Rebel Without a Cause – Denn sie wissen nicht, was sie tun
Dr. Martin Ganguly
/ 8 Minuten zu lesen
Link kopieren
Jim Stark, bereits mehrfach von verschiedenen Schulen geflogen, ist gerade mit seinen Eltern nach Los Angeles gezogen. Die Eltern bieten ihrem Sohn kaum Geborgenheit; Jim spürt, dass sein Vater ein Schwächling ist und seine Mutter ihn nicht liebt. Auf seiner neuen Schule, der Dawson High School, begegnet man dem Außenseiter mit Misstrauen.
1940
Produktionsland: USA Regie: Nicholas Ray Laufzeit: 111 Minuten Altersfreigabe: FSK: 12
Jim Stark: "Nobody talks to children." Judy: "No, they just tell them."
Darsteller/innen
James "Jim" Stark: James Dean Judy: Natalie Wood John "Plato" Crawford: Sal Mineo Frank Stark: Jim Backus Carol Stark: Ann Doran Goon: Dennis Hopper Buzz Ganderson: Corey Allen
Inhalt
Jim Stark, bereits mehrfach von verschiedenen Schulen geflogen, ist gerade mit seinen Eltern nach Los Angeles gezogen. Die Eltern bieten ihrem Sohn kaum Geborgenheit; Jim spürt, dass sein Vater ein Schwächling ist und seine Mutter ihn nicht liebt. Auf seiner neuen Schule, der Dawson High School, begegnet man dem Außenseiter mit Misstrauen. Nur Judy, die allerdings mit dem Halbstarken Buzz liiert ist, scheint sich für ihn zu interessieren. Die Gang um Buzz provoziert Jim ständig und denunziert ihn als "Chicken". Der Streit eskaliert und endet in einer Messerstecherei.
Sein Vater kann Jim keinen Rat geben. Der verzweifelt an der fehlenden autoritären Vaterfigur und lässt sich auf die Herausforderung ein, mit Buzz ein halsbrecherisches Autorennen zu fahren. Der sogenannte "Chicken Run" sieht vor, dass die Kontrahenten des Duells jeweils mit einem Auto auf eine Klippe zu rasen. Wer zuerst aus seinem Wagen springt, hat verloren. Das Duell endet tragisch. Buzz verheddert sich mit seiner Jacke in der Autotür und stürzt mit dem Fahrzeug in den Tod. Alle Anwesenden flüchten, nur Jim, Judy und der sensible Plato bleiben zurück. Sie beschließen, sich in einer abgelegenen Villa vor der Polizei zu verstecken. Dort kommen sich die drei näher.
Als sich zwischen Jim und Judy eine Liebesbeziehung entspinnt, fühlt sich Plato, der selbst aus einem zerrütteten Elternhaus stammt, ausgeschlossen. Er entflieht in ein nahe gelegenes Planetarium, wo er letztlich von der Polizei gestellt wird: Die Konfrontation endet tödlich. (Quelle: Michael Töteberg (Hrsg.): Metzler Film Lexikon, Metzler, Stuttgart 1995.)
Hintergrund
Der Titel der deutschen Version wollte an den Erfolg des ersten James-Dean-Films, Jenseits von Eden, anknüpfen und bezieht sich deswegen auf einen Bibelvers (Lukas 23, 32–34), in dem Jesus seine Peiniger vor Gott entschuldigt. Der deutsche Titel spielt dabei sowohl auf die rebellischen Jugendlichen als auch die ignoranten Erwachsenen an. Warner Brothers zögerte, den Film überhaupt zu Ende zu drehen, denn nach Meinung des Studios entsprach das Auftreten der Jugendlichen im Film nicht dem Verhalten von "normalen" amerikanischen Teenagern. Der Erfolg von Testvorführungen bewog die Verantwortlichen jedoch, den Film fertig zu stellen.
Das Generationenthema, in dem Jugendliche im Mittelpunkt stehen, wurde durch Rebel Without a Cause – Denn sie wissen nicht, was sie tun, zu einem kassenträchtigen Erfolgssujet, dem zahlreiche Filme mit verwandtem Inhalt folgten. So zum Beispiel Blackboard Jungle (Die Saat der Gewalt, USA 1955, R: Richard Brooks), in dem Bill Haley den Song "Rock around the clock" spielte und damit die Rock-’n’Roll-Ära in Gang setzte.
1990 wurde Rebel Without a Cause – Denn sie wissen nicht, was sie tun in das National Film Registry aufgenommen, das Verzeichnis und Archiv US-amerikanischer Filme, die als besonders erhaltenswert angesehen werden.
