Schlaglichter auf das deutsch-türkische Kino
Kulturelle Hybriditäten, Rassismus und postmigrantische Suchen
Ömer Alkin
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Lange Jahre boten sich türkeistämmigen Filmemacherinnen und Filmemachern kaum Chancen, in Deutschland Filme zu realisieren. Inzwischen prägen sie das deutsche Kino auf vielfältige Weise.
Ab Mitte der 1990er-Jahre machte eine junge Generation von Filmemacher:innen mit türkisch- und kurdisch-deutscher Migrationsbiographie auf sich aufmerksam, die ihre eigenen filmischen Visionen realisierte. Ihre zumeist von der Redaktion Kleines Fernsehspiel im ZDF geförderten Arbeiten bedeuteten einen auffälligen Bruch zu den in den vorherigen Jahrzehnten in Deutschland entstandenen Filmen über Migrant:innen.
Ab den 1960er-Jahren: Frühe Filme über „Gastarbeiter:innen“
Charakteristisch für die wenigen fiktionalfilmischen Produktionen, die sich ab den 1960er-Jahren der Situation von Migrant:innen in Deutschland zuwandten, war, dass die identifizierten Probleme vielmehr kulturelle Projektionen deutscher Redaktionen oder Filmschaffender waren: Sie thematisierten die Arbeits- und Lebensumstände der sogenannten „Gastarbeiter:innen“ aus zumeist antikapitalistischer, feministischer Perspektive – während die Migrant:innen selbst als sprechende Subjekte kaum vorkamen. So greift die Regisseurin Helma Sanders-Brahms in ihrem paradigmatischem Film „Shirins Hochzeit“ (1976) auf ihre eigene Voice-Over-Stimme zurück, um das Schicksal der Hauptfigur einzuordnen: Shirin, eine türkische Frau, die vor der Zwangsverheiratung nach Deutschland flieht und dort von Deutschen ausgeübte patriarchalische Gewalt und kapitalistische Ausbeutung erleidet. Weitere Beispiele aus jener Zeit sind Peter Beauvais‘ „Der Unfall“ (1968) über den rassistischen Mordversuch an einem spanischen „Gastarbeiter“ oder auch Rainer Werner Fassbinder „Angst essen Seele auf“ (1974) über die gesellschaftlich geächtete Liebesbeziehung zwischen einem marokkanischen „Gastarbeiter“ und einer sehr viel älteren deutschen Witwe.
In den 1980er-Jahren verschob sich diese Betroffenheitsperspektive zugunsten von Integrationsperspektiven. Als sich zeigte, dass ein Großteil der Migrant:innen in Deutschland bleiben und nicht in die Herkunftsländer zurückkehren würde, verlagerte sich der Fokus auf die als Anpassungsschwierigkeit angenommenen Probleme. Hierzu gehört die Vorstellung einer als mit westlichen Werten nicht zu vereinbarenden muslimisch geprägten, türkischen Kultur. So widmeten sich die Filme besonders dem Thema Zwangsverheiratung – wie etwa „Zuhaus unter Fremden“ (Peter Keglevic, 1979), „Interner Link: Aufbrüche“ (Eckhart Lottmann und Hartmut Horst, 1985) oder auch Hark Bohms seinerzeit viel beachteter „Yasemin“ (1988).
Seit den 1990er-Jahren zeigt sich bei den Filmen eine Verschiebung dadurch, dass Migrant:innen beginnen, mitunter thematisch ähnliche, aber auch andere, neue Geschichten auf ihre Art und Weise zu erzählen. Zwar konnten vereinzelt bereits zuvor Regisseur:innen mit türkisch-deutscher Migrationsbiographie Filme realisieren, wie Tevfik Başer mit dem vielfach ausgezeichneten „40m² Deutschland” (1985) – einem bedrückenden Drama um einen türkischen „Gastarbeiter“, der seine Frau vor der „liberalen“ deutschen Gesellschaft in ihre Wohnung einsperrt. Ein weiteres Beispiel ist Sema Poyraz, die in dem experimentellen episodischen Film „Gölge - Schatten“ (1980) Alltagserfahrungen einer jungen Deutsch-Türkin in Berlin verhandelt. Doch erst Ende der 1990er-Jahre vollzieht sich der eigentliche Aufbruch des deutsch-türkischen Kinos, das oft zugleich als Erneuerung des deutschen Films an sich betrachtet wird.
Die Spielfilme jener Zeit, inszeniert von Kindern der „Gastarbeiter:innen“-Generation, zeichnen sich durch eine humoristisch-kritisch-reflexive Auseinandersetzung mit Identitätskonzepten aus: Kutluğ Atamans „Lola und Bilidikid“ (1999), der vom transsexuellen Outing eines türkeistämmigen Migranten handelt, Ayşe Polats „Auslandstournee“ (1999) um die Odyssee des homosexuellen Nachtclubsängers Zeki und einer Elfjährigen, Hussi Kutlucans Asylant:innenkomödie „Ich Chef, Du Turnschuh“ (1998), Yüksel Yavuz‘ „Kleine Freiheit“ (2003) über eine homosexuelle, transkulturelle Liebe im Hamburger Kiez oder Thomas Arslans Berlin-Trilogie „Geschwister – Kardeşler“ (1997), „Dealer“ (1999) und „Der schöne Tag“ (2001), die unprätentiös und in einem eigenwilligen Rhythmus von den Alltagssorgen junger türkisch- sowie kurdisch-deutscher Migrant:innen erzählt. All diese Beispiele zeigen Figuren, die Grenzüberschreitungen in Geschlechts- und Identitätsfragen vollziehen oder schlichtweg ästhetische Widerstände gegen stereotype Einhegungen leisten. Dies sind Themen und Strategien, die in ihrer Gesamtschau in Anlehnung an ähnliche Tendenzen im britischen Kino mit einem Konzept gefasst werden können: „Pleasures of Hybridity“ – Freuden der Hybridität, wie es die Germanistin Deniz Göktürk seinerzeit analysierte. Aktuell wissen wir noch wenig darüber, was diese Filme für die Migrant:innen selbst bedeuteten – nicht nur mit Blick auf diese Umbruchphase, sondern auch danach.
Nach der Jahrtausendwende: Zwischen Erfolg, Integrationskomödien und Rassismus
Einen Höhepunkt erlebt das deutsch-türkische Kino Mitte der 2000er-Jahre: Mit seinem Film „Interner Link: Gegen die Wand“ (2003/04) verschiebt der Hamburger Regisseur Fatih Akin das klassische Ehrkultur-Narrativ in einen transkulturellen Kontext. Darin erzählt er von einer Deutsch-Türkin, die durch eine arrangierte Heirat mit einem psychisch labilen deutsch-türkischen Punk dem traditionellen Familienkontext zu entfliehen versucht. Nicht nur erobert Akins vielfach prämierter Film die Herzen von Publikum und Kritik und richtet die Aufmerksamkeit türkischer wie auch deutscher Medien auf sich und die sonst nur als Problemthema auftauchenden Migrant:innen. Er legt mit seinem cineastisch ambitionierten Film zugleich eine Vision des gesellschaftlichen Zusammenlebens in Deutschland vor, das von einer hybriden Realität erzählt. Nur ein Jahr später realisiert er den erzählerisch verwobenen Film „Auf der anderen Seite“ (2005), der von transgenerationellen und -lokalen Konflikten zwischen Deutschland und der Türkei erzählt. Akin stellt die 2000er-Jahre in ein neues Licht, in dem die Globalisierung in ihren kulturhybridisierenden Effekten in den Filmen auch für Deutschland sichtbar wird.
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Der spielerische Umgang der 1990er-Jahre mit Identitätskonstruktionen führt allerdings auch zu einer Kommerzialisierung insofern, als dass sich das Genre der Culture-Clash-Komödie ab den späten 2000er-Jahren zunehmend entfaltet – sowohl im Fernsehen als auch im Kino: Die Hochzeitskomödie „Evet, ich will!“ (Sinan Akkuş, 2008) oder die Einbürgerungskomödie „300 Worte Deutsch“ (Züli Aladağ, 2013), die Romantic Comedy „Einmal Hans mit scharfer Soße“ (2014) um eine Deutsch-Türkin und ihre interkulturell schwierige Partnersuche sowie „Der Hodscha und die Piepenkötter“ (beide von Buket Alakuş, 2015) um einen Moscheebaukonflikt, bei dem die Bürgermeisterin und der Imam aneinander geraten und eine gemeinsame Lösung finden – die Riege an Komödien von Filmemacher:innen mit migrationsbiographischen Bezügen in die Türkei ließe sich lange fortführen. Anders als in den Filmen der 1980er-Jahre stehen nun nicht mehr die Differenzen oder die Schwierigkeit nationalkulturell gedachter Identitäten im Vordergrund, sondern die Gemeinsamkeiten.
„Wir sind alle nur Menschen“, so die Botschaft dieser Filme – erkauft ist sie allerdings oftmals mit der Ausblendung rassistischer Dynamiken in der Gesellschaft. Dieses Thema wird erst Mitte der 2010er-Jahre im Kontext der Mordserie des NSU zunehmend filmisch aufgegriffen. So in der von der ARD produzierten Trilogie „Mitten in Deutschland: NSU“, aus der Züli Aladağs „Die Opfer – Vergesst mich nicht“ (2016) hervorsticht, weil er die Opferperspektive fokussiert. Aysun Bademsoys „Interner Link: Spuren – Die Opfer des NSU“ (2019) verfolgt diese Perspektive aus dokumentarischer Sicht. Fatih Akins „Aus dem Nichts“ (2017) wiederum widmet sich dem Phänomen des strukturellen Rassismus aus Sicht einer deutschen Frau, deren kurdischstämmiger Mann und ihr gemeinsames Kind bei einem rechtsextremistischen Terroranschlag getötet werden. Aktuelle Filmbeispiele sind „Es brennt“ (2023) von Erol Afşin, der in Anlehnung an den Mord an der Ägypterin Merwe Al-Sharbini 2009 in Dresden vom strukturellen Rassismus erzählt, durch den eine arabische Familie Unfassbares erlebt. „Was von der Liebe bleibt” (2023) vom deutsch-indischen Regisseur Kanwal Sethi wiederum thematisiert, wie eine türkisch-deutsche Familie durch rassistische Täter-Opfer-Umkehr der Polizei bis ins Mark erschüttert wird.
In deutschen Filmen, die Migration thematisieren, finden sich seit jeher rassistisch-stereotype Darstellungen. Besonders eindrücklich zeigt sich der Zusammenhang nach den massiven Migrationsbewegungen in 2015: Seitdem entfalten sich, auch im Mainstream der deutschen Film- und Serienkultur, vornehmlich Narrative und Figuren aus dem Krimigenre, die islamistischen Fundamentalismus oder gar eine Radikalisierung als Aufmacher nutzen oder in das Handlungszentrum stellen. Und auch in Dramen spielt das Thema Muslimischsein vorrangig in Fragen von kultureller Vereinbarkeit mit dem Westen und Radikalisierung oder als politischer Islam eine Rolle. Dagegen nähern sich Fernsehproduktionen wie „Das deutsche Kind“ (2017) des kurdisch-österreichischen Regisseurs Umut Dağ um den Adoptionsstreit zwischen einer muslimischen Familie und den Großeltern eines „deutschen“ Kindes oder Milieu- und Charakterstudien wie „Oray“ (2019) oder „Hysteria“ (2024, beide Mehmet Akif Büyükatalay) dem Thema differenziert. Aber auch die ARD-Serie „Lamia“ (Süheyla Schwenk, 2022) um eine junge Muslima mit Alltagsproblemen versucht diesen Darstellungen entgegenzutreten. Dennoch: Die Anzahl der Filme, die den Islam nicht als gesellschaftliche Herausforderung, sondern als inklusives Element thematisieren, bleibt verschwindend gering.
