Klassen: ab 8. Klasse/ Vertiefungsvorschlag 2 ab 11. Klasse
Fächer: Politik, Sozialkunde/Gesellschaftskunde, Ethik/Religion/Philosophie, Deutsch
Seit Jahrzehnten ist in Hessen der Ausbau der A 49 in Planung. Ebenso alt ist der Protest gegen das Bauprojekt. Mit den Aufgaben im Material werden die verschiedenen Formen des Protests im Dokumentarfilm „Die Autobahn – Kampf um die A49“ sowie Grenzen der Legalität von Protest und Widerstand herausgearbeitet. Die Lernenden werden ermutigt, eine eigene Meinung zur Rolle von Protest in der Demokratie zu entwickeln und sich auch mit extremeren Formen des Protests, etwa der „Letzten Generation“ auseinanderzusetzen.
Im Dokumentarfilm „Die Autobahn – Kampf um die A49“ werden verschiedene Protestformen gezeigt, von denen einige die Grenzen des gesetzlich Erlaubten überschreiten. Verschiedene Personen im Film äußern sehr unterschiedliche Meinungen zu den Formen und Zielen des Protests. Das Arbeitsblatt regt zur Auseinandersetzung damit an.
1. Formen des Protests
Dauer: 45 Minuten (ca. 15 Minuten Filmausschnitte, 25-30 Minuten Bearbeitung der Fragen, Recherchen und Zusammentragen)
Lernziele: Die SuS erarbeiten sich anhand des dokumentarischen Bildmaterials und den Aussagen der Personen in den Filmausschnitten Informationen über die Ziele und die verschiedenen Formen des Protests und analysieren diese. Sie entwickeln eigene Kategorien, ordnen die Protestformen ein, bewerten und erörtern sie. Die SuS stellen Vermutungen über die Legalität oder Illegalität bestimmter Protestformen an, recherchieren anschließend Informationen und überprüfen ihre Vorannahmen. Sie eignen sich juristisches Fachwissen und Fachvokabular an.
1. a) Filmausschnitte analysieren: Welche Protestformen kommen im Film vor?
Während der gemeinsamen Sichtung der Filmausschnitte machen die SuS sich Notizen zu den Fragen. Die Ergebnisse werden anschließend im Plenum zusammengetragen. Alternativ können die Filmausschnitte auch so verteilt werden, dass einzelne SuS oder Kleingruppen sich jeweils einen oder zwei Ausschnitte anschauen und analysieren.
Ziele der Aktivist/-innen
Aus den Filmausschnitten können z. B. folgende Ziele abgeleitet werden:
Wald vor der Rodung bewahren, Autobahnbau stoppen /verhindern,
Räumungs- und Fällarbeiten verhindern, behindern und verzögern,
Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Medien auf die Rodungsarbeiten lenken,
Menschen informieren und in ihrem Sinne die Meinung beeinflussen,
Politiker/-innen überzeugen, den Autobahnbau zu stoppen
Ergänzend können Sie mit den SuS über weitere persönliche Gründe/Motivationen der Aktivisten/-innen sprechen, sich hier so zu engagieren. Dies könnten sein: Gemeinschaft erleben, alternative Formen des Zusammenlebens und -arbeitens ausprobieren, Spaß haben, etwas bewirken wollen, etwas Sinnvolles tun, Selbstinszenierung („Ich bin cool“/ „Ich rette die Welt“) etc.
Protestformen in den Filmausschnitten
Filmausschnitt 1 (2:34 – 3:00 Min.): Waldbesetzung: Baumhäuser, Transparente
Filmausschnitt 2 (14:22 – 15:13 Min.): Demonstration mit Kundgebung / Rednern
Filmausschnitt 3 (15:52 – 16:26 Min.): Graffiti an Grünen-Geschäftsstelle, auf Carsharing-Auto
Filmausschnitt 4 (26:53 – 27:56 Min.): Ehemalige Ortsvorsteherin Ingrid Süßmann: 2005 etliche Veranstaltungen gegen die Autobahn im Dorfgemeinschaftshaus, Waldbesitzer Schenck: Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss
Filmausschnitt 5 (30:11 – 33:45 Min.): Kunst-Wanderweg mit Kunstwerken, die die Autobahn kritisch begleiten, Bürgerinitiative „Schwalm ohne Autobahn“ in 1980er- und 1990er-Jahren mit vielen Aktionen: Lern-CD, mit Autos Stau auf der künftigen Trasse simuliert, Mahnfeuer, Graffiti, Zeitungen geschrieben und gedruckt.
