Italien, Deutschland 1948
Drama
Kinostart: 1952 (BRD)
Verleih: Deutsche Kinemathek
Regie: Roberto Rossellini
Drehbuch: Roberto Rossellini, Carlo Lizzani, Max Kolpé, Sergio Amidei
Darsteller/innen: Edmund Moeschke, Ernst Pittschau, Ingetraud Hinze, Franz-Otto Krüger, Erich Gühne, Hans Sanger u. a.
Kamera: Robert Juillard
Laufzeit: 78 Min.
Format: 35mm, Schwarzweiß
Preise: Internationales Filmfest von Locarno 1948: Bester Film (Roberto Rossellini), Preis für bestes Originaldrehbuch (Roberto Rossellini, Carlo Lizzani, Max Kolpé)
FSK: ab 16 J.
Altersempfehlung: ab 16 J.
Klassenstufen: ab 11. Klasse
Themen: Kindheit/Kinder, (Deutsche) Geschichte, Nationalsozialismus, Krieg/Kriegsfolgen, Gesellschaft, Filmgeschichte
Unterrichtsfächer: Deutsch, Geschichte, Sozial/Gesellschaftskunde, Ethik, Religion
Berlin, kurz nach Kriegsende. Auf engstem Raum lebt die Familie des 12-jährigen Edmund' mit anderen Mietparteien in einem schwer beschädigten Haus. Die Mutter des Jungen ist tot, der herzkranke Vater ans Bett gefesselt. Da der Bruder als untergetauchter Soldat die Wohnung nicht verlässt und die ältere Schwester nur ein paar Zigaretten von ihren abendlichen Barbesuchen nach Haus bringt, lastet die Versorgung der Familie auf Edmunds Schultern. Auf einem seiner Streifzüge begegnet er einem früheren Lehrer, der als Nationalsozialist vom Schuldienst suspendiert ist und nun vom Schwarzhandel lebt. Edmund berichtet ihm von seinem Vater, worauf der Mann entgegnet, das Schwache und Kranke müsse sterben, damit das Starke leben könne. Als Edmund daraufhin seinen Vater mit Gift tötet, streitet der Lehrer empört ab, ihm dazu geraten zu haben. Verzweifelt über seine Tat, stürzt sich der Junge in den Tod.
Deutschland im Jahre Null zählt zu den wichtigsten Filmen des italienischen Neorealismus der 1940er-Jahre. Wie viele seiner Mitstreiter drehte auch Roberto Rossellini mit Laiendarstellern/innen an Originalschauplätzen, um der gängigen eskapistischen Unterhaltung ein Kino entgegen zu setzen, das sich angesichts des vom Krieg verursachten Elends der Lebenswirklichkeit der kleinen Leute verpflichtet sah. So zeigt Deutschland im Jahre Null die materielle Not und moralische Verwahrlosung der Deutschen nach Kriegsende in außergewöhnlicher Schonungslosigkeit – weshalb der Film hierzulande zunächst auf breite Ablehnung stieß. Der Schauplatz, das zerstörte Berlin, eingefangen in ausdauernden Kamerabewegungen, verleiht dem Geschehen dabei eine eindringliche dokumentarische Wirkung. Das ungelenke Agieren der Darsteller/innen verstärkt diese Realitätsbindung und wirkt zugleich im Brechtschen Sinne distanzierend, wodurch eine Reflexion angeregt wird.
Rossellinis Film ist weniger als Abrechnung mit dem NS-Regime zu verstehen. Allein die Tatsache, dass ein Kind im Mittelpunkt steht, verrät, dass die Perspektive eher auf Gegenwart und Zukunft zielt – auf die Frage, ob es in Deutschland tatsächlich einen Neuanfang bei Null gab und ob und wie der Faschismus in den Menschen fortwirkt. Insofern kann Deutschland im Jahre Null nicht nur als "Dokument", als realitätsnahe Darstellung des Nachkriegsalltags, im Unterricht eingebunden werden, sondern auch als Anregung, die individuell-psychologische Wirkung totalitärer Systeme am Beispiel des deutschen Nationalsozialismus zu diskutieren. Darüber hinaus eignet sich der Film als Ausgangspunkt, um sich mit dem italienischen Neorealismus zu beschäftigen.
Informationen und Materialien
Mehr zum Thema auf kinofenster.de:
Externer Link: Lore (Filmbesprechung vom 05.10.2012)
Externer Link: Danach hätte es schön sein müssen (Filmbesprechung vom 01.11.2001)