In den 2020ern: Dokumentarfilme als erinnerungskulturelle Nacharbeit
Filmische Selbstrepräsentation war für deutsch-türkische Regisseur:innen nicht zuletzt deshalb lange Jahre kaum möglich, weil ihre Geschichten auf redaktionelle Vorbehalte stießen. Während Musik oder Literatur auch mit finanziell geringen Mitteln für migrantisch gelesene Personen einfach realisierbar sind und Selbstausdruck ermöglichen, braucht es für Kino- oder Fernsehfilme massives ökonomisches Kapital, über dessen Vergabe in der Regel Produzent:innen, Fördergremien oder Redaktionen entscheiden. Ohne den Mut der Redaktion des Kleinen Fernsehspiels im ZDF seit den 1990er-Jahren hätten heute erfolgreiche migrantische Filmemacher:innen ihre Projekte kaum realisieren können.
Auf die Marginalisierung migrantischer Erfahrungen, sei es in der Musik oder auch ihrem Medienkonsum, reagieren Filmemacher:innen von heute: wegen der zeitlichen Distanz mit einem inzwischen wieder beschränkten Raum an Möglichkeiten – denn die erste Generation an „Gastarbeiter:innen“ stirbt derzeit förmlich weg. Dokumentarfilmer:innen wie Cem Kaya, Çağdaş Eren Yüksel oder Mirza Odabaşı weisen auf die erinnerungskulturellen Defizite mit Blick auf das migrantische Leben von Deutsch-Türk:innen von den 1960er-Jahren bis heute hin, wenn sie von der migrantischen Musikkultur („Liebe, D-Mark und Tod“, Kaya, 2022), der Ankunft der ersten „Gastarbeiter:innen“ („Interner Link: Gleis 11“, Yüksel, 2022) oder rassistischen Anschlägen („93/13 – 20 Jahre nach Solingen“ und „Hört uns zu! Der Anschlag von Solingen“, Odabaşı, 2023) erzählen. In ihren Filmen kommen eben jene Personen zu Wort, die vornehmlich als erste türkische oder kurdische Migrant:innen im Zuge des Interner Link: Anwerbeabkommens von 1961 nach Deutschland kamen. Das große deutsche Kinopublikum verbindet das Thema der „Gastarbeiter:innen“ bis heute jedoch vor allem mit der Erfolgskomödie „Almanya – Willkommen in Deutschland“ (2011) von Yasemin und Nesrin Şamdereli.
Ausblick: Auf der Suche nach postmigrantischer Identität – oder schon gelungene Inklusion?
Heute hat sich einerseits ein erweitertes Spektrum an Repräsentationsmöglichkeiten für Migrant:innen im Medium des Films entwickelt: Nach dem Erfolg der Serie „4 Blocks“ (2017-2020) hat eine Welle an Gangsterfilmen und -serien eingesetzt, für die immer häufiger auch migrantisch gelesene Personen verantwortlich zeichnen – zumeist als Regisseur:innen, seltener allerdings für das Drehbuch und die Produktion. Beispiele sind „Hype“ (Esra und Patrick Phul, 2022), „Skylines“ (Maximilian Erlenwein, Soleen Yusef, 2020), „Rheingold“ (Fatih Akin, 2017), „Familiye“ (Kubilay Sarıkaya, Sedat Kırtan 2018), „Crews & Gangs“ (Neco Çelik, 2018-2019) und „Asbest“ (Kida Khodr Ramadan, 2023). Unter den jungen Migrant:innen könnten die Serien gut ankommen, denn so sehen sie sich und ihre Lebenswelten endlich als Teil der Mediensphäre dargestellt, in der sie vor allem in Nachrichten sonst unpersonalisiert und vor allem als Problem auftauchen. Zugleich stabilisieren die Verbindungen von migrantischem Milieu, Gewalt oder Clankriminalität in den Filmen rassistische Vorurteile. Diese Ambivalenz lässt sich nicht einfach auflösen.
