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The Inner World 2 – Der letzte Windmönch | Games zur politischen Bildung | bpb.de

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The Inner World 2 – Der letzte Windmönch Rezension

Alexander Zart

/ 4 Minuten zu lesen

Hinter dem bunten Adventure verbirgt sich eine ernste Geschichte über Faschismus und Verfolgung. (© The Inner World 2 – Der letzte Windmönch / Studio Fizbin & Headup Games / eigener Screenshot)

Zusammenfassung

„Der letzte Windmönch“ enthält starke Bezüge zur Zeit des Nationalsozialismus. In Dialogen finden sich zahlreiche Hinweise auf Verfolgungsängste und Fluchtgedanken der im Spiel unterdrückten Bevölkerungsgruppe wieder. Das Spiel bietet eine gelungene metaphorische Geschichtsaufarbeitung in einem jugendgerechten Kontext, die es ermöglicht, über Faschismus, Ausgrenzung und Unterdrückung ins Gespräch zu kommen.

„Der letzte Windmönch“ ist die Fortsetzung des Adventurespiels „The Inner World“ von 2013. In dem Spiel steuern wir die Widerständler Robert und Laura, die sich gegen die Diktatur der Asposer unter der Leitung von Emil auflehnen. Dieser beschuldigt alle Menschen in Asposien, die mit ihren Nasen Musik machen können (im Spiel als Flötennasen oder Instrumentennasen bezeichnet), eine Gefahr für die asposische Welt zu sein. In Schauprozessen verurteilt Emil viele Instrumentennasen zum Tode. Dies wollen Robert und Laura unbedingt verhindern.

Diktator Emil unterdrückt in Standgerichten und Schauprozessen die Instrumentennasen. Seine Wortwahl und die Symbolik seiner Herrschaft erinnern stark an die Zeit des Dritten Reichs. (© The Inner World 2 – Der letzte Windmönch / Studio Fizbin & Headup Games / eigener Screenshot)

Robert, Laura und die Taube Hack führen uns durch das Spiel. Dabei finden wir heraus, dass Robert nach der offiziellen Erbfolge der eigentliche König Asposiens ist. Um Robert als gerechten König einzusetzen und die Unterdrückung der Flötennasen zu beenden, müssen die Helden eine Reihe von Aufgaben überstehen. Im Verlaufe des Spiels erfahren wir von einer mysteriösen Frau, die Mama Dola genannt wird, dass die Flötennasen seit jeher mit ihren Windliedern dafür sorgen, dass in Asposien genug Luft zum Atmen vorhanden ist. Somit haben Robert und Laura nicht nur die Rettung der Flötennasen, sondern die Rettung aller Asposer zum Ziel. Zum Ende des Spiels decken die Helden auf, dass Diktator Emil ebenfalls eine Flötennase ist, der sich für seine Abstammung schämt und deshalb alle Flötennasen vernichten will; wegen der starken Bezüge zum Nationalsozialismus kann dies als Zitat der sogenannten Frankenberger-These gelesen werden, die eine jüdische Abstammung Adolf Hitlers behauptet.

HintergrundFrankenberger-These – Hatte Hitler jüdische Vorfahren?

Hitlers Vater Alois Hitler kam als unehelicher Sohn der Hausmagd Maria Anna Schicklgruber zur Welt, ohne dass die Identität des Vaters geklärt wurde.

Bereits um 1930 kursierten Gerüchte in der Presse, dass Hitler jüdische Vorfahren hatte. Hitler beauftrate daher seinen damaligen Rechtsanwalt Hans Frank damit, entsprechende Nachforschungen anzustellen. Und tatsächlich gab Hans Frank an, Indizien dafür gefunden zu haben: so habe Hitlers Großmutter Maria Anna Schicklgruber im Haushalt eines Grazer Juden namens Frankenberger gearbeitet, schwanger geworden und habe langjährige finanzielle Unterstützung durch Frankenberger erhalten.

Die spätere Forschung konnte diese These jedoch nicht bestätigen: die Einwohnerlisten von Graz führten keinen Frankenberger auf, zudem war laut Hitlers Neffe, William Patrick Hitler, Hitlers Großmutter bei einem Herrn Frankenreiter angestellt, der zudem katholisch gewesen sei.

Die These wird in der Wissenschaft daher mehrheitlich abgelehnt. Der spätere Hitlerbiograph Joachim C. Fest schrieb hierzu, dass Hitler jedoch selbst nicht wusste, wer sein Großvater war, und durch die „Befunde" seines Rechtsanwalts unabhängig von ihrem letztendlichen Wahrheitsgehalt verunsichtert gewesen sein musste.

Fußnoten

  1. Joachim Fest: Hitler. Eine Biografie. 1973, S. 32., zitiert nach: https://de.wikipedia.org/wiki/Frankenberger-These (17.10.2024)

In der Endsequenz stellt sich Robert schließlich als neuer „König“ zur Wahl und fordert unterschwellig eine Abkehr von totalitären Strukturen hin zu einer Demokratie.

