Nach dem Krieg wurde niemand für die Morde in Lyngiades zur Rechenschaft gezogen. Zwar wurde Hubert Lanz, der verantwortliche General, im „Prozess Generäle in Südosteuropa“
Lanz hatte als Vergeltung für Josef Salminger, der durch eine Straßensperre der Partisanen zu Tode gekommen war, mit Tagesbefehl vom 1.10.1943, also drei Tage vor dem Massaker in Lyngiades, angeordnet: „Ich erwarte, dass die 1. Gebirgs-Division diesen ruchlosen Banditenmord an einem unserer besten Kommandeure in einer schonungslosen Vergeltungsaktion in 20 km Umkreis der Mordstelle rächen wird. Unterzeichnet: Der Kommandierende General: Lanz“ (a.a.O., S. 269) . Dieser Sühnebefehl lag dem Gericht als Beweismaterial vor. Lanz wurde mehrmals dazu befragt, aber er redete sich raus: „Ich persönlich erinnere mich an derartige Geiselerschießungen oder Repressalien, von denen Sie sprechen, nicht.“ (aus: Protokoll seiner Vernehmung, a.a.O., S. 281f.). Bereits 1952 wurde Lanz aus dem Gefängnis in Landsberg entlassen. Er war wie zahlreiche andere in Nürnberg Verurteilte vom amerikanischen Hohen Kommissar für Deutschland, John McCloy, auf vielseitigen öffentlichen Druck begnadigt worden. Ein solcher Akt lag nach Beginn des Kalten Krieg auch im politischen Interesse der USA. Damit wollte sie die Zustimmung zur Wiederbewaffnung Westdeutschlands erhöhen, die in der deutschen Nachkriegsgesellschaft durchaus umstritten war.
Lanz trat in die FDP ein, beriet diese in militärischen und sicherheitspolitischen Fragen und kandidierte für die Partei sogar zum Bundestag. Nach der Wiederbewaffnung wollte er in die Armee zurückkehren, was am US-amerikanischen Widerspruch scheiterte. So wurde er Chronist der 1. Division der Gebirgsjäger von 1935-1945 und gründete den „Kameradenkreis der Gebirgstruppe“.
Nach 1965 gab es eine zweite Chance der juristischen Aufarbeitung des Massakers in Lyngiades und anderen Orten in Griechenland. Die deutsche Justiz sah sich in der Pflicht, die Strafverfolgung von Kriegsverbrechen in Griechenland selbst zu übernehmen, nachdem die Bundesrepublik Deutschland vom griechischen Außenministerium eine große Anzahl von Unterlagen über Verbrechen deutscher Staatsangehöriger während des 2. Weltkriegs erhalten hatte. Aber kein Verfahren führte zu einer Verurteilung.
In Folge ermittelte von 1968/69 die Staatsanwaltschaft München gegen Lanz, der damals in München-Fürstenfeldbruck wohnte. Das Bundesjustizministerium in Bonn hatte einen seiner beeidigten Dolmetscher damit beauftragt, die Unterlagen auszuwerten. An ihn und nicht etwa an einen Juristen im Ministerium richteten sich der Münchner Staatsanwalt seine Fragen.
„Die Antwort des Dolmetschers reichte der Münchner Staatsanwaltschaft aber aus, das Verfahren gegen Lanz nach § 170, Abs. II StPO endgültig einzustellen. Die Ermittlungen hätten keinen 'genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage geboten ́. Griechische Behörden um Rechtshilfe zu ersuchen, wird im Münchner Justizpalast auch nicht für notwendig erachtet, weil keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für strafbare Handlungen des Beschuldigten vorliegen ́“ (a.a.O., S. 292).
In der Begründung der Verfahrenseinstellung nimmt die Staatsanwaltschaft auch Bezug auf Lyngiades. „In dem Falle Lingiades handelte es sich um eine Säuberungsaktion gegen ein Partisanendorf, in dessen Verlauf die Ortschaft durch Beschuss ganz oder teilweise in Flammen aufging und in Teil der dort befindlichen Bewohner dabei umkam. Ob und wieweit es sich um Nahkämpfe bei der Wegnahme des Ortes gehandelt hat, an denen sich wahrscheinlich auch Zivilpersonen beteiligt haben, ist heute im Einzelnen nicht mehr feststellbar“ (a.a.O., S. 297f.).
Hierzu schreibt Christoph Schminck-Gustavus: „Mit solchen und ähnlichen Begründungen sind damals zahllose Ermittlungsverfahren gegen Kriegsverbrecher eingestellt worden; die Schutzbehauptungen der Täter wurden kurzerhand übernommen. Eine Rechtshilfe griechischer Behörden, die der Münchner Staatsanwaltschaft durch Vernehmungen griechischer Opfer-Zeugen das tatsächliche Geschehen hätte nahebringen können, wurde für überflüssig gehalten. Das allgemeine Klima des Vergessens und Verdrängens beherrschte auch die Münchner Amtsstuben“ (a.a.O., S. 298).
Ausdruck dieser Nachkriegsrelativierung war es auch, dass bereits 1951 das Spruchkammerverfahren gegen Lanz eingestellt worden war. In der Begründung der Spruchkammer in Landsberg heißt es: „Der Betroffene gehörte weder der Partei noch einer ihrer Gliederungen an.... Aus den eidesstattlichen Versicherungen geht hervor, dass er nationalsozialistischen Tendenzen nicht huldigte, unpolitisch und immer Soldat war, der auch der katholischen Religion, in der er erzogen war, dieTreue hielt“ (a.a.O., S. 295).
Vielleicht wären der Prozess in Nürnberg und das Ermittlungsverfahren in München anders verlaufen, wenn Zeugen aus Lyngiades ausgesagt hätten. Durch ein Schreiben von Felix Bourier, einem ehemaligen Wehrmachtsangehörigen und späteren Pater, wussten sie, dass in Nürnberg 1947 deutsche Generäle, unter ihnen Hubert Lanz, angeklagt waren. Aber keiner der Überlebenden hatten den Mut und das Geld, ohne Zeugenvorladung und ohne Begleitung nach Nürnberg zu fahren.