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Mission 1929 – Freiheit unter Druck | Games zur politischen Bildung | bpb.de

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Mission 1929 – Freiheit unter Druck Rezension

Juliane Lippok

/ 5 Minuten zu lesen

Die Weimarer Republik feiert ihren zehnten Geburtstag, doch die junge Demokratie ist in Gefahr. Wir unterstützen die fiktive Journalistin Eva Neumann bei ihrem Kampf für die Demokratie in den Jahren 1929 bis 1933.

Angesichts der schrittweisen Demontage der ersten deutschen Demokratie durch die Nationalsozialisten versuchen wir, unsere Mitmenschen mit Flugblättern wachzurütteln. (© Mission 1929 – Freiheit unter Druck / Weimarer Republik e. V. / eigener Screenshot)

Zusammenfassung

„Mission 1929 – Freiheit unter Druck“ schafft es mit gelungenen Spielmechaniken, zur Auseinandersetzung mit dem Niedergang der Weimarer Demokratie zu motivieren.

Die begleitenden Lehrmaterialien vereinfachen den pädagogischen Einsatz, ebenso wie der niedrigschwellige Zugang zum Spiel. Ergänzend sollte thematisiert werden, was Demokratien so schützenswert macht.

Die Handlung setzt mit dem zehnjährigen Bestehen der Interner Link: Weimarer Republik 1929 ein und endet mit dem Interner Link: Ermächtigungsgesetz, das am 23. März 1933 vom Reichstag beschlossen wurde. Wir schlüpfen in die Rolle der jungen Journalistin Eva Neumann. Eva spricht mit ihren Kontakten aus verschiedenen Gesellschaftsschichten über aktuelle Ereignisse. Das zentrale Thema ist die Gefährdung der Demokratie durch revanchistische Kräfte und extremistische Strömungen des linken und rechten Spektrums. Evas Ziel ist es, Botschaften zu generieren, die möglichst viele Menschen interessieren. Auf dieser Grundlage druckt sie Flugblätter.

Das Startmenü befindet sich passend zum historischen Kontext auf einer Litfaßsäule. Im Vorspann erwachen historische Fotos in einem Album zum Leben. Gezeigt werden dabei zeitgenössische Filmaufnahmen zur ersten deutschen Republik und bedeutenden Entwicklungen der 1920er Jahre in den Bereichen Kultur und Wissenschaft. Als besondere Errungenschaft wird die Pressefreiheit erwähnt und Bedrohungen der Demokratie durch extremistische Strömungen gegenübergestellt.

Im Vorspann stellt sich auch die Protagonistin vor und führt im anschließenden Tutorial in die grundlegenden Spielmechaniken ein. Wir spielen aus der Egoperspektive, wobei ein netter Kniff ist, dass der Spiegel in Evas Druckwerkstatt es uns ermöglicht, einen Blick auf die Protagonistin zu werfen. Die Identifikation mit der Spielfigur wird ein wenig dadurch gebrochen, dass Eva gleichzeitig erklärt, was zu tun ist. Dadurch entsteht der Eindruck, man würde sie eher begleiten, als sie zu verkörpern.

Beim Klick auf das Kartensymbol im oberen rechten Bildrand öffnet sich eine Karte, auf der die verschiedenen Kontakte von Eva markiert sind. (© Mission 1929 – Freiheit unter Druck / Weimarer Republik e. V. / eigener Screenshot)

Ein Klick auf die Karte ermöglicht es uns, Evas Kontakte zu besuchen und zu befragen. Die fünf Charaktere aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und mit unterschiedlichen politischen Überzeugungen sind: Adolph Nießen (Arbeiter), Valentin Kreuzer (Bankangestellter), Martha Kleist (Hausfrau), Jasper von Hagenow (Oberst a. D.) und Karl Seidel (Jugendlicher/Arbeiterjunge). Gesprächsanlass sind Medien und Gegenstände unterschiedlicher Art, etwa Plakate, Briefe oder Lautsprecheransagen.

