruch folgend, die sogenannten "Werkbundkisten" im Umlauf gebracht - tragbare Koffer mit sorgfältig verpacktem Originaldesign zum Be-greifen, darunter auch eine Kiste zum Thema Architektur und Stadtplanung mit Schautafeln wegweisender Architektur- und Stadtplanungsprojekte. Sie waren für den Verleih oder die Vorführung an Schulen gedacht, die im Rahmen der Unterrichtsbausteine Gestaltung, Design und Architektur durch die Kisten Unterstützung erfuhren. Sie wurden bis in die 1980er-Jahre hinein genutzt und dann eingestellt – einerseits ein gutes Zeichen, denn gute Gestaltung ist offensichtlich in der Gesellschaft angekommen, andererseits hatte sich der Einfluss erklärender und belehrender Schautafeln durch die Partizipationsansprüche der 1960er- und 1970er-Jahre abgeschwächt. Die Kofferidee hat sich als kreatives Unterrichtselement allerdings in weiterentwickelter Form gehalten.
Architects-in-schools-Bewegung
Die ‚Architects-in-schools’-Bewegung begann 1984 in Großbritannien, wo anlässlich des 150. Geburtstages des ‚Royal Institute of British Architects’ R.I.B.A. erstmals ein offizielles Kooperationsprogramm zwischen Architekten und Kindern initiiert wurde. Jake Brown, ein Londoner Architekt, war einer der Organisatoren und Initiatoren. Zuvor hatten die bewegten und bewegenden 1960er- und 1970er-Jahre den Blick stark auf stadtplanerische Sozialkonzepte, partizipatorische Beteiligungsmodelle und selbstgesteuerte Gruppen- und Nutzerprojekte gelenkt und u.a. zu den bekannten Partizipationsmodellen Planning for Real, Perspektivenwerkstatt, Zukunftswerkstatt, Mediation, Open Space, Runder Tisch, Planungszelle, Zukunftskonferenz, Lokaler Dialog geführt - Aufbruchstimmung, auch in der Pädagogik! Reform- und Gesamtschulen bildeten sich, neue Unterrichtsmethoden wurden entwickelt, und auch neue Schulbautypen. Diese ganzheitliche Verknüpfung drückt sich in der Architects-in-schools-Bewegung aus. Raus aus dem Elfenbeinturm – rein in die Schule als Lebensraum war die Devise.
Architekturvermittlung heute
Architektur in der Schule
Die Vermittlung von Architektur in der Schule (in Deutschland) findet bis heute im Regelunterricht in begrenzten Unterrichtsfeldern - hauptsächlich im Rahmen des Kunstunterrichts, und das auch erst im Fachunterricht ab Jahrgangsstufe 5 - statt. Ein sehr gut geeigneter organisatorischer Rahmen sind dagegen die sogenannten "Projektwochen" in allen Klassenstufen, die fächerübergreifenden, themenbezogenen Unterricht ermöglichen und geradezu herausfordern. Architektur könnte jedoch gemäß ihrer enormen Themenvielfalt auch in ganz andere Unterrichtsfächer als nur in den Kunstunterricht einbezogen werden: z.B. in Mathematik (Geometrie, Raumkörper, Stadtkörper), Biologie (Bionik, Baubionik, Evolutionsgeschichte des Bauens), Geschichte (Baugeschichte), WAT Wirtschaft, Arbeit, Technik (Bautechnik, Konstruktion), PB Politische Bildung (Soziologie, Baupolitik, Bürgerbeteiligung, gemeinsames Wohnen und Leben…), Musik (Raumakustik, Klangkörper, Stadtgeräusche) u.a.. Es gibt gegenwärtig bereits eine Reihe von Schulbüchern, die diesen Anspruch überzeugend umsetzen, und es werden sicher noch mehr werden. Gleichzeitig mit der Vermittlung durch unterstützende Fachbücher wird Architektur auch verstärkt in die Ausbildung der zuständigen Pädagogen eingebaut. Gegenwärtig erleben wir also, wie bundesweit die Notwendigkeit einer Architekturvermittlung erkannt und gefördert wird. 16 verschiedene Lehrpläne und Unterrichtsstrukturen der Bundesländer sowie die Ausbildung der Pädagogen müssen jedoch noch weiter überarbeitet und angepasst werden.
Außerschulische Lernorte
Viele Institutionen (Kunst- und Architekturmuseen, z.B. Deutsches Architekturmuseum/ Frankfurt, Paul Klee Zentrum/ Bern), Berufsverbände (z.B. Architektenkammern von Bund und Ländern, UIA s. oben), Stiftungen (z.B. Bundestiftung Baukultur), Hochschulen (z.B. Bauhaus-Universität Weimar, Universität Cottbus/ Studiengang Architekturvermittlung) und weitere Initiativen (z.B. Wüstenrotstiftung) arbeiten gegenwärtig im Bereich der Architekturvermittlung auf weltweiter, europäischer, länderbezogener und regionaler Ebene. Verknüpfungen mit pädagogischen Institutionen und Personen sind dabei häufig und ebenfalls auf allen Ebenen vorhanden. Die aktiven Architekturvermittler/-innen sind größtenteils ausgebildete Architekten/-innen, kommen aber auch immer häufiger aus dem allgemeinen Kulturbereich (Museumspädagogik) mit Ausbildungen im Bereich Kunst- und Baugeschichte und Kulturvermittlung. Vielfach drückt sich der doppelte Ansatz von Architektur und Pädagogik auch in einer dualen Besetzung der Projektleiter/-innen mit entsprechender Berufsausbildung und Schwerpunktbildung im Projektverlauf aus. Finanzierung und Organisationsstruktur sowie Art und Anzahl der Beteiligten sind je nach Rahmenbedingungen oft sehr verschieden - was hier ein hohes ehrenamtliches Engagement erfordert, kann dort eingebunden sein in ein übergeordnetes europäisches Kulturprogramm. Auch die organisatorischen Rahmenbedingungen, finanziellen Möglichkeiten und Bedürfnisse der Projektbeteiligten sind sehr unterschiedlich.
Themen und Methoden der Architekturvermittlung
Die Themen der Architekturvermittlung sind entsprechend vielfältig, lassen sich aber in drei grundsätzliche Themengruppen einteilen:
a) Projekte zum gebauten Umfeld
Diese Projekte lenken die Wahrnehmung auf den vorhandenen gebauten Lebensraum. Die Maßstäbe der Bearbeitung reichen hier von der Analyse des eigenen Zimmers/der Wohnung über die Untersuchung des Lebensraumes Schule bis zur Erkundung des Wohnumfeldes oder ganzer Stadtquartiere und Stadtplanungen. Mit steigendem Maßstab erhöht sich hierbei der Abstraktionsgrad und somit die Altersgruppe der Schülerinnen und Schüler, worauf man in Themenauswahl und Methode achten muss. Eine wesentliche Methode dieses Projekttyps ist die Exkursion, die vor Ort z.B. mit Hintergrundinformationen, beteiligten Fachleuten und Stadtplänen ergänzt wird. Meistens wird sie kombiniert mit einer Workshop-Phase, die die zusammengetragenen Ergebnisse analysiert, auswertet und präsentiert. Ergänzend könnten hier etwa auch Interviews mit Bewohnern/-innen und Zeitzeugen/-innen oder ein Fotoprojekt durchgeführt werden. Stellvertretend für die bundesweit zahlreichen guten Projekte in diesem Bereich sollen hier einige Initiativen genannt werden:
AK NRW Im Jahr 2002 startete die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen das Aktionsprogramm "Architektur macht Schule!" "Ziel der Initiative ist es, Kindern und Jugendlichen ein Gespür für die Qualität ihrer gebauten Umwelt zu vermitteln und damit langfristig das öffentliche Bewusstsein für Baukultur zu schärfen." In diesem Rahmen werden alle Ebenen der angesprochenen Themen methodisch vielfältig bearbeitet und mit Lernmappen und Unterrichtsmaterial ergänzt.
AK Bayern Auch die Architektenkammer Bayern ist sehr aktiv im Bereich Architekturvermittlung und bietet ein vielfältiges Programm an: Kinderführungen, Klimadetektive, Erlebnis Denkmal und Bayernhören, ein akustisches Stadtprojekt, werden angeboten.
Geführte Stadtrundgänge Im Zusammenhang mit der Individualisierung und Imagepflege kultureller Besonderheiten von Städten wird eine Vielzahl geführter Stadtrundgänge, kleinerer Workshops und Ferienprojekte angeboten. Sie heißen "Entdeckungstour" (z.B. Hamburg ), "Stadtrallye" (z.B. Stuttgart) "Stadtspäher" (z.B. Ruhrgebiet), "Stadtsafari" (z.B. Region Rhein-Neckar), "Stadtdetektive" (z.B. München), Kinderstadtführung (z.B. Lübeck), Kindertour (z.B. Berlin)– – der Schwerpunkt auf der entdeckenden Erkenntnis ist deutlich erkennbar. Aktuell im Kommen ist die mediale Variante "Geocoaching" für Jugendliche (z.B. Stuttgart), bei dem die Stadt mit Hilfe von GPS-Geräten und Stadtplan erkundet wird.
b) Projekte zu einzelnen Themen aus der Architektur
Einzelne Architekturthemen lassen sich gut erfassen und sind überschaubar, sie eignen sich daher sehr gut auch für jüngere Kinder. Auffällig ist auch das gute Angebot an ergänzender Literatur, was wohl den selben Hintergrund hat. Dazu einige Beispiele:
Konstruktion Projekte zur Konstruktion münden oft in den Wettbewerb „höher, weiter, filigraner“ – Türme und Brücken sind daher die bevorzugten Bauaufgaben der Teilnehmenden. Der Rahmen sollte vorher über die Aufgabenstellung bezüglich Materialart (Papier, Holzstäbe, Strohhalme,…), Materialverbrauch, Verbindungsmitteln (kleben, stecken, binden - zugelassen oder nicht?) und Ziel gesetzt werden.
Material Die Materialwahl hat, auch baugeschichtlich, entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung, Gestaltung und Wahrnehmung von Architektur – sei es als Baukonstruktion, Objekt oder Oberfläche. Material und Form, Material und Farbe, Material und Akustik stehen oft in direktem Zusammenhang und bedingen sich gegenseitig.
Farbe Das Thema ist scheinbar vertraut, oft bearbeitet und doch sehr komplex. Durch seine Nähe zur Kunst ist die Abgrenzung als Architekturprojekt naturgemäß schwierig und doch ebenso wichtig – unsere gesamte Umwelt, und auch die Architektur – ist schließlich farbig.
Wahrnehmung Raumwahrnehmung gehört zu den schwierigen, wenig fassbaren Themen in der Architektur. Sie ist abhängig von architektonischen und räumlichen Faktoren, und vor allem von uns selbst. Jeder nimmt also Raum, und besonders einen bestimmten Raum, anders und individuell wahr. Projekte, die sich mit der Wahrnehmung befassen, stellen bestimmte Selbstverständlichkeiten infrage oder auch mal auf den Kopf.
c) Projekte mit fachübergreifendem Ansatz
Diese Projektgruppe nimmt spezielle Themen in den Mittelpunkt, die übergeordnet und auch fachübergreifend verknüpft sind. Der Seiteneinstieg über ein Thema, das im Kern eigentlich nicht als architekturrelevant wahrgenommen wird, führt zur Aktivierung anderer Methoden, die einbezogen werden. Dazu wieder einige Beispiele:
Musik Ohne Raum kein Hören. Klang, Geräusch und Ton stehen in unmittelbarer Verbindung zum Raum und werden nur im Zusammenhang wahrgenommen. Musikbezogene Architekturprojekte – oder architekturbezogene Musikprojekte – stellen diesen Zusammenhang in den Mittelpunkt. Sie arbeiten mit Methoden aus der Klangwelt- Oberflächenreflexion, Lautstärke, Klangqualität und Nachhall.
Tanz Raumwahrnehmung geschieht insbesondere durch Bewegung im Raum. Unser Körper befähigt uns mit allen Sinnen, den Raum erfahrbar zu machen. Was liegt da eigentlich näher, als den eigenen Körper für diese Raumerfahrung zu sensibilisieren?
Biologie Architektur ist Raumbildung, bildet Hüllen mit vielfältigen Schutzfunktionen und Anforderungen– und das gilt für unsere gesamte lebendige Tier-, Pflanzen- und Menschenwelt. Projekte zur Bau- und Architekturbionik bearbeiten verblüffende Zusammenhänge in den Bereichen Konstruktion, Statik, Form, Material, Farbe, Metapher, Soziologie, Stadtplanung und nutzen dafür auch für die Architektur unübliche naturwissenschaftliche Methoden.
Politik Architektur steht immer in gesellschaftspolitischem Zusammenhang. Besonders deutlich wird dies bei Projekten zu Stadtplanung und politischer Partizipation. 2012 findet so z.B. zum 8 Mal das Ferienprojekt FEZitty – Hauptstadt der Kinder im Berliner Kinder- Jugend- und Familienzentrum FEZ statt. 6 Wochen lang können Kinder und Jugendliche in einer selbst organisierten und gebauten Stadt ein komplexes Stadtleben gestalten. Architektur steht dabei nicht im Vordergrund, bildet jedoch die notwendige Verortung zum Gelingen der Stadt.
Literatur
Nadansky, Martina: Wie bauen Tiere? Wie bauen Menschen?, Mülheim a.d. Ruhr (?) seit April 2012 als download verfügbar.
Selbstständige Architektin, 2000 – 2007 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Wismar, intensive Beschäftigung mit Architekturvermittlung an Kinder und Jugendliche, aktives Mitglied der Gruppe "Kinder und Architektur" der Architektenkammer Brandenburg und der Bundesarchitektenkammer, eigene Projekte mit Kindern und Jugendlichen an Schulen und außerschulischen Lernorten, im Moment verstärkt zum Thema Architekturbionik.
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