Filmausschnitt 6 (33:46 – 35:00 Min.): Demonstrationen und Straßenblockaden (in den Weg stellen, setzen, legen), Besetzung von Baggern, Musik, Baumhäuser, medienwirksame Aktionen: Kletterer/-innen schaffen Traverse mit Seilen, die die Wälder verbindet, spektakuläre Querung mit Transparent, Videos für Social-Media-Kanäle
Filmausschnitt 7 (35:01 – 39:09 Min.): Abseilen an der Autobahn
Filmausschnitt 8 (1:14:41 – 1:17:40 Min.): Metallstäbe und Nägel in Baumstämme schlagen (gefährlich, wirtschaftlicher Schaden), Brandanschläge und Zerstörung, Klage vor Gericht
Filmausschnitt 9 (1:21:00 – 1:21:23 Min.): Barrikaden, Feuer, Abseilen von Bäumen
Kategorien für die Protestformen
Hier sind viele Antworten denkbar, z. B.: Aktionen, Öffentlichkeitsarbeit, Information, Künstlerische Ausdrucksformen, Zerstörung / Gewalt, Organisation von Gruppen / Veranstaltungen, juristische Mittel…
1. b) Nach der Sichtung der Ausschnitte: Weitere Protestformen, Grenzen des Legalen
Die SuS bewerten die Protestformen und stellen Vermutungen an, ob diese legal sind oder nicht.
Mögliche Antworten:
Legal oder Illegal?
Legal:
(angemeldete) Demonstrationen und Protestcamps mit Einverständnis der Grundbesitzer und Gemeinde, Informations- und Protestveranstaltungen, (genehmigte) Kunstwerke, Klagen vor Gericht, Lernmaterialien, Mahnwachen, Mahnfeuer, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Social Media-Posts (bei Einhaltung von Urheber- und Persönlichkeitsrechten), Zeitungen, Berichte, Musik, auf Bäume klettern, Baumhäuser bauen (mit Genehmigung der Eigentümer), …
Illegal:
(nicht genehmigte) Demonstrationen und Straßenblockaden, Graffiti an Gebäuden und Autos, andere Sachbeschädigungen: z. B. Nägel und Metallstäbe in Baumstämme schlagen, Besetzung von Baumaschinen, Behinderung der Arbeit der Polizei, Brandanschläge, Abseilen von Autobahnbrücken, ziviler Ungehorsam, Barrikaden auf Straßen, …
Wichtig:
Hierbei ist zu beachten, dass diese Unterscheidungen nicht immer trennscharf sind. So kann z.B. eine grundsätzlich legale Protestform wie eine Demonstration von einer Ordnungsbehörde verboten werden.
Andere Formen von Protest und Meinungsäußerung
Die SuS tragen weitere Formen von Protest zusammen, die sie kennen.
Beispiele:
T-Shirts, Buttons, Taschen mit Aufdrucken, Aufkleber anbringen, Plakatkampagnen, Pressekampagnen, Streiks, künstlerische Ausdrucksformen, Online-Petitionen, Unterschriftensammlungen, organisierte Postkarten- oder E-Mail-Aktionen an Politiker/-innen, Mahnwachen, Streiks, …
Internetrecherchen: Auf dem Arbeitsblatt sind verschiedene Quellen angegeben, die unterschiedlich anspruchsvoll sind. Das Thema ist komplex, die Aufgabe könnte auch als optionale Vertiefung bearbeitet werden.
Internetrecherche: Legalität/ Illegalität verschiedener Protestformen
Lösungshinweis: siehe oben.
