Die 1954 in unmittelbarer Nähe der DEFA-Studios in Babelsberg gegründete Filmhochschule (damals: Deutsche Hochschule für Filmkunst, DHF) war die erste in Deutschland und bis 1989 die einzige Ausbildungsstätte für Filmschaffende in der DDR. Das studentische Frühwerk der späteren DEFA- und Fernsehregisseur*innen lagert im hochschuleigenen Filmarchiv; obwohl Teil der ostdeutschen Filmgeschichte, ist es weitgehend unbekannt. Für die zahlreichen Filme ausländischer Student*innen gilt dies umso mehr.
Von Beginn an nahm die Filmhochschule – ebenso wie andere Universitäten, Hoch- und Fachschulen in der DDR – Studierende aus sozialistischen Staaten, aus sogenannten Entwicklungsländern und vereinzelt auch aus westeuropäischen Ländern auf. Das “Ausländerstudium" erfüllte in erster Linie eine wichtige Funktion in der Außenpolitik der DDR: Mit der Ausbildung ausländischer Fach- und Führungskräfte wurde die wissenschaftlich-kulturelle Zusammenarbeit mit den sozialistischen "Bruderländern" intensiviert. Darüber hinaus war es Teil des Engagements in der sogenannten Dritten Welt und galt dem offiziellen Sprachgebrauch zufolge als “Ausdruck der Solidarität und engen Verbundenheit der DDR mit den national befreiten Ländern und den um Befreiung ringenden Völkern“. Grundlage des Auslandsstudiums waren bilaterale Verträge sowie Abkommen mit Kommunistischen Parteien und nationalen Befreiungsbewegungen (zum Beispiel der Interner Link: African National Congress, die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO), die Interner Link: South West African People´s Organisation). Die Bewerbung für einen Studienplatz in der DDR bedurfte der Delegierung durch die entsprechende Organisation. Dies galt auch für die Filmhochschule. Die für deutsche Bewerber*innen obligatorische Eignungsprüfung wurde nicht verlangt. Nach einem studienvorbereitenden Sprachkurs kamen die Student*innen direkt an die Hochschule. Erst ab Mitte der 1960er-Jahre wurde ein vorheriges Volontariat beim DDR-Fernsehen oder bei der DEFA verbindlich.
War der Anteil ausländischer Student*innen in den 1950er und 1960er-Jahren noch relativ gering, so nahm die Zahl in den 1970er-Jahren zu. Dazu trug vor allem Peter Ulbrich bei, der ab 1973 Rektor der HFF war und die Internationalität der Hochschule auf verschiedenen Ebenen beförderte, u.a. durch die Mitarbeit im Internationalen Filmhochschulverband CILECT und durch die Ermutigung studentischer Filmkooperationen. In der Tat trugen die ausländischen Studierenden zu einer Atmosphäre der Internationalität wesentlich bei. Für ihre ostdeutschen Kommiliton*innen war der intensive Kontakt (der gemeinsame Unterricht, die Arbeit in interkulturellen Filmteams und das Zusammenleben im Wohnheim) eine besondere Erfahrung, nicht zuletzt wegen der fehlenden Reisefreiheit. Es entstanden Freundschaften und Arbeitsbeziehungen, die über Jahre hielten, auch einige Ehen wurden geschlossen. In den Filmübungen INTERNAT I und INTERNAT II (1979) des Bulgaren Ivan Cibulka ist die Atmosphäre des kreativen Miteinanders in einem Studentenwohnheim eingefangen. Auch OYOYO (1980), der Diplomfilm der indischen Studentin Chetna Vora, erzählt von dieser prägenden Erfahrung. In Jörg Foths PROZESS (1976) über eine deutsch-polnische Liebesbeziehung, die mit der Interner Link: FDJ-Leitung und verordneten Völkerfreundschaft in Konflikt gerät, gibt es sogar eine Szene mit deutschen und ausländischen HFF-Student*innen als wilder, tanzender Haufen, die als frecher Kommentar auf die offiziellen Ziele des Ausländerstudiums verstanden werden kann.
