Musik und Ton
Wie klingt die Zukunft? Gibt es Geräusche im Weltraum? Der Ton ist ein besonders wichtiges Element des Science-Fiction-Films. Dabei war die eigentliche Filmmusik in den meisten früheren Filmen wenig innovativ. Weitestgehend klassisch orchestriert, unterschied sie sich nicht von der anderer Genres wie Western oder Melodram. Das gilt selbst für 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM (1968), in dem Regisseur Stanley Kubrick klassische Walzermotive von Johann Strauss ("An der schönen blauen Donau") äußerst effektvoll einsetzte. Eine Ausnahme bildeten der komplett elektronische Score von ALARM IM WELTALL (1956) und einzelne Pionierleistungen. Seit seinem erstmaligen Einsatz in RAKETE MOND STARTET (1950) verkündet der unwirkliche Klang des Theremins selbst Science-Fiction-Laien die Präsenz von Außerirdischen.
Eine besondere Schwierigkeit des Tons ist die physikalisch unzweifelhafte Lautlosigkeit des Weltraums. Das Mondfahrtabenteuer ENDSTATION MOND (1950), um äußersten Realismus bemüht, behalf sich mit musikalischen Effekten, indem etwa das Zischen entweichender Luft durch einen Tusch markiert wird. In ALIEN (1979), der mit dem Claim "Im Weltall hört dich niemand schreien" beworben wurde, ist gerade der Kontrast von Geräuschen innerhalb des Raumschiffs und der totalen Stille des Weltalls besonders unheimlich. Meist jedoch werden die physikalischen Gegebenheiten ignoriert. Dröhnende Raumschiffgeräusche bilden ebenso wie das Zischen von Lichtschwertern und automatischen Türen oder das Fiepen von Computern akustische Konventionen des Science-Fiction-Films. Eine weitere ist das – aus subjektiver Perspektive erklärbare – Schnaufen des Astronauten im Raumanzug.
Das Ziel solcher Töne ist es, Vertrautheit herzustellen und allzu lange tonlose Passagen zu vermeiden. Die individuellen Ausdrucksformen von Robotern oder Außerirdischen sind besonders bemerkenswert. So wird für nichtmenschliche Akteure wie das Fellwesen Chewbacca in KRIEG DER STERNE oft eine Mischung aus Tierstimmen verwendet. Für den stolzen Bordcomputer HAL 9000 in 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM wurde nach langem Zögern eine besonders warme, menschliche Stimme ausgewählt – deren "Vertrautheit" allerdings besonders unheimlich wirkt. Eine die Spannung steigernde Verunsicherung des Publikums durch fremde Klänge lässt sich in den meisten neueren Filmen bemerken: In immer komplexeren "Sound Designs" verweben sich die Geräusche der Handlung mit meist elektronischer Musik zu einem ununterscheidbaren Klangteppich. Im Unterschied zur klassischen, die Handlung untermalenden (nicht-diegetischen) Filmmusik sind zahlreiche Geräusche zwar im Bild zu verorten (diegetisch), aber nicht erklärbar.
Special Effects
Kein anderes Genre hat die Entwicklung von Spezialeffekten so vorangetrieben wie Science-Fiction-Filme. Sie bringen visionäre Welten, Monster, Raumschiffe und Explosionen auf die große Leinwand. Ihr Ziel ist es, eine realistische Illusion zu schaffen und gleichzeitig zu verblüffen. Über besonders spektakuläre Spezialeffekte, auch im Deutschen oft mit dem englischen Begriff "Special Effects" bezeichnet, kann die Handlung ganz in den Hintergrund treten. Zu unterscheiden sind zunächst die klassischen Special Effects, die direkt am Drehort bei der Produktion erstellt werden, sowie die Visuellen Effekte/Visual Effects, die erst in der Postproduktion anfallen. In beiden Prozessen gibt es zudem unsichtbare und sichtbare Effekte. Unsichtbare Spezialeffekte wie Schnitt, Kostüme und Kulissen gehören zum filmischen Prozess jeden Genres und werden als Effekt gar nicht wahrgenommen. Gerade in der Science-Fiction sind sie jedoch besonders wichtig. So ist die riesige Wolkenkratzerstadt von METROPOLIS (1927) eine technische Meisterleistung, die auf Miniaturmodellen unterschiedlicher Größe beruht. Über komplexe Spiegelvorrichtungen ("Schüfftan-Verfahren", benannt nach dem Filmarchitekten Eugen Schüfftan) konnte die Kamera Kulissen und Darsteller/innen kombinieren. In Jack Arnolds Filmklassiker THE INCREDIBLE SHRINKING MAN (DIE UNGLAUBLICHE GESCHICHTE DES MR. C, USA 1957) wird umgekehrt verfahren: Für die Geschichte eines Mannes, der nach einer radioaktiven Strahlung schrumpft und im eigenen Haus langsam verschwindet, fertigte die Requisite riesige Möbel, Haushaltsgegenstände sowie eine übermannsgroße Mausefalle an. Zu den verdeckten Spezialeffekten gehören auch die unsichtbaren Seile, an denen Superhelden durch die Luft fliegen.
