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Einführung: Zukunftsvisionen und Krisendiagnosen | Umwelt im Dokumentarfilm | bpb.de

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Einführung: Zukunftsvisionen und Krisendiagnosen Umweltthemen im deutschsprachigen Dokumentarfilm

Karl-Leontin Beger

/ 3 Minuten zu lesen

Aufgrund des steigenden Meeresspiegels sind bereits Gräber eines Friedhof in Majuro (Marschall Inseln) in den Pazifik gespült worden. (© "Little Yellow Boots", Foto: John Webster)

2018 erreicht die weltweite Emission des Treibhausgases Kohlendioxid (CO²) mit 36,6 Milliarden Tonnen wieder einen historischen Höchststand und die Tendenz ist weiterhin leicht steigend. Auch wenn in Deutschland mit insgesamt 865,6 Millionen Tonnen rund 41 Millionen Tonnen oder 4,5 Prozent weniger als im Vorjahr 2017 freigesetzt worden sind, bleibt die Lage angespannt. Mehr als 25 Jahre nachdem sich die Staatengemeinschaft 1992 bei der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro ehrgeizige Ziele für den Kampf gegen den Klimawandel setzte, hat sich in absoluten Zahlen die Situation drastisch verschlimmert. Die Folgen der globalen Erwärmung werden insbesondere in den Ländern des globalen Südens immer spürbarer. Langanhaltende Dürren und Zunahme von Extremwettern sind aber auch in Deutschland wahrnehmbar. Angestoßen von Greta Thunbergs Schulstreik im August 2018 entwickelt sich weltweit eine neue junge Protestbewegung, die die politischen Verantwortlichen zum sofortigen Handeln und einschneidenden Maßnahmen auffordert. Der Kampf gegen den Klimawandel und die Transformation hin zu einer CO²-losen Wirtschaft sind mittlerweile Querschnittsthemen, mit denen sich fast alle politischen Parteien in Deutschland ernsthaft beschäftigen.

Feuchtgebiete, Urwälder und Permafrostböden binden einen Großteil der entstehenden und entstandenen Treibhausgase wie CO² und Methan. Durch die Intensivierung der Nutzung und der Ausdehnung landwirtschaftlicher Flächen in Folge einer wachsenden Weltbevölkerung geraten auch die letzten intakten Ökosysteme unter Druck. Der Kontakt von Wildtieren mit Nutztieren und Menschen begünstigt laut dem Virologen Jonas Schmidt-Chanasit Artensprünge von Krankheiten auf den Menschen. Welche fatalen Folgen dies haben kann, zeigt die Covid-19-Pandemie im Jahr 2020.

Der breite gesellschaftliche Diskurs über Umwelthemen wird nicht zuletzt über Bewegtbildmedien geführt und initiiert. Film und Kino können dabei eine Sonderrolle einnehmen. Filmschaffende informieren, kritisieren und sensibilisieren nicht nur für die komplexen Zusammenhänge zwischen Menschheit und Umwelt, sondern geben in abendfüllenden Formaten und anschließenden Filmgesprächen Raum für Vertiefung, Reflexion, Argumentation und Widerspruch. Sie verhandeln Themen zumeist nicht bloß abstrakt, sondern anhand persönlicher Geschichten und können so mit Emotionen nachhaltig bilden. Dokumentarfilme zu Umweltthemen gehören zu den publikumsstärksten Dokumentarfilmen in deutschen Kinos und drängen mit Schulkinoveranstaltungen und Unterrichtsmaterialien in Bildungskontexte.

Die Kameramänner Fred Bastos und Christian Roth bereiten den Einsatz einer Kameradrohne vor. (© "Zeit für Utopien"/Langbein & Partners )

Dieses Dossier möchte Grundlagenwissen über die filmische Repräsentation von Natur, Umweltzerstörung und Klimawandel für Lehrende und interessierte Bürgerinnen und Bürger vermitteln. Es gibt einen Überblick über die zentralen Entwicklungen in Deutschland und stellt thematisch relevante Kinodokumentarfilme aus dem deutschsprachigen Raum vor.

Dazu spüren drei Hintergrundtexte Umweltthemen in der Film- und Fernsehgeschichte nach und zeigen thematische Kontinuitäten und technische Entwicklungen seit dem frühen Kino auf. Der erste Text spannt einen Bogen von den frühen Landschafts- und Jagdaufnahmen über die Expeditionsfilme und Kolonialfilme über den Kulturfilm bis zu Natur- und Tierfilmen des frühen Fernsehens. Wie hat sich der Blick auf Natur und Tiere verändert? Ausgehend von den Naturschutzfilmen der 1960er Jahre werden im zweiten Text Filme über die Umweltbewegung der 1980er vorgestellt. Anschließend wird bis zu den zeitgenössischen Formen des Umweltdokumentarfilms vorgedrungen. Welche Rolle haben Filmschaffende bei Natur-, Tier- und Klimaschutz eingenommen? Aktuelle Strategien und Ästhetiken von Dokumentarfilmschaffenden werden in einen weiteren Text genauer untersucht. Welche filmästhetischen Mittel verwenden sie, um von ihren Anliegen zu überzeugen? Und welche gesellschaftspolitischen Agenden sind vertreten? Welche Rolle spielen die Begriffe der Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit dabei? Anhand von ausgewählten Filmbesprechungen werden diese Fragen exemplarisch vertieft und typische filmästhetische Mittel wie Luftaufnahmen und Underscoring herausgearbeitet.

Interner Link: Fünf Arbeitsblätter liefern dazu Anknüpfungspunkte für den Schulunterricht und die außerschulische Bildung. Darüber hinaus sind mit "Dark Eden", "Zeit für Utopien" und "Little Yellow Boots" drei wichtige aktuelle Beiträge des Genres zum Streaming in der bpb-Mediathek verfügbar. Interviews mit den Filmschaffenden Kurt Langbein und Jan Haft zeigen unterschiedliche Haltungen und Zugänge zum Thema auf und werden mit einer Perspektive aus der Filmvermittlung von Kirsten Ehlert ergänzt. Nicht zuletzt gibt ein Hintergrundartikel zur XR-Erfahrungen einen Ausblick darauf, wie Immersion – also die starke Einfühlung in eine technisch-simulierte Welt – in Zukunft für die Bildungsarbeit zu Umweltthemen nutzbar gemacht werden kann und welche Hürden die technischen Entwicklungen mit sich bringen.

Fussnoten

Karl-Leontin Beger ist Film- und Medienwissenschaftler und war bis Februar 2021 Volontär im Filmbereich der Bundeszentrale für politische Bildung. Seit 2017 ist er Lehrbeauftragter an der Leuphana Universität Lüneburg und der Humboldt-Universität zu Berlin.