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Sich stark machen, sichtbar werden | bpb.de

Sich stark machen, sichtbar werden Vorhang auf – für Menschen mit Behinderung

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Die Teilnehmenden der Reise-Gruppen 10 besuchten zwei Projekte, die Menschen mit Behinderung stärken und fördern möchten. Die Plattform Rollenfang unterstützt behinderte Schauspieler und Schauspielerinnen in ihrer Arbeit. Das Berliner Aktionsbündnis ERW-IN möchte zur nachhaltigen Entwicklung der Erwachsenenbildung für Menschen mit Lernschwierigkeiten beitragen.

Rollenfang hat es sich zum Ziel gesetzt, Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft sichtbarer werden zu lassen, in dem sie mehr und vielfältigere Rollen in Film und Fernsehen spielen. Mitglieder von Rollenfang schilderten den Teilnehmenden der Besuchergruppe, wie dazu bestehende Kontakte in die Medienwelt genutzt werden und wie Schauspielerinnen und Schauspieler mit Behinderung aus- und weitergebildet und in ihrer Arbeit unterstützt und beraten werden.

Die Besuchergruppe diskutierte, wie die Darstellung von Menschen mit Behinderung in den Medien derzeit aussieht. Sie war sich einig, dass diese in den Massenmedien oft immer noch sehr eindimensional und undifferenziert sei.

Behinderung als Nebensache

Die Medienpräsenz von Menschen mit Behinderungen war auch Thema der Arbeitsgruppe am Nachmittag. Schauspielerinnen und Schauspieler mit Behinderung sollten nicht nur an Produktionen beteiligt werden, in denen Behinderung explizit thematisiert wird, sondern vermehrt auch Rollen übernehmen, bei denen die Behinderung nebensächlich, also selbstverständlicher Teil der gesellschaftlichen Realität ist. Zudem stellten Teilnehmende die Forderung, nicht nur behinderte Menschen vor die Kamera zu bringen, sondern auch endlich Behindertenvertreterinnen und Behindertenvertreter in Entscheidungsgremien vor allem der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten zu entsenden. Das Fazit der Diskussion war, dass es immer noch eine wichtige Aufgabe bleibe, gesellschaftliche Vielfalt auch in Film und Fernsehen abzubilden. In den Worten eines Teilnehmers: "Behinderte Menschen in Film und Fernsehen sichtbar machen!"

Inklusive Erwachsenenbildung

Das Aktionsbündnis Externer Link: ERW-IN ist aus einem Arbeitskreis am Lehrstuhl für Geistigbehindertenpädagogik der Humboldt Universität zu Berlin hervorgegangen. Es wurde gegründet, um das inklusive Bildungsangebot für Erwachsene in den Berliner Volkshochschulen auf- und auszubauen. Dazu unterstützt ERW-IN die Kursleitenden bei der Planung, Veröffentlichung, Durchführung und Auswertung von bedarfsgerechten inklusiven Kursen. Besonderes Interesse bei der Gruppe, die ERW-IN einen Besuch abstattete, erregte die Aussage des Projektleiters Amund Schmidt, dass die größte Nachfrage nach Kursen in den Bereichen Computer, Schreiben, Rechnen und Sprachen bestünde, während Kurse zu politischen Themen eher wenig genutzt würden.

Politische Themen auf Lebenswelten beziehen

Die Gruppenteilnehmenden regten hierzu an, politische Themen stärker an konkrete Fragestellungen mit Bezug zur Lebenswelt der Menschen mit Behinderung anzubieten. "Wie kann ich Bundeskanzler oder Bundeskanzlerin werden?", lautete zum Beispiel ein Vorschlag für einen Kurs zum politischen System der Bundesrepublik Deutschland. In der Arbeitsgruppe am Nachmittag wurde auch überlegt, was die Gründe für das vermeintlich geringe Interesse an inklusiven Kursen zu politischen Themen sein könnten. Als ein möglicher Grund wurde genannt, dass für viele Menschen mit Behinderungen schon die Selbstbestimmung in ihrem Lebensalltag teilweise erschwert werde und ihnen die Mitbestimmung in politischen Gremien daher umso problematischer erscheine. Es wurde aber auch diskutiert, ob es nicht generell an Kommunikationsgelegenheiten zu politischen Themen für Menschen mit Behinderungen mangelt.

Von Simon Wester

Fussnoten