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Aladdin | Klassiker sehen – Filme verstehen | bpb.de

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Aladdin

/ 8 Minuten zu lesen

In der fiktiven Stadt Agrabah lebt und stiehlt der junge Dieb Aladdin. Auf ständiger Flucht vor den Wachen des Sultans begegnet er der schönen Prinzessin Jasmin, die sich aus dem goldenen Käfig des Palastes fortgeschlichen hat. Die beiden verlieben sich ineinander, werden jedoch entdeckt und vom bösen Großwesir Dschafar getrennt.

Aladdin (© Det Danske Filminstitut)

1992


Produktionsland: USA
Regie: Ron Clements, John Musker
Laufzeit: 90 Minuten
Format: 35 mm (1:85:1)
Altersfreigabe: FSK: 0

"Riffraff. Street Rat. I don‘t buy that! If only they‘d look closer. Would they see a poor boy? No, sir! They‘d find out there‘s so much more to me!"

(Aladdin, gesungen)

Stimmen der englischen Originalfassung


Aladdin: Scott Weinger
Dschinni/Kaufmann: Robin Williams
Jasmin: Linda Larkin
Dschafar: Jonathan Freemann
Abu: Frank Welker

Inhalt

In der fiktiven Stadt Agrabah lebt und stiehlt der junge Dieb Aladdin. Auf ständiger Flucht vor den Wachen des Sultans begegnet er der schönen Prinzessin Jasmin, die sich aus dem goldenen Käfig des Palastes fortgeschlichen hat. Die beiden verlieben sich ineinander, werden jedoch entdeckt und vom bösen Großwesir Dschafar getrennt.

Als ein alter Gefangener getarnt, zeigt Dschafar dem eingekerkerten Aladdin den Weg in die Freiheit, um ihn dann für seine eigenen Pläne zu nutzen: Nur ein Mensch reinen Charakters ("ein ungeschliffener Diamant") kann eine magische Öllampe – das Mittel zu unumschränkter Macht – aus einer verwunschenen Höhle holen.

Doch Aladdin selbst befreit versehentlich den Flaschengeist, von nun ab sein treuer Diener. Der mächtige Dschinni erfüllt ihm den ersten von drei Wünschen: Aladdin will als Prinz nach Agrabah zurückkehren, um Jasmin zu heiraten. Die Prinzessin jedoch lehnt den sich als Prinzen ausgebenden Aladdin ebenso ab wie alle seine Vorgänger. Als sie Aladdin schließlich doch erkennt, setzt Dschafar der Liebe ein neuerliches Ende. Aladdin wird ins Meer geworfen und muss vom Dschinni gerettet werden.

Mittlerweile hat er seine missliche Lage erkannt: Verleugnet er seinen wahren Charakter, will ihn die Prinzessin nicht heiraten, dem einfachen Straßenjungen wiederum ist die Vermählung mit ihr gesetzlich verboten. Im abschließenden Kampf mit Dschafar besinnt er sich auf seine eigenen Gaben: Mut, Geschicklichkeit und List. Er siegt, und der Sultan ist überglücklich. Nach einer Gesetzesänderung steht der Hochzeit von Prinzessin und Dieb nichts mehr im Wege.

Produktion und Animation

Aladdin ist der 31. abendfüllende Disney-Film und war von Beginn an als Musical konzipiert. Unter drei Vorschlägen, darunter das Skript für den später noch größeren Erfolg The Lion King (Der König der Löwen, USA 1994, R: Roger Allers, Rob Minkoff), erhielt das farbenprächtige Orientspektakel den Vorzug. Als Produzenten bestellte Disney-Präsident Jeffrey Katzenberg Ron Clements und John Musker, die zugleich Regie führten und federführend am Drehbuch mitwirkten. Die ursprüngliche Idee stammte vom langjährigen Disney-Liedtexter Howard Ashman.

Die für Disney typische Arbeitsteilung kam auch hier zum Zug. Jede annähernd wichtige Figur im Film hatte nicht nur eine/n eigene/n Sprecher/in, sondern auch eine/n eigene/n Zeichner/in. Auch für den fliegenden Teppich, mit allen Zügen eines Lebewesens ausgestattet, war ein Zeichner ausschließlich zuständig. So entstanden die Figuren jeweils in teils großer Entfernung voneinander, etwa im Stammsitz Burbank und in den Disney-MGM Studios in Florida. Um die Kontinuität zu gewährleisten, waren nicht nur ständige Absprachen nötig. Als künstlerische Vorgabe für alle Animatoren/innen galten die Karikaturen des legendären Zeichners Al Hirschfeld, seit den 1920er-Jahren bekannt für seine gewitzten Karikaturen von Broadway-Stars. Sein großzügiger Strich erinnerte die Produzenten an die geschwungenen Linien arabischer Kalligrafie. Die ungewöhnlich runde Form des Dschinnis, den der bekannte Schauspieler und Komiker Robin Williams einsprach, ist das offensichtlichste Resultat dieser Anweisung. Für den jugendlichen Helden Aladdin hingegen, ursprünglich als 13-jähriger Junge geplant, diente der – damals noch junge – Schauspieler Tom Cruise als Modell. Am Ende steht eine überzeugende Mischung aus einem individuellen Stil, der die Eigenheiten der Charaktere hervorhebt, und einer einheitlichen Gesamtgestaltung.