Dennoch entsprachen die Filme ausländischer Studierender oft den offiziellen politischen Erwartungen. Claus Löser nannte sie kritisch eine “Sonderform des ideologisch geprägten Films“, die vor allem um das Thema der “internationalen Solidarität kreiste“. Sie wurden daher gern im Rahmen von Festivals gezeigt. Der Sache der kommunistischen Parteien und Verbände ihrer Herkunftsländer verbunden, behandeln viele Filme die jeweiligen politischen Konflikte aus der Sicht der nationalen Befreiungsbewegungen, zum Beispiel CARLOS (1966) von Humberto López die US-amerikanische Invasion in Kuba im Jahr 1961 oder AUSFLUG (1966) von Kais Al-Zubaidi den Militärputsch 1963 im Irak. Viele Arbeiten setzen das Thema Solidarität recht plakativ um, etwa FREUNDSCHAFT FÜR IMMER des Libanesen Riad Ali Saad (1968). Die Ausbildung an der Filmhochschule sollte die ausländischen Studierenden dazu befähigen, später in ihrer Heimat den “Film als Waffe“ zu benutzen. Die Wirklichkeit gestaltete sich jedoch bisweilen anders. John Green beispielsweise fand in Großbritannien mit dem Abschluss aus der DDR keinen Job und bewarb sich schließlich beim DDR-Fernsehen.
Von den Eindrücken, die die Student*innen im Gastland sammelten, zeugen indes nur wenige Filme. Zwar ist die DDR oft Thema ihrer Dokumentarfilmübungen, aber auch hier wurden meist die Vorgaben beachtet und die Leistungen der DDR positiv dargestellt. Das Stadtbild Ost-Berlins der 1960er Jahre, das noch vom Krieg gezeichnet war und zu den bleibenden Erinnerungen gehörte, kommt in den Filmen dieser Jahre so gut wie nicht vor. Statt Ruinen zeigen sie den neuen Alexanderplatz (BEGEGNUNG IN BERLIN, 1965, von Charles Owúsú) oder den Ostbahnhof (ZWISCHEN AKNUNFT UND ABFAHRT, 1964, von Emile Itolo). Auch MARHABA ROSTOCK (1970) von Riad Ali Saad portraitiert die mecklenburgische Hafenstadt von einer sonnigen Seite. Dennoch vermitteln diese Filme auch eine unverstellte Neugier auf die “Heimat auf Zeit“, der einige Widersprüche zwischen Anspruch und Wirklichkeit nicht gänzlich entgehen – etwa wenn Charles Owúsús Blick inmitten der emsigen Bautätigkeit immer wieder auf Mauern und Zäune fällt, oder wenn den Gesichtern und Staturen in Emile Itolos jazzigen Ostbahnhof-Impressionen noch die Entbehrungen des Krieges und der Nachkriegszeit anzusehen sind.
Vereinzelt gelangen Studierenden aber auch komplexe Annäherungen an die ostdeutsche Gesellschaft. Die später bekannt gewordene bulgarische Filmemacherin Iwanka Grabtschewa erzählt in DER BRIEF (1966/67) von einem sogenannten Schlüsselkind, das allein beim Vater aufwächst. In FRAUEN IN BERLIN (1982) der Studentin Chetna Vora stehen die neuen Geschlechterverhältnisse im Zentrum. Darüber hinaus wird in einer Reihe von Filmen deutsche Geschichte in ihrer Verknüpfung mit der Geschichte anderer Länder oder der eigenen Biografie thematisiert. ERINNERUNG IM HERZEN (1965) über die Gedenkstätte Buchenwald von Stefan Jerzy Zweig, der als “Buchenwaldkind“ bekannt wurde, gehört dazu. Ebenso EINE MUTTER NADIA BUNKE (1982) des arabischen Israeli Malik El-Hag über Nadia Bunke, die während der NS-Zeit als Jüdin und Kommunistin verfolgt wurde und die Mutter von Tamara Bunke, der Lebensgefährtin Interner Link: Che Guevaras, war.