In den Szenen finden sich Hinweise auf aktuelle Ereignisse. Dabei wird auch auf Originaldokumente zurückgegriffen. (© Mission 1929 – Freiheit unter Druck / Weimarer Republik e. V. / eigener Screenshot)

Immer wenn Interaktion mit Personen oder Gegenständen möglich ist, erscheinen diese weiß umrandet und blinken. Alle Meldungen, die sich im Gespräch ergeben, werden an den unteren Bildrand gepinnt. Durch einen Klick auf die Druckmaschine am unteren rechten Bildrand kehren wir in Evas Werkstatt zurück. Nun können wir auswählen, welche Meldung in ein Flugblatt umgewandelt und auf einer Litfaßsäule veröffentlicht werden soll. Je mehr Menschen sich um die Litfaßsäule versammeln, um die Nachricht zu lesen, desto mehr Punkte sammeln wir. Maximal fünf Punkte sind möglich. Das entspricht den fünf Bevölkerungsgruppen, die von den Spielcharakteren repräsentiert werden.

Flugblätter werden an einer Litfaßsäule veröffentlicht. Je mehr Menschen sich dort versammeln, desto mehr Punkte gibt es.

Es lohnt sich also die Meldungen auszuwählen, von denen die meisten Kontakte berichtet haben. Die Auswahl will gut überlegt sein, denn das bedruckbare Papier ist auf zehn Einheiten begrenzt. Zeitdruck bringt Dynamik ins Spiel, denn die Nachrichten verfallen nach einer gewissen Zeit.

Evas Werkstatt – rote Nachrichten sind bald nicht mehr aktuell. (© Mission 1929 – Freiheit unter Druck / Weimarer Republik e. V. / eigener Screenshot)

Während wir im Zeitraffer die Jahre durchschreiten, zeigt eine Uhr am oberen linken Bildrand die verbleibende Spielzeit an, darunter sind Jahr und Monat zu lesen. Nach 45 Minuten bzw. nachdem das Papier aufgebraucht ist, endet das Spiel mit dem Epilog (Spielzeit insgesamt 60 Minuten). Anhand von originalen Tonaufnahmen, die Eva kommentiert, erfahren wir vom sogenannten Ermächtigungsgesetz. Das Schicksal Evas und ihrer fünf Kontaktpersonen wird ebenfalls im Epilog kurz geschildert. Das Spiel kann in allen gängigen Browsern gespielt werden und ist ebenso wie die Begleitmaterialien kostenlos unter Externer Link: Mission 1929 - Freiheit unter Druck verfügbar.

KurzinfosMission 1929 – Freiheit unter Druck

  • Genre: Adventure, Simulation

  • Herausgeber: Weimarer Republik e. V.

  • Plattform: Browser

  • Erscheinungsdatum: 23. Januar 2023

  • USK: nicht geprüft

  • bpb-Empfehlung: ab 12 Jahren

Pädagogische Einschätzung

Mission 1929 – Freiheit unter Druck wurde vom Verein Weimarer Republik e. V. für den Einsatz im Schulunterricht in den Klassenstufen 9 bis 13 konzipiert. Als Serious Game hat es ein klares didaktisches Ziel, nämlich Bedrohungen der Demokratie in der Weimarer Republik aufzuzeigen und zum Schutz der Demokratie beizutragen.

Die Prämisse des Spiels erscheint dabei allerdings problematisch. Im Vorspann wird die Pressefreiheit als Errungenschaft der Weimarer Republik betont – auch die Protagonistin ist Journalistin. Es wäre also zu erwarten, dass das Spiel sich bemüht, journalistische Arbeit darzustellen. Laut der Externer Link: International Federation of Journalists ist journalistische Arbeit dem Recht auf Information und der Wahrheit verpflichtet. Unabhängige Journalistinnen und Journalisten recherchieren und informieren zu verschiedenen Sachverhalten, wobei sie durchaus Missstände aufdecken können. Auf diese Weise tragen sie zur Meinungsbildung bei. Das Drucken von Flugblättern, die keine Informationen, sondern "Botschaften" enthalten und somit in erster Linie beeinflussen sollen, gehört nicht in diesen Arbeitsbereich. Auch in den Lehrmaterialien wird Eva folgerichtig als "Influencerin" bezeichnet. Dass diese Ebenen im Spiel vermischt werden, ist bedenklich.

