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Eine Didaktik für die Schule: Wie kann Politikunterricht für Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen gelingen? | bpb.de

Eine Didaktik für die Schule: Wie kann Politikunterricht für Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen gelingen? Inklusion in der Schule – ist das machbar?

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Sind heterogene Lerngruppen und ein anspruchsvoller Politikunterricht überhaupt miteinander vereinbar? Jeder Unterricht, der adressatenorientiert sein will, muss auch die Verschiedenheit der lernenden Menschen berücksichtigen. Doch oftmals fehlen Partizipationsmöglichkeiten an Schulen – das wurde in Denkwerkstatt 8 kritisch beleuchtet.

Volker Schwier moderiert Denkwerkstatt 8. (© Swen Rudolph/bpb)

In einer sogenannten "Ideenwerkstatt" erarbeiteten die Teilnehmenden zunächst in Kleingruppen, welche Vorschläge, Ideen und guten Beispiele sie für Inklusion in der Schule kennen und wie erste Schritte für einen gelungenen inklusiven Politikunterricht aussehen könnten. Dabei besprachen sie drei verschiedene Kernpunkte: "Lehrerinnen und Lehrer", "Schülerinnen und Schüler" sowie "politische Inhalte und Themen".

Ängste, Vorgaben, Druck – kritische Anmerkungen zum Schulsystem

Es wurde vor allem kritisch über den Punkt "Lehrerinnen und Lehrer" und darüber hinausgehend über das Schulsystem diskutiert. Zum Beispiel wurde angemerkt, dass das Lehrpersonal der Inklusion an sich oftmals eher skeptisch und mit Ängsten gegenüber stünde. Damit das eine Partizipation aller nicht erschwere, müssten Lehrkräfte Inklusion schon im Studium oder besser noch in der eigenen Schulzeit durch Beteiligungsmöglichkeiten selbst erleben und verinnerlichen.

"Lehrer lernen Fächer zu unterrichten, nicht Kinder", war ein Zwischenton aus der Gruppe. Die Lehrerschaft sei an curriculare Vorgaben gebunden – das beschränke viele Lehrende in ihren Lehrmöglichkeiten. So entferne man sich mit dem Unterricht auch von den Kindern als Individuen. Das dreigliedrige Schulsystem mache eine Inklusion von Anfang an außerdem schwer möglich, hieß es an anderer Stelle. Der Schulalltag müsse sich insgesamt vom "Selektionswahn" abkehren und entschleunigt werden, um ein freieres Lernen zu ermöglichen. Viele Kinder würden unter dem schulischen Druck leiden, der mit den hohen Anforderungen einhergehe. Inklusion bedeute dabei aber nicht, dass alle im Lernen langsamer würden, sondern dass neue Rahmenbedingungen und Zugänge geschaffen werden müssten, um auf die Bedürfnisse eines jeden Schülers einzugehen.

Gezielte Angebote für jedes Kind schaffen

Ein erster Schritt sein getan, weil es an einigen Schulen einen Wandel von konkreten Lernzielen hin zu Kompetenzzielen gegeben haben, also zur Honorierung von Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler. Die Umsetzung und das Verständnis davon sei jedoch noch nicht überall angekommen. Das gesamte Kollegium müsse besser sensibilisiert werden. Eine Schwierigkeit bestehe zum Beispiel auch darin, die Kinder mit besonderen Bedürfnissen als solche zu etikettiert werden. Schon das widerspreche schließlich der Inklusion. Vielmehr sollte eine Pädagogik im Fokus stehen, die die Ressourcen der Kinder individuell betrachtet und gezielte Angebote für jedes Kind schafft.

Eine Problem des Politikunterrichts sei zudem, dass er häufig einstündig unterrichtet werde. So könne die Vielfalt und Komplexität der Politik gar nicht aufgezeigt werden. Wenn dies schon strukturell nicht verankert sei, müsse man fächerübergreifend Partizipation vorleben und Mitbestimmungsmöglichkeiten schaffen, so ein Teilnehmer. Insgesamt sei Inklusion im (Politik-) Unterricht oftmals eine Frage der Haltung, die man vorleben müsse. Auf diese Weise könne man Kindern einen partizipativen Umgang miteinander lehren, der ihnen helfen würde, sich in der Welt zu orientieren.

Teilhabe im Kindesalter erlernen und für's Leben behalten

Ein Schulleiter einer Grundschule in Köln berichtete von dem gelungenen Beispiel aus seiner Schule, die seit längerer Zeit in altersgemischten Gruppen unterrichte. So herrsche bereits seit langem eine große Heterogenität unter den Schülerinnen und Schülern vor. Durch die Inklusion sei lediglich das heterogene Spektrum erweitert worden. Eine Ausbildung in Teilhabe beginne an seiner Schule im Kindesalter, erzählte er, indem besonderer Wert auf die Stärkung der Ich-Kompetenz bei Kindern gelegt werde und den Schülerinnen und Schülern Mitgestaltung durch Formate wie sogenannte "Klassenrunden" früh beigebracht würden. Dieses frühe Lernen von Teilhabemöglichkeiten in der Kindheit vereinfache es, dass politische Teilhabe im Erwachsenenalter gelebt werde.

Von Stefan Botters

Fussnoten