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Headliner: Novinews | Games zur politischen Bildung | bpb.de

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Headliner: Novinews Rezension

Alexander Zart

/ 5 Minuten zu lesen

In Ländern mit staatlicher Zensur werden Nachrichten gefiltert und zur systematischen Manipulation der öffentlichen Meinung missbraucht. In diesem dystopischen Spiel sind wir es, die die Zeitungsartikel zensieren.

Auf der Straße wird deutlich, wie die Menschen auf die künstlich verzerrte Nachrichtenlage reagieren. (© Headliner: Novinews/ Unbound Creations / eigener Screenshot)

Zusammenfassung

"Headliner: Novinews" rückt den Fokus auf die Beziehung von Massenmedien und Öffentlichkeit. Hautnah erleben wir, wie unsere Entscheidungen über zu veröffentlichende (Fake) News das öffentliche Leben und die öffentliche Meinung beeinflussen. Es zeigt uns, wie schnell in der Bevölkerung Fremdenhass gesät werden kann, wie schnell Produkte durch öffentliche Werbung zu einem regen Konsum gebracht werden und wie der Leumund von Personen öffentlichen Interesses durch die Medien zerstört oder gestärkt werden kann. Damit bildet "Headliner: Novinews" eine sehr anschauliche Darstellung des Bezugssystems zwischen Menschen und Massenmedien und der Auswirkungen staatlicher Zensur.

In "Headliner: Novinews" entscheiden wir über Fakten und Fiktion. Wir wechseln aus unserer bekannten Rolle des Empfängers von Nachrichten in die Rolle des Redakteurs, der die Veröffentlichung von Nachrichten mitgestaltet. Dabei verfassen wir zwar selbst keine Artikel, entscheiden aber darüber welche Nachrichten zur Veröffentlichung kommen und welche Informationen wir lieber unter den Teppich kehren möchten, sei es aus gesellschaftlichen, geschäftlichen oder privaten Gründen.

Zu Beginn eines jeden Tages entscheiden wir in unserer Redaktion, welche Nachrichten an die Öffentlichkeit gelangen und prägen so das Meinungsbild der Bevölkerung. Die Auswirkungen erleben wir bereits direkt nach Dienstschluss auf den Straßen. (© Headliner: Novinews/ Unbound Creations / eigener Screenshot)

In "Headliner: Novinews" leiten wir die Redaktion der größten Nachrichtenzeitung im dystopischen Novistan. Der Ablauf des Spiels ist sehr einfach und stringent. An jedem der vierzehn Spieltage beginnen wir in der Redaktion mit einem Gespräch mit unserem Chef, der uns lobt oder rügt für veröffentlichte oder zurückgehaltene Artikel. Verärgern wir den Boss dreimal, ist die Karriere beendet. Nach dem morgendlichen Gespräch wählen wir aus mehreren Artikeln und entscheiden, ob diese in die Veröffentlichung kommen oder im Papierkorb landen. Thematisiert werden hier Berichte über den Premierminister Novistans, der sich im Laufe der Geschichte zu einem fremdenfeindlichen Despoten entwickelt, über einen neuen Szenedrink, der zu Abhängigkeit führt und zu gesundheitlichen Problemen an der zum größten Teil genetisch veränderten Bevölkerung führen kann, und schließlich Nachrichten über eine mysteriöse Epidemie, die die Bevölkerung befällt und das Gesundheitssystem vor große Herausforderungen stellt.

Nach der Arbeit treffen wir auf dem Weg nach Hause täglich auf drei Personen, deren Einzelschicksale von unseren Entscheidungen direkt beeinflusst werden: Unsere Kollegin Evie, die gesundheitliche Probleme hat und unter dem wachsenden Fremdenhass leidet, unseren Bruder Justin, der als aufstrebender Comedian langsam unter den süchtig machenden Einfluss des neuen Szenegetränks gerät, und Ladenbesitzer Rudy, der durch den Bau eines großen Supermarktes in der Nachbarschaft um seine Existenz kämpft und ein kleines Mädchen zu versorgen hat. Alle unsere Entscheidungen beeinflussen diese Nebencharaktere und die ganze Welt von Novistan direkt und verdeutlichen die Macht der modernen Medien.