Spielmechanik

In „Der letzte Windmönch“ müssen wir uns durch sechs Kapitel arbeiten und zahlreiche Aufgaben erledigen, um in der Story weiterzukommen. Dabei nehmen wir zahlreiche Gegenstände in unser Inventar auf, kombinieren diese miteinander oder mit Dingen, die wir in der Welt entdecken. Außerdem führen wir viele Gespräche mit den Figuren, die uns in Asposien begegnen. So bekommen wir Hinweise, worin unsere nächste Aufgabe besteht. Beispielsweise benötigen wir von einer Spielfigur einen Vogelkäfig. Diese gibt den Käfig aber erst heraus, nachdem wir bei ihr per Zitronen-, Holz- und Karamellgeruch so starke Heimatgefühle geweckt haben, dass sie den Schauplatz verlässt, um sich auf den Heimweg zu machen.

Auf unserem Weg durch Asposien führen wir Gespräche mit vielen unterschiedlichen Figuren und lösen deren Probleme, um in der Geschichte weiterzukommen. (© The Inner World 2 – Der letzte Windmönch / Studio Fizbin & Headup Games / eigener Screenshot)

Die sehr kniffligen Rätsel werden durch ein Hilfesystem entschärft. Hier werden textbasiert genaue Anweisungen gegeben, wie das nächste Ziel erreichen werden kann. Ohne das Hilfesystem ist der Schwierigkeitsgrad von „Der letzte Windmönch“ sehr hoch, da die Lösungen abstrakt sind und es zahlreiche Gegenstände in den Kapiteln gibt, mit denen man interagieren kann.

Spielatmosphäre

Von Beginn an ziehen sich die Themen Dikatur und Ausgrenzung durch das Spiel. Man bekommt gleich in der Eingangssequenz mit, wie Emil bei einem Schauprozess gegen die Instrumentennasen vorgeht. Die Farben Schwarz, Weiß und Rot kennzeichnen die Symbolik von Emils Regime und weisen damit deutliche Parallelen zur NS-Zeit auf. Diese werden mit Phrasen wie „Heil Emil“ noch verstärkt.

Abseits davon ist „Der letzte Windmönch“ aber sehr kindgerecht dargestellt. Roberts naive Art sorgt für viele lustige Momente und nimmt dem Thema ein Stück weit die Schwere. Auch die anderen Charaktere sorgen mit ihren Eigenheiten für eine kindgerechte Spielatmosphäre. Der Ersatz des Hakenkreuzes auf den Bannern von Emils Regime durch Brezeln zeigt an, dass die Spieleentwickler die schwierigen Themen möglichst jugend- und kindgerecht und zum Teil satirisch aufarbeiten wollen.

Emil setzt andere unter Druck und drängt sie, ihre Freunde zu verraten. Die sonst heitere und farbenfrohe Spielatmosphäre nimmt hier düstere Züge an. (© The Inner World 2 – Der letzte Windmönch / Studio Fizbin & Headup Games / eigener Screenshot)

Spielzeit und Schwierigkeit

Ein Durchlauf von „Der letzte Windmönch“ dauert etwa 6-8 Stunden. Allerdings kann dies auch variieren, je nachdem, wie intensiv man sich mit den Rätseln oder Gesprächen auseinandersetzt und wie oft man das Hilfesystem nutzt.

KurzinfosThe Inner World 2 – Der letzte Windmönch

  • Genre: Adventure

  • Herausgeber: Headup Games

  • Plattform: Android, iOS, Linux, Mac, Nintendo Switch, Playstation 4, PS5, PC, Xbox Series X/S

  • Erscheinungsdatum: 13. Juli 2017

  • USK: ab 6 Jahren

  • bpb-Empfehlung: ab 10 Jahren

Pädagogische Einschätzung

„Der letzte Windmönch“ bietet eine jugendgerechte Auseinandersetzung mit den Themen Nationalsozialismus, Ausgrenzung und Unterdrückung. Auch im Unterricht kann „Der letzte Windmönch“ eingesetzt werden, beispielsweise, um in höheren Klassen (9-12) Vergleiche anzustellen zwischen der Symbolik des Nationalsozialismus und der Symbolik aus dem Spiel. Die Auseinandersetzung mit dem Faschismus in Computerspielen wäre auch ein Thema für Facharbeiten oder Unterrichtsprojekte.

„Vergleiche dieses Bild und dessen Symbolik mit deinen Kenntnissen über den Nationalsozialismus.“ – So oder so ähnlich könnten Unterrichtsaufgaben lauten, die das Computerspiel „Der letzte Windmönch“ in den Unterricht einbeziehen. (© The Inner World 2 – Der letzte Windmönch / Studio Fizbin & Headup Games / eigener Screenshot)

Altersempfehlung

„Der letzte Windmönch“ ist von der USK ab 6 Jahren freigegeben. Zwar ist die optische Gestaltung durchaus kindgerecht, allerdings benötigen Kinder bereits fortgeschrittene Lese- und Sachkompetenzen. Auch aufgrund der abstrakten Rätsel können Kinder unter 10 Jahren das Spiel ohne elterliche Hilfe nicht wirklich nutzen. Der historische Kontext der Spielhandlung dürfte sogar erst dann verstanden werden, wenn im Geschichtsunterricht die Grundzüge der NS-Zeit vermittelt wurden, was oft erst in der 9. Klasse der Fall ist.

Fussnoten

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Alexander Zart ist Lehrer an der Oberschule mit Grundschule Carl-Friedrich Grabow im brandenburgischen Prenzlau. Zuvor hat er Sonderpädagogik mit den Fächern Deutsch und Geschichte studiert.