Tatsächlich ist die Unterscheidung schwierig, da sie stark von der Wahrnehmung des Publikums abhängt. Die per Stop-Motion-Technik, also Bild für Bild aufgenommenen Monsteranimationen von KING KONG (KING KONG UND DIE WEISSE FRAU, USA 1933, R: Merian C. Cooper, Ernest B. Schoedsack) erkennt das heutige Publikum mühelos als Trick und zweifelt an der Glaubwürdigkeit. In jüngeren Animationsfilmen wie ANOMALISA (USA 2015, R: Charlie Kaufman) erzeugt dieselbe, aber fortentwickelte Technik jedoch erneut die perfekte Illusion.
Demselben Prozess sind auch die sichtbaren Special Effects und Visual Effects unterworfen, die die Aufmerksamkeit gewollt auf sich ziehen. Zu ihnen gehören größere Explosionen, das Beamen, Morphing und Raumschiffe – Dinge, von denen wir wissen, dass sie nicht existieren. Bereits beim Dreh von KAMPF DER WELTEN (1953) wurden für solche Effekte zwei Drittel des gesamten Budgets ausgegeben. Neue Maßstäbe setzte insbesondere 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM (1968) mit der Darstellung riesiger Raumschiffe, für die Regisseur Kubrick bis zu 20 Meter große Modelle anfertigen ließ. Innovativ war auch die berühmte Sternentor-Sequenz mit ihren psychedelischen Lichteffekten – von der Kamera durch ein geschlitztes schwarzes Papier (Slit-Screen-Technik) aufgenommen.
Vor allem solche sichtbaren Special Effects werden heute fast gänzlich von den Visual Effects in der Postproduktion übernommen, die früher nur eine geringe Rolle spielte. Grundlegend wurde hier der Siegeszug der digitalen Computeranimation, maßgeblich vorangetrieben durch die von George Lucas zur Produktion von KRIEG DER STERNE gegründete Firma ILM (Industrial Light & Magic). Für TERMINATOR 2: JUDGEMENT DAY (TERMINATOR 2 – TAG DER ABRECHNUNG, USA 1991, R: James Cameron) schuf sie die erste überzeugende Morphing-Sequenz der Filmgeschichte, in der der metallene Roboter T1000 willkürlich seine Gestalt ändert. Zum Durchbruch der Computer Generated Imagery (CGI) verhalf Steven Spielbergs Dinosaurier-Spektakel JURASSIC PARK (USA 1993), mitproduziert von ILM. Für die Darstellung der Dinosaurier wurden echte, gebaute animatronische Modelle und CGI kombiniert. Die Sensation: Der Unterschied war nicht mehr sichtbar.
Die geringe Unterscheidbarkeit wird von Kritikern und Kritikerinnen inzwischen durchaus auch bemängelt. Aus finanziellen Gründen wird etwa die seit den 1940er-Jahren gebräuchliche Blue- oder Green-Screen-Technik, bei der Darsteller/innen vor einer monochromen Leinwand gefilmt und nachträglich mit dem Rest des Films kombiniert werden, oft auch für ganz gewöhnliche Szenen verwendet. Damit schwinde der Wahrheitsanspruch des Kinos, im analogen Verfahren durch die fotografische Wiedergabe gewährleistet, insgesamt. Das Filmbild, so der seinerseits umstrittene Vorwurf, werde zur beliebigen Ansammlung von Pixeln.
Den Traum jedes Science-Fiction-Fans, die Herstellung einer komplett künstlichen Welt, erschuf James Cameron, zehn Jahre nach MATRIX, in AVATAR (AVATAR – AUFBRUCH NACH PANDORA, USA 2009). Der wundersame Dschungelplanet Pandora, bewohnt vom blauhäutigen Waldvolk der Na’vi, besteht ausschließlich aus Pixeln. Die Darsteller/innen sind durch das neuartige Motion-Capture-Verfahren, die digitale Aufnahme von Körper- und Gesichtsbewegungen, in glaubwürdige 3D-Charaktere verwandelt. Pandora ist bedroht von Menschen, die wie so oft in der Science-Fiction in die Natur eingreifen wollen. Doch der für das Genre typische Widerspruch von inhaltlicher Technikskepsis und der visuellen Überwältigung durch Technik wird problemlos aufgelöst – natürlich durch das Wunder der visuellen Effekte.