Die Spielmechanik von "Headliner: Novinews" ist in Bezug auf die Steuerung simpel. In der zweidimensionalen Welt bewegen wir uns lediglich in der horizontalen Ebene durch die Stadt Novistan, sprechen Nachbarn per Tastendruck an und wählen aus mehreren Antwortmöglichkeiten. In der Redaktion können wir per Knopfdruck Nachrichten zulassen oder verwerfen.

Inhaltlich wird es dahingegen schon schwieriger. Zu den komplizierten Wirkungen, die unsere Veröffentlichungen auf die Bevölkerung und deren Meinungsbild haben, kommt der Umstand, dass keine deutsche Sprachversion angeboten wird. Also forsten wir uns auf unserer Reise durch Novistan auch durch das ein oder andere Wörterbuch, um der komplizierten Terminologie des Spiels Herr zu werden.

In "Headliner: Novinews" ist nur eine englische Textausgabe implementiert. Spielende, die nicht über die nötigen Sprachkenntnisse verfügen, werden Schwierigkeiten haben, das Spiel inhaltlich vollständig zu erfassen. (© Headliner: Novinews/ Unbound Creations / eigener Screenshot)

Die Atmosphäre in Novistan ist sehr reaktiv und eindringlich gestaltet. So führt unsere Nachrichtenauswahl direkt zu einer Reaktion der Bevölkerung und der Regierung. Je nachdem, wie wir das Spiel spielen, befinden wir uns am Ende entweder in einem anarchistischen Gebiet, in dem Molotowcocktails, brennende Supermärkte und Aufstände an der Tagesordnung sind, oder wir sorgen für die Entwicklung eines autoritär geführten Regimes, das durch Polizei-, Drohnen- und Waffengewalt seine Bevölkerung zur Ruhe zwingt und in dem Suizid zum täglichen Dasein gehört.

Ein weiteres verdichtendes Element bildet eine mysteriöse Gruppierung, die Druck auf uns ausübt, um uns zu drängen, uns gegen die Regierung und unseren Chef aufzulehnen und strikt die Wahrheit zu veröffentlichen, um den Einwohnern Novistans die Augen zu öffnen.

Die mysteriösen Männer in schwarzen Anzügen tauchen von Zeit zu Zeit im Spiel auf und versuchen uns zu überreden, ihre Artikel in unserer Zeitung zu veröffentlichen. Diese sollen die vermeintliche Wahrheit über die Machenschaften Novistans beinhalten und der Bevölkerung die Augen öffnen. (© Headliner: Novinews/ Unbound Creations / eigener Screenshot)

Trotz der einfachen Grafik sind diese dystopisch gestalteten Szenarien sehr verstörend und beklemmend. Die Atmosphäre ist sehr immersiv gestaltet und erinnert teilweise an heutige Ausschreitungen in Folge der COVID 19-Pandemie. Im Übrigen wird im Spiel ebenfalls eine Epidemie thematisiert, deren Ursachen weitgehend unbekannt sind, die aber die Bevölkerung stark beeinträchtigt. Parallelen zur aktuellen Coronasituation sorgen für ein sehr immersives Spielerlebnis und der Umstand, dass "Headliner: Novinews" lange vor der Pandemie erschienen ist, sorgt dafür, dass die abgebildeten Auswirkungen der Pandemie und der Umgang der Nachrichten damit verblüffend realistisch anmuten.

In Novistan ist eine Epidemie ausgebrochen, deren Folgen sich auf die komplette Bevölkerung auswirken und zu zahlreichen Einschränkungen führen. Parallelen zu unserer heutigen Alltagssituation mit COVID 19 sind unverkennbar und geben dem Spiel eine sehr realistische Note. (© Headliner: Novinews/ Unbound Creations / eigener Screenshot)

Ein Durchlauf von "Headliner: Novinews" dauert circa 2-3 Stunden. Dies hängt auch von den Englischsprachkenntnissen ab. Sind diese eher gering, wird die Spielzeit durch zusätzliche Zeit bei der Wörterbuchsuche verlängert.

