Schwerpunkt des Engagements der Jeunesses Musicales in Mecklenburg-Vorpommern ist seit einigen Jahren der Themenkomplex "Musik und Holocaust" geworden. Dies begann mit Aufführungen von Hans Krasás Kinderoper "Brundibár", die im Ghetto Theresienstadt mehr als 50 Mal aufgeführt wurde. Der große Erfolg der insgesamt neun Aufführungen in Schwerin und in Odense führte dazu, dass die Kinder und Jugendlichen gemeinsam mit ihren Lehrkräften nach Israel fahren konnten und die Oper auch vor Überlebenden des Holocaust aufführten. Die unvergessliche Erfahrung brachte die Organisatoren dazu, sich zukünftig vor allem für die Verbreitung der Musik und den Brückenschlag zwischen jungen Menschen und den Holocaust-Überlebenden der 1. Generation einzusetzen.
Der Grundgedanke ist es, die Musik von Komponisten, die durch den Nationalsozialismus gelitten haben, verfolgt, verboten oder ermordet wurden, in das Bewusstsein von Künstlern/-innen und Publikum zu rücken. Er erhält durch den seit einigen Jahren auch international ausgeschriebenen Instrumental- und Gesangswettbewerb "Verfemte Musik" einen neuen Aspekt. Die positive Resonanz bei Teilnehmenden und Öffentlichkeit hat immer wieder den großen Bedarf an neuen Wegen der Erinnerungsarbeit gezeigt. Das Ziel ist aber nicht nur, jungen Menschen über die Musik einen Zugang zu diesem Kapitel der Geschichte zu verschaffen, sondern letztendlich auch, die Werke der Komponisten wieder zu dem zu machen, als was sie gedacht waren: Musik von Menschen für Menschen, ohne ein Prädikat wie "verfemt", "jüdisch", "bolschewistisch" oder "entartet".
Zur Methodik und Realisation der Projektarbeit "Verfemte Musik“ in Schwerin:
Der wichtigste Bestandteil einer erfolgreichen Projektarbeit ist die Kooperation mit Bildungsträgern, Wirtschaft und Politik. Die Kooperationspartner sind:
Allgemeinbildende Schulen
Musikhochschulen und Musikschulen
Universitäten (Musikwissenschaft und Historische Fakultät)
Kulturinstitute und Ausstellungshäuser
Ministerien und der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern
Stiftungen, Geldinstitute und private Förderer und Stifter
Vereine
Die Zielgruppen sind Schüler/-innen, Musikschüler/-innen, Studierende, aber auch junge Menschen, die in einem besonders schwierigen sozialen Umfeld leben und sozialpädagogisch betreut werden (“Xenos”-Projekt Schwerin), Lehrer/-innen mit den Fächern Deutsch, Geschichte und Musik und musikinteressierte Bürger/-innen der Stadt und in der Region.
Zu der Grundstruktur des Festivals "Verfemte Musik“ gehören
Ein Themenschwerpunkt: Werk und Leben eines verfemten Komponisten
Interpretationswettbewerb mit verfemter Musik durch besonders begabte junge Musikerinnen und Musiker
Zeitzeugengespräche an Schulen
Entwicklung von Ausstellungen und Schülermusiktheater
Aufführung von Solo- und Kammermusik-Konzerten – auch von Jazz- sowie Chor- und Orchesterkonzerten
Lesungen und Vorträge
Akquisition von Folgeveranstaltungen und Konzerten mit Konzertreisen oder Gastspielen
Neu ab dem Festivaljahr 2012 ist die Fokussierung auf Partnerschaften in Europa, dabei ist ein zentraler und innovativer Aspekt die Entwicklung eines länderübergreifenden Musiktheaterprojekts (ESTHER), die Ausrichtung eines Symposiums und erstmals eine begleitende Filmreihe in Kooperation mit dem Capitoleum Filmtheater in Schwerin. Ein Fortbildungstag für Multiplikatoren/-innen in der kulturellen Jugendbildung zum Thema Vermittlung wird in Kooperation mit der bpb entwickelt und angeboten.
Die Partnerländer im Jahr 2012 sind Österreich, Frankreich, Großbritannien und Finnland. Juroren und Zeitzeugen kommen aus Tschechien, Israel, USA und England
Ausblick
Der Vermittlungsaspekt im europäischen Kontext für Bildungsträger und Schulen sowie die weitere Erforschung unbekannter Musikwerke und die Aufarbeitung von Schicksalen verfemter Komponisten werden kontinuierlich verfolgt. Durch die Kontinuität dieser Projektentwicklung wird das Netzwerk erweitert. Absolventen/-innen der Hochschulen und Preisträger/-innen der Wettbewerbe sind Multiplikatoren und sollen zukünftig Sorge dafür tragen, dass im Sinne der Zeitzeugen die Erinnerung an das Schicksal verfolgter Menschen erhalten bleibt.