Davon abgesehen macht das Spiel vieles richtig. Da es sich um ein kostenloses Browserspiel handelt, ist es nahezu unabhängig von vorhandener Hardware für alle verfügbar. Die beiden Spielmodi machen es möglich, das Spiel sowohl einzeln als auch im Klassenverband zu spielen. So können die erspielten Highscores verglichen werden, was die Motivation fördert.

Allerdings ist das entscheidende Kriterium für die Punktevergabe die Anzahl der Menschen, die eine Meldung an der Litfaßsäule lesen. Reichweite wird als das Qualitätsmerkmal von Evas Botschaften definiert, sodass der Eindruck entsteht, diese müsste mit allen Mitteln hergestellt werden. Die Relevanz von Ereignissen, die möglicherweise nicht in aller Munde sind, aber dennoch demokratiezerstörend wirken könnten und gerade darum veröffentlicht werden müssten, wird vernachlässigt.

Die Steuerung ist einfach und intuitiv. Insbesondere die Spielmechanik ist gelungen. Sie verbindet Zeit- und Materialknappheit und sorgt so für einen dynamischen Spielablauf. Dass die Nachrichten nur verwendet werden können, solange sie aktuell sind, entspricht durchaus den Anforderungen an journalistische Arbeit. Lediglich die mangelnde visuelle Abgrenzung der einzelnen Jahre erschwert es den Spielenden, die Ereignisse den Zeitabschnitten zuzuordnen.

Bei den Befragungen äußern die Kontaktpersonen ihre Meinungen zu den entsprechenden Ereignissen. Nicht immer ist klar nachzuvollziehen, welche Motivationen hinter den Überzeugungen stehen. Gut gelingt das beispielsweise bei dem Jugendlichen Karl Seidel. Es sieht seine Zukunftspläne zerstört, da sich seine Familie ein Studium nicht leisten kann und er aufgrund der zunehmenden Arbeitslosigkeit keine Anstellung findet. Zunehmend politikverdrossen wendet er sich der NSDAP zu, die er als eine Kraft jenseits des Establishments wahrnimmt. Leider regt das Spiel keine Diskussion zu verschiedenen Gesellschaftsentwürfen an. Eva reagiert auf antidemokratische Äußerungen eher mit Werturteilen ("widerlich") als mit Argumenten.

Ein kleines Manko ist der fehlende Kontext zu den verwendeten Filmaufnahmen, Plakaten und Fotos. Die Quellen werden zwar im Impressum des Spiels genannt, dennoch wäre es sinnvoll, in den Lehrmaterialien eine Kurzinformation bereitzustellen, falls einige Dokumente nicht als selbsterklärend wahrgenommen werden.

Hinweis zur pädagogischen Anwendung

Die im Spiel genannten Ereignisse wie der Börsenkrach oder der Young-Plan werden nicht immer erschöpfend erklärt, bieten jedoch gute Anknüpfungspunkte, um im Schulunterricht oder anderen pädagogischen Settings vertiefend behandelt zu werden. Die begleitenden Lehrmaterialien stellen dafür nach Vorwissen gestaffelte Aufgabenmodule zur Verfügung. Da das Spiel jedoch keine Einführung in die historischen Hintergründe enthält, ist das Spielen von Mission 1929 – Freiheit unter Druck ohne jegliches Vorwissen nur bedingt zu empfehlen.

Fussnoten

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Dr. Juliane Lippok studierte Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit in Berlin und Bamberg. Sie ist seit 2016 für die Bildung und Vermittlung im Kulturhistorischen Museum Magdeburg mit dem Schwerpunkt Schulgeschichte verantwortlich. Als zweite Sprecherin der AG Bildung und Vermittlung im Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V. sind ihr Inklusion und Beteiligung besonders wichtig. Privat und freiberuflich beschäftigt sie sich mit Video Games in historischer Perspektive und in Bildungskontexten.