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Detroit: Become Human | Games zur politischen Bildung | bpb.de

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Detroit: Become Human Rezension

Daniel Behnke

/ 4 Minuten zu lesen

Wie sähe eine Zukunft aus, in der Androiden unseren menschlichen Alltag erleichtern, indem sie lästige Arbeiten und Dienstleistungen übernehmen? Und welche gesellschaftlichen Fragen resultieren daraus? Detroit: Become Human bietet ein Zukunftsszenario, das Antworten auf diese Fragen liefert.

Im Spiel hat die Verfügbarkeit von Androiden zu einer hohen Arbeitslosigkeit und sozialen Spannungen geführt. (© Detroit: Become Human / Quantic Dream / eigener Screenshot)

Zusammenfassung

Detroit: Become Human lohnt sich für Personen ab 16 Jahren, die eine vielschichtige und ereignisreiche Story erleben möchten, das eigene Spielerlebnis im Nachgang gerne Revue passieren lassen und sich mit gesellschaftsrelevanten wie grundsätzlichen Fragen der menschlichen Existenz auseinandersetzen wollen.

Das interaktive Science-Fiction-Abenteuer spielt im nicht allzu weit entfernten Jahr 2038 in der titelgebenden Stadt Detroit. Durch Dialogentscheidungen und Spielhandlungen beeinflussen wir die Schicksale von drei Androiden. Die Handlungsstränge dieser drei Protagonisten werden dabei immer mehr miteinander verwoben. So gestalten wir bis zum Spielende unsere ganz eigene Erzählung.

In der Rolle von Connor, der ersten der drei Hauptfiguren, unterstützen wir die lokale Polizei bei der Aufklärung einer Reihe mysteriöser Mordfälle, in die Androiden verwickelt sind. In Gestalt von Kara arbeiten wir zunächst als Haushaltshilfe für einen alleinerziehenden Vater und seine kleine Tochter. Und als Markus sorgen wir für einen wohlhabenden, aber alternden und erkrankten Künstler in dessen luxuriösem Wohnhaus mit zugehörigem Atelier.

Android Connor unterstützt die Polizei bei der Aufklärung rätselhafter Mordfälle. (© Detroit: Become Human / Quantic Dream / eigener Screenshot)

Spielmechanik

Detroit: Become Human ist ein Single-Player-Spiel, das stellenweise als interaktiver Film beschrieben werden kann. Action-Sequenzen werden häufig von einem Quick-Time-Event dominiert. In ruhigeren Passagen sind oft einfache Controller-Inputs gefragt, zum Beispiel beim Öffnen einer Tür oder beim Bezahlen in Geschäften. Dialogentscheidungen treffen wir meist unter Zeitdruck. In anderen Szenen hingegen hat man durchaus mehr spielerische Freiheiten. Wir können unter anderem Szenen erkunden, mit Gegenständen interagieren oder Spuren verfolgen. Spezielle Androidenfähigkeiten unterstützen uns außerdem darin, Tathergänge zu rekonstruieren oder ideale Bewegungsabläufe im Vorhinein zu planen.

Interaktionen in filmähnlichen Sequenzen zeichnen sich oft durch einfache Controller-Inputs aus. (© Detroit: Become Human / Quantic Dream / eigener Screenshot)

Arbeitslosigkeit und Drogenkonsum

Detroit: Become Human bietet keine heile Zukunftswelt, im Gegenteil. Durch die Existenz der Androiden sind neue Probleme in der Gesellschaft aufgetaucht: Arbeitslosigkeit, die Flucht in Drogenkonsum und offener Androidenhass sind allgegenwärtig. Gleichzeitig werden die Androiden als leblose Maschinen betrachtet, welche die Menschen nach Bedarf kaufen oder mieten. Und können die Androiden ihre Funktion nicht weiter erfüllen, besteht sogar die Gefahr, dass sie „deaktiviert“ oder entsorgt werden.

Diese schwierige Gemengelage rund um das Verhältnis zwischen Menschen und Androiden durchzieht einen Großteil der Handlung und beeinflusst auch unsere Entscheidungen. Dabei stoßen wir auf diverse existentielle wie gesellschaftsrelevante Fragen zu Themen wie persönliche Freiheit und Identität; Diskriminierung und Segregation; politische Teilhabe, Protest und Umsturz; aber auch Toleranz, Versöhnung und Humanität – Themen, mit denen wir uns im Spielverlauf auseinandersetzen müssen.

Ablaufdiagramme, Metaebene & Spielzeit

Am Ende eines Kapitels sehen wir in Ablaufdiagrammen, welchen Pfad wir in der Story beschritten haben und welche anderen Wege noch möglich gewesen wären. Dadurch motiviert uns Detroit: Become Human, den Spielverlauf und die aufgeworfenen Fragen auch auf der Metaebene weiter zu betrachten. Der Spielfluss leidet unter diesem Feature nicht. Es ist als lege man einen Roman zur Seite, um über die Buchinhalte nachzudenken. Wer möchte, kann Prozentwerte einblenden lassen, um zu schauen, wie sich andere entschieden haben.