Eine Widerstandsmöglichkeit zeigen aktuelle, weniger türkisch-deutsche, sondern kulturell-diverse Produktionen, die vor allem von der Suche nach einem postmigrantischen Lebensgefühl bestimmt sind: Postmigrant:innen sind Menschen, die selbst nicht migriert sind, deren Leben aber durch Migration geprägt ist – sei es durch Fremdzuschreibung oder durch institutionelle Strukturen, die (post)migrantische Menschen als Ausnahme von der Norm fassen. Gerade deswegen aber haben Postmigrant:innen ihre „eigenen“ Geschichten zu erzählen. Die Filme „Futur Drei“ (Faraz Shariat, 2020), „Sonne“ (Kurdwin Ayub, 2022) oder auch die Serie „Para – Wir sind King“ (2021-?, Özgür Yildirim) sowie die beiden Berlinale-Premieren „Ellbogen“ (2024) von Aslı Özarslan sowie „Sieger Sein“ (2024) von Soleen Yusef handeln von jugendkulturellen Selbstfindungsschwierigkeiten und vermitteln auch auf ästhetischer Ebene ein Lebensgefühl, das an die Phase der „Pleasures of Hybridity“ erinnert.
Ein in diesem Sinne postmigrantischer Kinofilm ist auch Milena Aboyans „Elaha“ (2023), ein eigenwilliger und interessanter Ableger des Zwangsverheiratungsthemas, der mit einer intensiven Binnensicht arbeitet, auch hier wieder Identitätssuche in einer komplexen Welt bemüht und dabei zugleich sehr nah bei den jungen Figuren bleibt. Das Drama schaffte es auf die Shortlist als deutscher Beitrag für die Oscars® 2024. Für den offiziellen Wettbewerb für den besten internationalen Film wurde schließlich ein anderer deutscher Film nominiert: „Das Lehrerzimmer“ (2023) von İlker Çatak. Der Film um einen folgenreichen Diebstahl und die massiven zwischenmenschlichen Auswirkungen an einer Schule handelt nur nebenbei von Migration und Rassismus. Und doch liegen beide Phänomene weiterhin nah beieinander. Çataks Name wurde in deutschen Medien bei der Nennung der deutschen oscar®nominierten unterschlagen und lediglich der Titel seines Films erwähnt. Der migrantisch geprägte Regisseur, der sich in Migrationsdiskursen sonst zurückhaltend äußert, warf den Medien daraufhin Rassismus vor.
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Die Dinge ändern sich also – langsam zwar, aber sie ändern sich: Regisseur:innen mit Migrationsbiographie arbeiten an Mainstreamserien und -filmen ohne dezidierten Migrationsbezug. Das Zusammenfallen von Identitätszuschreibung als Migrant:in und dem erzählten Thema entkoppelt sich.
Festzuhalten ist: Die Geschichte des deutsch-türkischen Kinos wird sich hin zu einer neuen Filmgeschichtsschreibung verändern. Sicherlich auch so, dass der Terminus „deutsch-türkisches Kino“ durch neue Begriffe ersetzt wird, denn der Blick in die Vielfalt der Filme und ihrer Macher:innen offenbart ein komplexes Spektrum: die frühen Filme der Hybriditätslust, die Grenzüberschreitungen von Identität vollziehen; Filme, die Rassismen in integrationspolitisch ambivalenten komödiantischen und Gangstergenres reproduzieren, aber auch Filme, die Kritik an Rassismus üben; Filme als aktivistische Bemühungen, die Erinnerungskultur zur Arbeitsmigration hochzuhalten, um die Migrant:innen und ihre Geschichte als selbstverständlichen Teil der Gesellschaft sichtbar zu machen; bis hin zu Filmen, die die Suche nach einer neuen postmigrantischen Identität bemühen oder sich um die Frage nach Migration auch nicht mehr scheren.
Vielleicht braucht es auch keinen Terminus mehr, wenn zugeschriebene migrantische Identitäten der Filmschaffenden, der Zuschauer:innen und der Filme sich auflösen.
Dr. Ömer Alkin ist Professor für Angewandte Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Hochschule Niederrhein. Arbeitsschwerpunkte sind Deutsch-Türkisches Kino, Film, Rassismus und Postmigration.
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