ALADDIN ist ein nahezu reiner 2D-Zeichentrickfilm. Dennoch kam auch der Computer zum Einsatz, etwa bei der Fluganimation des fliegenden Teppichs oder in den halsbrecherischen Action-Sequenzen in der Wunderhöhle, als Aladdin sich einer hereinströmenden Lava-Masse erwehren muss. Für die Kolorierung – im herkömmlichen Prozess ein mühsames Geschäft, da die Tintenumrandung von Figuren und Objekten beachtet werden muss – wurde die zusammen mit Pixar entwickelte CAPS-Software (Computer Animated Production System) verwendet. Auffällig ist die Verwendung heller Farben (Gelb, Blau) für die guten Charaktere und dunkler Töne (Schwarz, Rot) für den Bösewicht Dschafar. Als Vorlagen für die Landschaftsbilder dienten die Disney-Filme der 1940er- und 1950er-Jahre sowie Fotografien der iranischen Stadt Isfahan. Gegenüber den Figuren spielten die Hintergründe jedoch eine insgesamt weniger wichtige Rolle.

Am 25. November 1992 kam der Film in die Kinos und fand einhellige Resonanz bei Publikum und Kritik. Bei einem Produktionsbudget von nach Box Office Mojo 28 Millionen US-Dollar konnte er über 504 Millionen Dollar einspielen. Darüber hinaus erhielt er zwei Oscars® für die beste Originalmusik und den besten Originalsong ("A Whole New World").

Figuren, Stil und Analyse

Wie alle Disney-Filme ist Aladdin ein Familienfilm, der sich diesmal jedoch noch gezielter auch an ein reiferes Publikum wendet. Nach The little Mermaid (Arielle - Die Meerjungfrau, USA 1989, R: John Musker, Ron Clements) und Beauty and the Beast (Die Schöne und das Biest, USA 1991, R: Gary Trousdale, Kirk Wise) steht zudem erstmals wieder ein männlicher Held im Zentrum – Aladdin, ein aus dem Märchen "Aladin und die Wunderlampe" wohlbekannter Name. In Grundzügen wird dieses Märchen auch korrekt wiedergegeben.

Mit dem als fröhlichem Abenteurer gezeichneten Hauptprotagonisten dominieren jedoch Actionszenen und handfeste Komik, ohne dass romantische und sentimentale Motive ganz zurücktreten müssten. Interessant im Vergleich zu den anderen vorgestellten Filmen sind zahlreiche filmästhetische Ähnlichkeiten und Verweise, insbesondere auf Der Dieb von Bagdad. Untypisch für Disney ist dies jedoch ein Film, der in Form satirischer Seitenhiebe und intermedialer Anspielungen nicht nur der Filmhistorie, sondern der gesamten amerikanischen Popkultur seine Referenz erweist.

Nach einem schnell verschwundenen Erzähler betritt zunächst Dschafar die Szene. In deutlicher Anspielung auf Der Dieb von Bagdad hat er die Statur und Gesichtszüge von Conrad Veidt, nicht jedoch dessen Charisma – auch die Mittel der Animation sind begrenzt. Auch Aladdins Äffchen Abu verweist im Namen auf Kordas Film.

Zusammen mit Dschafars durchtriebenem Papagei Jago steht es in einer langen Tradition tierischer Begleiter/innen bei Disney, die der Hauptfigur zur Ansprache dienen und in der Not zur Seite stehen, aber nicht immer mit allem einverstanden sind. Aladdin selbst wird mit einer wilden Jagd eingeführt, wie sie in beiden Versionen von Der Dieb von Bagdad zu sehen ist. Als jugendlicher Draufgänger verkörpert er die Rolle von Alleskönner Douglas Fairbanks, der in der Verfilmung von 1924 den Dieb von Bagdad spielte, ist Prinz Achmed und Aladin, Ahmad und Abu in einem. Romantische Liebe und männliches Abenteurertum schließen sich nicht mehr aus.