Immer wieder stellt uns das Spiel vor schwerwiegende Entscheidungen, deren Konsequenzen die weitere Handlung beeinflussen. (© Detroit: Become Human / Quantic Dream / eigener Screenshot)

Ein Spieldurchgang dauert etwa zehn bis zwölf Stunden. Danach kann das Spiel erneut von vorne gestartet werden, um alternative Wege zu erkunden. Hier lassen sich über das Ablaufdiagramm dann auch einzelne Kapitel und Storyabzweigungen direkt ansteuern.

KurzinfosDetroit: Become Human

  • Genre: Adventure

  • Herausgeber: Quantic Dream / Sony Interactive Entertainment

  • Plattform: PC, Playstation 4, Playstation 5

  • Erscheinungsdatum: 25. Mai 2018

  • USK: ab 16 Jahren

  • bpb-Empfehlung: ab 16 Jahren

Pädagogische Einschätzung

Das Spiel stellt uns regelmäßig vor moralische Dilemmata, die kaum zufriedenstellende Optionen in Aussicht stellen. Vor allem im letzten Spieldrittel stehen wir vor geradezu monumentalen Entscheidungen. Es eröffnen sich zahlreiche Handlungspfade und unterschiedliche Ausgänge der Kapitel. Die drei Handlungsstränge erlauben dabei das Experimentieren mit unterschiedlichen Standpunkten. So können wir die drei Charaktere bewusst in entgegengesetzte Richtungen entwickeln und schauen, wo uns diese Entscheidungen hinführen. Gleichzeitig fragen wir uns immer wieder: „Was wäre, wenn…?“ Das Erzählen der eigenen Geschichte, das Spiel mit den Entscheidungen und auch das Ertragen der daraus resultierenden Konsequenzen machen die eine Seite des pädagogischen Potenzials von Detroit: Become Human aus.

Die andere Seite bilden die grundsätzlichen Fragen, die im Spiel zur menschlichen Existenz und zu gesellschaftlichen Entwicklungen aufgeworfen werden. Das Spiel lädt dazu ein, sich mit schwierigen Themen eingehender zu beschäftigen, auch dann noch, wenn man den Controller beiseitelegt. Einerseits durch die Ablaufdiagramme und die Möglichkeit, zu sehen, wieviel Prozent der anderen Spielerinnen und Spieler welche Entscheidungsoption gewählt haben. Andererseits auch im Spielmenü, wo wir von einem Androiden begrüßt werden, der unser Verhalten kommentiert oder unsere Meinung zu den im Spiel angeschnittenen Themen erfragt.

All das animiert dazu, das eigene Handeln zu reflektieren – auch über das Spiel hinaus. Wie wirken sich alltägliche Entscheidungen auf unsere Existenz, auf unsere Identität aus? Wo stehen wir vor ähnlichen Herausforderungen, was verschiedene Gesellschaftsgruppen und Lebensentwürfe angeht?

Für diese Fragestellungen und Prozesse braucht es eine gewisse Reflexionskompetenz. Hier bietet Detroit: Become Human einen Zugang, um es im Sinne des Interner Link: Game-Based Learning auch im Schulunterricht einzusetzen, zum Beispiel im Rahmen eines Projekts oder Referats. So können beispielsweise die im Spiel aufgeworfenen Dilemmata in Diskussionen von verschiedenen Perspektiven betrachtet und auch mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen in Bezug gesetzt werden. Das Spiel erlaubt es hier, Parallelen zu historischen Ereignissen und Bewegungen herauszuarbeiten, insbesondere durch Bezüge zur Geschichte der Sklaverei und der Bürgerrechtsbewegung in den USA.

Auch für eine Spielanalyse (im Sinne einer Film- oder Literaturanalyse) mit anschließender Interpretation bietet Detroit: Become Human vielfältige Anknüpfungspunkte. Angefangen bei der vielschichtigen Plot-Struktur, über diverse Referenzen und Symbole, bis hin zur Entwicklung der Charaktere, die im Verlaufe der Geschichte ein weit vielschichtigeres Wesen offenbaren, als man zunächst vermuten möchte.

Altersempfehlung

Das Spiel kann ab 16 Jahren empfohlen werden. Es enthält Gewaltdarstellungen einschließlich Darstellungen von Mord und Misshandlung. Dabei gibt es aber immer eine ethisch-moralische Einordnung des Spielhandelns. Hinzu kommen nervenaufreibende Szenen mit Schock- und Ekelmomenten, wie man sie aus Thrillern und Horror-Games kennt. Die Themen im Spiel sind komplex und mit moralischen Dilemmata verknüpft. Dies setzt eine hohe Reflexionskompetenz voraus. Die getroffenen Entscheidungen im Spiel sind emotional nicht immer leicht zu verdauen.

Fussnoten

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Daniel Behnke konzipiert und gestaltet Lernangebote für Schulen und Hochschulen. Als Educational Designer befasst er sich unter anderem mit (Digital) Game-Based Learning ([D]GBL) beziehungsweise spielebasiertem Lernen, Educational Game Design und Gameful & Playful Learning (gamifiziertes Lernen) und bloggt dazu auf digital-spielend-lernen.de. Als Lehrer (Englisch / Geschichte, Sek I / II) hat er unterschiedliche GBL-Methoden im Unterricht erprobt und für den Universitätsverbund digiLL das Lernmodul „Game-Based Learning in der Schule“ entwickelt.