Ziviler Ungehorsam
Als ziviler Ungehorsam werden Formen des gewaltfreien Protests bezeichnet, bei denen Individuen bewusst und öffentlich gegen bestimmte Gesetze, Regeln oder staatliche Maßnahmen verstoßen, um auf ungerechte oder unrechtmäßige Zustände hinzuweisen oder Veränderungen herbeizuführen. Der Begriff wurde geprägt von dem US-amerikanischen Philosophen Henry David Thoreau und später von Mahatma Gandhi und Martin Luther King Jr. weiterentwickelt.
Wichtige Merkmale des zivilen Ungehorsams sind:
Gewaltfreiheit: Ziviler Ungehorsam basiert auf dem Prinzip des gewaltfreien Protests. Die Teilnehmenden verfolgen ihre Ziele und verstoßen gegen Gesetze oder Regeln ohne Gewaltanwendung.
Öffentlichkeit: Ziviler Ungehorsam findet in der Öffentlichkeit statt, um auf die Ungerechtigkeit oder das Unrecht aufmerksam zu machen. Er kann in Form von Demonstrationen, Sitzstreiks, Blockaden oder anderen öffentlichen Aktionen erfolgen.
Bewusster Rechtsverstoß: Die Teilnehmenden des zivilen Ungehorsams sind sich bewusst, dass sie gegen geltendes Recht oder Regeln verstoßen und nehmen die möglichen Konsequenzen in Kauf. Sie wollen damit ihre Ablehnung oder ihren Protest deutlich zum Ausdruck bringen.
Moralische Motivation: Ziviler Ungehorsam basiert oft auf einer moralischen Überzeugung oder einem Gefühl der Gerechtigkeit. Die Teilnehmenden handeln aus ihrem Gewissen heraus und glauben, dass der Verstoß gegen bestimmte Gesetze oder Regeln notwendig ist, um eine positive Veränderung herbeizuführen.
Beispiele für zivilen Ungehorsam sind Sit-ins während der Bürgerrechtsbewegung in den USA, Gandhis Salzmarsch in Indien oder die Blockaden von Umweltaktivisten zur Verhinderung von Waldrodungen. Ziviler Ungehorsam kann je nach Kontext und Rechtslage rechtliche Konsequenzen für die Beteiligten haben.
2. Welche Protestformen sind angemessen? Was würdest du tun?
Diskussion und Reflexion zum eigenen Engagement
Dauer: 10-30 Min.
Lernziele: Eine eigene Meinung zu einem kontroversen Thema formulieren und begründen. Sich mit Meinungen anderer Diskussionsteilnehmender auseinandersetzen und dazu Stellung nehmen.
Die Fragen können in Kleingruppen oder im Plenum diskutiert werden. Die Fragen können einzeln und unabhängig voneinander oder auch alle nacheinander bearbeitet werden. Je nach Gruppe können bestimmte Formulierungshilfen zur Darstellung und Begründung der eigenen Meinung gegeben werden. Die Fragen eignen sich auch als schriftliche Hausaufgabe zur Reflexion und Vertiefung.
Formulierungshilfen zur Meinungsäußerung finden sich z. B. hier:
Formulierungshilfen zum Externer Link: Diskutieren
Verschiedene Methoden für die Meinungsäußerung, Argumentation, Positionierung und die Diskussion von Thesen finden sich auch in der
3. Protest in der Demokratie
3. a) Was ist der Unterschied zwischen Protest und Widerstand?
Vertiefung (ab Klasse 8)
Dauer: 15-20 Min.
Lernziele: Informationen aus einem Film und und/oder Text entnehmen, zuordnen und analysieren. Die Unterschiede von Protest, Widerstand und Zivilem Ungehorsam zusammenfassen und vergleichen.
Je nach Altersstufe und Leistungsniveau der Gruppe kann unterstützend zum Video entweder der
Alternativ zur Tabelle könnten Sie den Schülerinnen und Schülern auch verschiedene Multiple-Choice-Fragen stellen oder Sätze formulieren, bei denen die SuS entscheiden müssen, ob sie richtig oder falsch sind.
Lösungsmöglichkeiten: