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Bedeutende Regisseure – Handwerk und Kunst | Klassiker sehen – Filme verstehen | bpb.de

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Bedeutende Regisseure – Handwerk und Kunst Die Regie beim Spielfilm – Aufgaben

Philipp Bühler

/ 5 Minuten zu lesen

Im prinzipiell gemeinschaftlichen Prozess des Filmemachens obliegt dem Regisseur oder der Regisseurin (von frz. régir "leiten") die künstlerische Leitung eines Filmprojekts. Er oder sie kann das Projekt mit einem selbst geschriebenen Drehbuch anstoßen oder von einem Studio bzw. einer Produktionsfirma beauftragt werden.

Dreharbeiten (© Egoli Tossell Film)

Zu den wichtigsten Aufgaben gehört in jedem Fall die Leitung der Dreharbeiten. Dazu zählen insbesondere die Anleitung von Schauspielern und Schauspielerinnen sowie die künstlerische Koordination von Kamera, Beleuchtung und Setdesign (mise en scène).

Diese erfolgt in ständiger Absprache mit den unterschiedlichen Gewerken, wobei sich die einzelnen Regisseure und Regisseurinnen in ganz unterschiedlichem Maße in die Arbeit ihres Teams einmischen. Ein "Kontrollfreak", als den man etwa Stanley Kubrick bezeichnete, lässt vom Casting bis zum Schnitt keinen Aspekt der Produktion außer Acht während andere der künstlerischen Expertise ihrer Stabmitglieder vertrauen und sich z.B. ganz auf das Schauspiel konzentrieren.

GlossarRegie

Zu den Aufgaben der Regie gehören:

  • Dramaturgie: Bearbeitung einer stofflichen Vorlage (Buchvorlage, Theaterstück, ausformulierte Idee usw.), die dann in ein filmgerechtes Drehbuch umgewandelt werden kann

  • Erarbeitung des Drehbuchs

  • Casting: Auswahl der Darstellerinnen und Darsteller

  • Zusammenstellung des künstlerisch-technischen Stabes: Musik, Kostüm, Maske, Requisiten, Schnitt, Ton, Musik u.v.m.

  • Erarbeitung der Bildfolge für den Szenenablauf

  • Erstellung von Regiebuch, Shooting Script oder Storyboard ("Auflösung")

  • Sichtung und Auswahl von Drehorten

  • Vorgespräche zu logistischen Herausforderungen der Dreharbeiten: Festlegung von Massenszenen, Spezialeffekten, Stunts

  • Vorgespräche mit den Hauptdarstellerinnen und Hauptdarstellern

  • Musik und Ton: Erarbeitung einer ersten Konzeption

  • Durchführung der Dreharbeiten

  • Auswahl von Archivmaterial

  • Während der Dreharbeiten Anleitung zum Rohschnitt

  • Anfertigung des Feinschnitts in Zusammenarbeit mit dem Cutter/der Cutterin

  • Herstellung der endgültigen Fassung des Films

  • Beteiligung an PR- Maßnahmen des Produzenten

Quelle: (Vgl.: Martin Ganguly: Filmanalyse, Klett, Stuttgart/Leipzig 2011, S. 45)

Zwischen Kunst und Kommerz

Bei der Gestaltung eines Films stehen künstlerische Vorstellungen und die finanziellen Interessen der Produktion traditionell im Konflikt. Vor allem im klassischen Hollywood-Studiosystem der 1920er- bis 1940er-Jahre hatten die Regisseure und Regisseurinnen kaum künstlerische Freiheiten. Ebenso wie die Schauspieler/innen waren sie durch Verträge gebunden. Mächtige Produktionsfirmen wie MGM oder Paramount, die den Film finanzierten und ein hohes Einspielergebnis erwarteten, konnten etwa über die Auswahl der Besetzung frei verfügen oder das Ende eines Films willkürlich ändern.
Trotz Ausnahmen wie etwa den unabhängig arbeitenden Filmemachern Charles Chaplin und Alfred Hitchcock war dies bis in die 1960er-Jahre hinein die Regel. Regie galt als bloßes Handwerk.

Der Autorenfilm

In Europa hatte die Regie stets einen höheren Stellenwert. Schon in den 1920er-Jahren galten Regisseure wie Fritz Lang und F. W. Murnau in Deutschland oder Jean Renoir in Frankreich als "Autoren" ihres Werks. Die französische Nouvelle Vague der 1960er-Jahre erhob diesen Anspruch zum Politikum. Der/die Regisseur/in war nach ihren Forderungen alleinige/r Schöpfer/in eines Films. Nur das selbst geschriebene Drehbuch erlaube den wahren persönlichen Ausdruck.

Der Erfolg europäischer Filmemacher wie François Truffaut, Jean-Luc Godard, Federico Fellini oder Michelangelo Antonioni bewirkte schließlich auch in Hollywood ein Umdenken.

GlossarNouvelle Vague

Die Nouvelle Vague (frz.: "Neue Welle") war ab den späten 1950er-Jahren eine der wichtigsten Erneuerungsbewegungen des Kinos. Ihren Kern bildete eine Gruppe junger Pariser Filmkritiker, darunter François Truffaut, Jean-Luc Godard, Claude Chabrol und Éric Rohmer, die sich an der 1935 gegründeten Cinématheque française kennengelernt hatten. Nach dem Vorbild ihrer Idole Alfred Hitchcock, Howard Hawks, Jean Renoir und anderer formulierten sie ihre "Autorenpolitik" und drehten schließlich auch selbst Filme.
Im Kampf gegen ein literarisches Filmverständnis und das vor allem auf Romanverfilmungen basierende "Qualitätskino" ihrer Zeit sollten diese Filme ausschließlich die persönliche Sicht des Regisseurs oder der Regisseurin wiedergeben. Dazu suchten sie nach neuen Ausdrucksformen des Mediums Film selbst. Die stilistische Bandbreite der Nouvelle Vague reichte von schwarz-weißen Gangsterfilmen bis zum Musical. Mit authentischen Straßenszenen, verwegenen Schnittfolgen (etwa den neuartigen Jump-cuts), comicartigen Texteinschüben und einem neuartigen Einsatz von Musik richtete sie sich vor allem an ein junges Publikum.
Allerdings kam es auch zu Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe. Truffauts Hinwendung zu klassischeren Ausdrucksformen führte schließlich zum Zerwürfnis mit dem radikaleren Godard. Zur Nouvelle Vague zählen weiterhin Filmschaffende wie Louis Malle, Alain Resnais, Jacques Demy und Agnès Varda.

Überzeugungstäter – bedeutende Regisseure und die eigene Handschrift

Als eigene Handschrift (frz.: "écriture") bezeichnete die Autorenpolitik der Nouvelle Vague den besonderen Stil eines/r Regisseurs/in. Daneben lassen sich im Werk bedeutender Filmemacher/innen aber auch ständig wiederkehrende Themen und Motive erkennen. John Ford beispielsweise drehte fast ausschließlich Western, der noch lebende Martin Scorsese vor allem Mafia-Filme.

Das Werk des 1999 verstorbenen Stanley Kubrick, vielleicht der Autorenfilmer schlechthin, lässt sich keinem Genre zurechnen. Doch in fast allen seiner hochphilosophischen Filme, z.B. 2001: A Space Odyssey (2001: Odysee im Weltraum, GB/USA 1968), ringen die Protagonisten um die eigene Menschlichkeit – im Kampf mit Maschinen, der Gesellschaft oder den eigenen Ambitionen und Trieben.

Für Roman Polanski ist das Eingeschlossensein, für Steven Spielberg Kindheit ein wichtiges Thema. Trotz der enormen Unterschiede gilt für die meisten der genannten Künstler: In der Wahl ihrer filmischen Mittel waren sie stark von Hitchcock beeinflusst. Dies gilt insbesondere für den Spannungsaufbau und die präzise Bildgestaltung.

Die Regie bei Alfred Hitchcock

Hitchcock gilt als "Master of Suspense", der unangefochtene König des Thrillers, bekannt für spannungsreiche Plots wie seinen skurrilen, gelegentlich makabren Humor. Er war kein Regisseur im Hintergrund, sondern stand im Vorspann meist vor der Ankündigung der Stars – eine Ehre, die nur wenigen Regisseuren und Regisseurinnen zuteil wurde. Berühmt sind auch seine – meist zu Beginn stattfindenden – Kurzauftritte (Cameo) in all seinen Filmen, denen er damit den eigenen Stempel aufdrückte.

Zum Produzenten der eigenen Filme wurde der Brite erst nach vielen Schwierigkeiten. So erwies sich die Zusammenarbeit mit Produzent David O. Selznick, der ihn 1939 in die USA geholt hatte, schnell als zermürbend. Versuche als freier Produzent führten zu finanziellen Misserfolgen, z.B. Rope (Cocktail für eine Leiche, USA 1948). Die Lösung war ein Vertrag mit dem mächtigen Verleiher Warner Bros. Der Regisseur erhielt keinen Zugriff auf die Stars des Studios, dafür aber künstlerisch freie Hand.

