An den jeweiligen Zielen angekommen, erhielten beide Gruppen die Möglichkeit, die Gedenkorte zu erkunden, wobei sie von ausgebildeten Führerinnen begleitet wurden. So bekamen die Teilnehmenden am Denkmal für die ermordeten Juden Europas zunächst eine kurze Einführung und hatten dann die Möglichkeit, das Denkmal selbst zu sehen, zu berühren, zu durchlaufen oder zu spüren.
"Ein scheinbar uniformes Feld ist doch so unterschiedlich"
Die Stärke von Denkmälern und Gedenkstätten ist es, dass sie Menschen direkt ansprechen und dabei individuelles Wissen und Erfahrungen abrufen. Gedenkorte lassen sich auf unterschiedliche Art entdecken und im besten Falle mit allen Sinnen wahrnehmen. Diese Vielfalt an Erlebensmöglichkeiten spricht Menschen unabhängig davon an, wie sie am besten Informationen aufnehmen und Wissen abrufen können.
Die Teilnehmenden äußerten also ihre Eindrücke und Gedanken zu den Besonderheiten und Intentionen der Gedenkorte, die sie für sie selbst widerspiegelten. So zog eine Teilnehmerin Parallelen zwischen dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas, das aus vielen verschieden hohen Steinblöcken besteht, und der Menschheit an sich, beide seien durch Unterschiede geprägt. Nach dem Gespräch über die individuellen Erfahrungen wurde der Gruppe anschließend ein Einblick in die pädagogische Arbeit des Gedenkstättenortes gegeben.
Geschichte für alle Menschen erfahrbar machen
Innerhalb der später vereinten Arbeitsgruppe wurden verschiedene Punkte miteinander diskutiert und konkrete Forderungen formuliert. Zum Beispiel wurde auf die Unterscheidung zwischen Fachwissen und Erfahrungswissen aufmerksam gemacht. Auch Personen mit anderen Lernmöglichkeiten verfügten schließlich über individuelles Erfahrungswissen, welches angesprochen werden könne. Hier sei ein großes Potenzial für inklusive Bildung an Gedenkorten vorhanden.
Es wurde in der Gruppe außerdem festgestellt, dass alle Interessierten von einer Reduktion theoretischer Vorträge profitieren würden. Oft brauche es kein umfangreiches fachliches Vorwissen, um für Geschichte zu sensibilisieren. Viel eher sollten Denkmäler selbst entdeckt werden können – gerne in Abwechslung mit inhaltlichem Input. Kompetentes pädagogisches Personal vor Ort stellte für die Gruppenmitglieder aber in jedem Fall eine wichtige Bedingung dar, insbesondere bei heterogenen Gruppen, in denen auf verschieden tiefes Vorwissen und besondere Bedürfnisse geachtet werden müsse. Für die Vermittlung fachlicher Inhalte wurden zwei Empfehlungen formuliert: zum einen, dass Geschichte verstärkt multimedial vermittelt werden sollte. Zum anderen, dass Geschichte durch konkrete Fallbeispiele erfahrbarer gemacht werden könnte.
Bildung für, mit und von Menschen mit anderen Lernmöglichkeiten
Großes Interesse galt auch der Tatsache, dass an den besuchten Gedenkorten keine Personen mit Lernschwierigkeiten angestellt sind. Deshalb wurde von den Teilnehmenden der Wunsch nach Ansprechpartnern und Bündnissen vor Ort geäußert. Durch Austausch und Kooperationen mit Menschen mit Behinderung könnten Unsicherheiten von Institutionsseite schließlich abgebaut und ein dauerhaft hochwertiges inklusives Angebot gestaltet werden, so wurde es aus der Gruppe heraus formuliert. Hier erklärten die in der Arbeitsgruppe anwesenden Vertreterinnen der Gedenkorte, dass dazu mehr finanzielle Ressourcen benötigt würden, was Teilnehmende auch unterstützen. Abschließend ließ sich der Grundtenor der Arbeitsgruppe neben verschiedenen Verbesserungsvorschlägen mit der Aussage eines Teilnehmers zusammenfassen: "Denkmäler bieten die Möglichkeit, dass Leute mit noch so unterschiedlichem Vorwissen und Zugängen etwas mitnehmen können."
Von Ann Borgwardt