Der Dschinni jedoch drückt dem Film seinen Stempel auf. Ein Über-Mann bis zur Grenze der Lächerlichkeit, wechselt er Gestalt, Aussehen, Beruf und Geschlecht im Sekundentakt. Als blaue Wunscherfüllungsmaschine, der westlichen Konsumkultur näher als jedem arabischen Märchen, reüssiert er nacheinander als Gameshow-Moderator, französischer Kellner und Stewardess, schlüpft in die Rollen berühmter Schauspieler von Jack Nicholson bis Groucho Marx und schmettert als geborener Entertainer im Broadway-Stil markante Songs. Dabei ist der Freigeist mehr noch als alle anderen Charaktere "eingesperrt" in seinen engen Verhältnissen, nämlich der Wunderlampe, und sucht nach Erlösung.

Der auch als Stand-Up-Comedian bekannte Robin Williams durfte diese Rolle als einzige/r Sprecher/in improvisieren, die Mundbewegungen wurden erst danach angepasst. In diesem Hin und Her der Referenzen bildet die Liebe von Aladdin und Prinzessin Jasmin einen Ruhepol. Jasmin sträubt sich gegen die Heiratspläne ihres Vaters.

Das ist der Grund, aus dem sie sich im Stile des Kalifen Harun al-Raschid aus "Tausendundeine Nacht" auf den Markt begibt und Aladdin trifft. Hier wird nicht nur eine bekannte Episode einer Frau zugeschrieben, Jasmin behauptet auch im Weiteren ihre weibliche Selbständigkeit – ein zaghafter, im Vergleich mit den anderen Filmen im Programm jedoch gewichtiger Unterschied.

Ihre Wortgefechte mit Aladdin erinnern an die Screwball-Comedy der 1940er-Jahre, in denen Frauen als überlegene Gesprächspartnerinnen auftraten.

Die Moral der Erzählung jedoch ist eine von "Sein und Schein": Aladdins Verwandlung in den arroganten Prinz Ali verfängt nicht, ein guter Charakter steht zu sich selbst und wird dafür belohnt. Es ist eine idealistische Botschaft in Disney-Tradition, die den moralfreien Übermut von 1940 verfehlt. Die sympathischen Figuren, darunter ein manisch-postmoderner Dschinni und notorischer Blender, lassen diesen Rückfall verschmerzen.

Musik

Im Stil des Hollywood-Filmmusicals werden die Figuren immer wieder durch Songs charakterisiert. Dazu gehören Aladdins "One Jump", Dschinnis "Friend Like Me" und das Duett "A Whole New World". Bis auf diesen Oscar®-Gewinner, eine beliebige Softpopballade, rekurrieren die schmissigen Songs auf Motive aus Swing und Jazz, wie man sie aus Broadway-Musicals kennt, aber auch aus Disneys Das Dschungelbuch ("Ich wäre gern wie du", "Probier’s mal mit Gemütlichkeit").

Die Musik zum Film stammt von Alan Menken, der nach Harold Ashmans Tod zusammen mit Tim Rice auch die Texte übernahm, und wurde von Kritikern/innen einhellig gelobt.

Filmhistorischer Kontext

Aladdin fällt in die Phase der sogenannten "Disney-Renaissance" zwischen 1989 und 1999, der Wiedergeburt des klassischen Disney-Films nach langer kreativer Krise. Zugleich ist der Film einer der letzten Disney-Filme vor der Pixar-Revolution durch Toy Story. Eine historische Stellung hat er auch im Hinblick auf das Voice-Acting, also das Einsprechen der Dialoge. In der Regel wurden dazu wenig bekannte Sprecher/innen oder Schauspieler/innen verpflichtet, mit Ausnahmen wie dem Sänger Louis Prima in Das Dschungelbuch.

Robin Williams’ Interpretation des Dschinni, mit der im Vorfeld – aus Marketinggründen gegen den Willen des Schauspielers – heftig geworben wurde, gilt als Auslöser der heutigen Praxis. Eine starke Besetzung mit populären Stimmen ist mittlerweile Standard und ein wichtiges Instrument der Vermarktung.

Nachwirkung

Zu dem Film erschienen nach dem Kinostart zwei Video-Sequels ("Direct-to-Video"), mehrere TV-Spin-offs sowie diverse Videospiele. Anlässlich der Veröffentlichung des Films auf VHS-Video musste eine Zeile des Vorspannsongs "Arabian Nights" geändert werden, nachdem sich der Interessenverband American-Arab Anti-Discrimination Committee (ADC) über die angeblich rassistische Darstellung einiger Charaktere beschwert hatte. Aus "Where they cut off your ear if they don‘t like your face" wurde "Where it‘s flat and immense and the heat is intense".

Aladdin war laut dem Branchendienst Box Office Mojo der erfolgreichste Film des Jahres 1992, darüber hinaus der erfolgreichste 2D-Zeichentrickfilm bis zu Der König der Löwen, und rangiert noch heute auf Platz drei. In der Liste der kassenträchtigsten Animationsfilme inklusive computeranimierter Filme belegt er hingegen nur den 31. Platz – ein schlagkräftiger Beweis für den Siegeszug des digitalen Films.

Zum Weiterlesen und Schauen

Fussnoten

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