Als Perfektionist legte Hitchcock besonderen Wert auf die künstlerische Kontrolle während sämtlicher Stadien der Filmproduktion. Seit seinen Anfängen im Stummfilm war er bekannt dafür, jede Einzelheit seines Films im Kopf zu haben. Die visuelle Gestaltung des gewählten Stoffs war ihm wichtiger als das Drehbuch, das er nach seinen Vorstellungen von anderen schreiben ließ. Als Vorlage für die Dreharbeiten entwickelte er grafisch detaillierte Storyboards, deren Entwurf oft mehr Zeit benötigte als die Dreharbeiten selbst. Nach dieser Planung konnte Hitchcock auch den Schnitt getrost in andere Hände geben. So wahrte er nicht nur seinen Stil, sondern konnte auch sicher sein, dass das Endprodukt erkennbar als sein Werk gewürdigt wurde.

GlossarStoryboard

Während das Drehbuch geschriebene Dialoge und Regieanweisungen enthält, dient das Storyboard als visuelle Vorlage für die Erstellung von Bildinhalten. Handlungsabläufe werden, ähnlich wie in einem Comic, bildlich dargestellt. Das Storyboard ist stark ablauforientiert und kann so schon vor den eigentlichen Aufnahmen einen ersten Eindruck vom gewünschten Filmergebnis vermitteln. Aber auch Ideen und Änderungen im Ablauf lassen sich gut anhand eines Storyboards deutlich machen.

Hauptinhalt des Storyboards sind die narrativen Ideen aus dem Drehbuch, dazu kommen Notizen für die spätere Produktion. Gestaltungsideen wie spezielle Einstellungsgrößen, Beleuchtungseffekte, Kamerafahrten oder musikalische Untermalung werden oft am Rand vermerkt. Es entsteht eine Art Bilderbuch des Films vor dem Film, sequenzielle Bildfolgen, die während des Drehs als Grundlage benutzt werden. Das Storyboard ist damit für alle an der Filmproduktion Beteiligten eine wichtige Planungshilfe und führt wie ein roter Faden das Team durch die Dreharbeiten.

Die Regie bei François Truffaut

Anders als bei Hitchcock bezieht sich das Werk von François Truffaut nicht nur auf ein Genre. Der Franzose lässt sich als Romantiker bezeichnen, der in seinen Filmen der Komplexität menschlicher Gefühle nachging. So thematisierte er in oft autobiografisch gefärbten Erzählungen Probleme von Entfremdung und Widerstand in der Zeit des Heranwachsens, in Liebesgeschichten die oft verwirrende Beziehung von Mann und Frau. Dabei wechselt die Atmosphäre häufig zwischen melancholischen und heiteren Stimmungslagen. Truffauts Herangehensweise war weit spontaner als die von Hitchcock, was sich in allen Aspekten seines Werks niederschlug: der Vielfalt der filmischen Genres, den erzählten Geschichten und in einem freieren visuellen Stil. Kennzeichnend für sein Selbstverständnis als Cineast war darüber hinaus sein spielerischer Umgang mit Zitaten der Filmgeschichte, u.a. den Filmen von Alfred Hitchcock.

Im Gegensatz zu Hitchcock verfasste Truffaut meist sein eigenes Drehbuch, arbeitete jedoch nicht mit Storyboards und bevorzugte Außendrehs an Stelle von Studioaufnahmen. Stärker als Hitchcock, der viel mithilfe der Bildmontage erzählte, setzte Truffaut auf Kamerafahrten und -schwenks und liebte es darüber hinaus, bei den Dreharbeiten zu improvisieren, um Szenen frischer und natürlicher erscheinen zu lassen. Das beste Beispiel für seine filmische Herangehensweise ist der Film La nuit Américaine (Die amerikanische Nacht, F/I 1973), in dem der Regisseur Ferrand, gespielt von Truffaut, einen Film dreht. Die Geschichte der Dreharbeiten dieses Films im Film zeigen unter anderem, wie das Drehbuch immer wieder in letzter Minute geändert wird oder amouröse Beziehungen der Mitarbeiter/innen direkten Einfluss auf Entstehungsprozess und das Geschehen des im Film gedrehten Films haben.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in biografischen Anmerkungen zu den Regisseuren sowie in den Besprechungen der beiden Programmfilme.

Fussnoten