Inhaltlich ist das Spiel anspruchsvoll, da es zahlreiche abstrakte Themen gibt, die im Spiel behandelt werden, und wir uns im Vorfeld Gedanken machen müssen, ob wir einen Artikel veröffentlichen und wie die Öffentlichkeit auf diesen reagieren wird. Jedoch kann dies nicht zum vorzeitigen Gameover führen. Unterschiedliche Schwierigkeitsgrade gibt es nicht, in "Headliner: Novinews" geht es stattdessen um das Erfahrbarmachen von Auswirkungen des medialen Inputs.

KurzinfosHeadliner: Novinews

  • Genre: Simulation

  • Herausgeber: Unbound Creations

  • Plattform: PC, Playstation 4, Xbox One, Xbox Series X/S, Nintendo Switch

  • Erscheinungsdatum: 23. Oktober 2018

  • USK: nicht geprüft

  • bpb-Empfehlung: ab 16 Jahren

Pädagogische Einschätzung

"Headliner: Novinews" richtet sich vor allem an Erwachsene, da die Abstraktheit des Einflusses von Medien und auch die Auswirkungen von Nachrichten auf die Bevölkerung für jüngere Spielende nur schwer greifbar sind.

Hinzu kommt, dass die englische Sprachausgabe viele Spielende vor ein Problem stellt. Ohne Wörterbuch sind einige Dialoge mit durchschnittlichen Fremdsprachenkenntnissen nur schwer zu verstehen. Daher gestaltet sich auch eine Implementierung von "Headliner: Novinews" in den deutschsprachigen Unterricht als schwierig. Inhaltlich können Schülerinnen und Schüler der zehnten Klasse hier sicherlich einen Zugang zu dem Spiel aufbauen, da es ein anschauliches Beispiel liefert, wie Medienzensur die öffentliche Meinung nicht nur beeinflussen, sondern diese regelrecht beherrschen kann. Dahingehend ist "Headliner: Novinews" im Universum der Videospiele ein pädagogisch sehr gutes Beispiel, um dieses Werkzeug autokratischer Regierungen zu veranschaulichen.

Aufgrund der Komplexität der Thematik in Verbindung mit der englischen Sprachausgabe eignet sich "Headliner: Novinews" am ehesten für den Einsatz im Unterricht der gymnasialen Oberstufe. Dort könnte es sowohl im Unterricht der Politischen Bildung als auch im Englischunterricht Einzug halten. Der Fokus könnte hier auf der Analyse von Wirkungen der Massenmedien auf die Bevölkerung liegen und wie weit die im Spiel dargestellten Inhalte realitätsnah oder -fern sind und welche Parallelen sich zum aktuellen Alltag und Zeitgeschehen ziehen lassen. Zum Beispiel: Wie kann es sein, dass ein- und dieselbe Invasion, die in Ländern mit unzensierter Presse als menschenverachtender Angriffskrieg zur Unterdrückung einer aufstrebenden Demokratie verstanden wird, andernorts als angebliche "Spezialoperation" gegen Nazis glorifiziert werden kann? Die in autokratisch regierten Staaten ausgeübte Kontrolle und Manipulation der Medien gibt darauf eine Antwort, und "Headliner: Novinews" gelingt es, diese greifbar zu machen.

Altersempfehlung

Das Spiel zeigt zwar keine Gewaltszenen und selbst der kollektive Suizid, den einige Menschen im Spiel begehen, wird nur abstrakt dargestellt. Dennoch ist der thematische Schwerpunkt inhaltlich zu anspruchsvoll, als dass Jugendliche unter 16 Jahren das Spiel gewinnbringend durchdringen können. Hinzu kommt, dass das englische Vokabular eines Schülers oder einer Schülerin vor Vollendung des 16. Lebensjahres im Durchschnitt nicht genügend ausgeprägt ist, um die textbasierten Dialoge in Gänze zu erfassen.

Fussnoten

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Alexander Zart ist Lehrer an der Oberschule mit Grundschule Carl-Friedrich Grabow im brandenburgischen Prenzlau. Zuvor hat er Sonderpädagogik mit den Fächern Deutsch und Geschichte studiert.