Stewart Sterns Drehbuch, das er in enger Absprache mit Regisseur Nicholas Ray verfasste, basiert auf der soziologischen Studie von Dr. Robert Lindner aus dem Jahr 1944, die den gleichen Titel, nämlich "Rebel without a cause" ("Rebell ohne Grund"), trägt.
Der US-amerikanische Regisseur Nicholas Ray (1911-1979) fällt schon in seiner High-School-Zeit als unangepasst und rebellisch auf. Wie Jim Stark wechselt er aus diesem Grund häufig die Schule. In vielen seiner Filme gibt es unangepasste Helden und Heldinnen, so zum Beispiel der sich gegen seine Vorgesetzten auflehnende Polizist Jim Wilson (Robert Ryan) in On Dangerous Ground (On Dangerous Ground, USA 1952, R: Nicholas Ray) oder die emanzipierte Saloon-Besitzerin Vienna (Joan Crawford) in Rays Western Johnny Guitar (Johnny Guitar – Wenn Frauen hassen, USA 1954, R: Nicholas Ray). Nach verschiedenen Stationen als Architektur- und Theaterwissenschaftsstudent, Radiojournalist und Schauspieler assistiert er bei Elia Kazan, einem berühmten Theater- und Filmregisseur der 1940er- und 1950er-Jahre, der, wie er selbst, politisch links eingestellt ist.
In der stark antikommunistisch geprägten Atmosphäre zu Beginn der 1950er-Jahre (so genannte "McCarthy-Ära") erschwert diese Haltung seine Karriere im konservativen Studiosystem Hollywoods. Hinzu kommen persönliche Probleme und Alkoholabhängigkeit.
In den 1960er-Jahren dreht er, mehr aus finanziellen Erwägungen als aus persönlichem Interesse, noch zwei Monumentalfilme, den Jesusfilm King of Kings (König der Könige, USA 1961, R: Nicholas Ray) und 55 Days at Peking (55 Tage in Peking, USA 1963, R: Nicholas Ray) über den Boxeraufstand in China. Beide Filme stehen qualitativ, sowohl in der Schauspielerführung als auch in der visuellen Gestaltung, über dem Durchschnitt der zeitgenössischen Produktionen.
In den 1970er-Jahren nimmt Ray einen Regielehrauftrag an der State University in New York an. Der deutsche Filmregisseur Wim Wenders, der Ray und sein Werk verehrt, besetzt ihn als Schauspieler in seinem Kriminalfilm Der amerikanische Freund (BRD/F 1977, R: Wim Wenders) und dreht seinen halbdokumentarischen Film Nick’s Film – Lightning Over Water (BRD/S 1980, R: Wim Wenders, Nicholas Ray) über die letzten Lebensmonate des bereits an Krebs erkrankten Regisseurs.
Die Hauptfiguren der von Nicholas Ray in einem dramaturgischen 24-Stunden-Aufbau erzählten Geschichte, die sich mit der klassischen Theaterstruktur vergleichen lässt, sind die drei Jugendlichen James "Jim" Stark, Judy und John "Plato" Crawford. Bei allen drei Protagonist/innen ist das Motiv ihrer Auflehnung die Suche nach Anerkennung durch Gleichaltrige sowie durch ihre Väter, die alle drei nicht für ihre Kinder da sind.
Jim ist der Neue, der gleich am ersten Schultag von Buzz und seiner Bande, Teenager in Lederjacken und T-Shirt, herausgefordert wird. Das Autorennen, eine Mutprobe zwischen den beiden und der dramaturgische Höhepunkt des Films, endet für Buzz tödlich. Jims Vater liebt seinen Sohn, kann sich aber gegen die herrschsüchtige Mutter und die ihr zur Seite stehende Schwiegermutter nicht durchsetzen. In einer Szene sieht man ihn mit einer Haushaltsschürze bekleidet auf dem Boden kauern – nicht das Rollenbild, das sich Jim wünscht. Er sucht seine Bestätigung daraufhin in Auseinandersetzungen vermeintlich männlicherer Natur, im Messerkampf oder im Autorennen mit Buzz, der ein besonders cooles, maskulines Image pflegt.
Judy ist Mitglied der Bande und entscheidet sich nach Buzz‘ Tod für ihre Liebe zu Jim. Sie wird von ihrem Vater zurückgewiesen, der mit ihren Zuwendungen nichts anfangen kann. Ihre modischen Versuche, sich in eine Frauenrolle zu begeben (Kleidung, Make-Up), verurteilt er aufs heftigste und nennt sie "cheap tramp" (billiges Flittchen).
Plato, der jüngste der drei, ist aufgrund seines Äußeren und seiner zurückhaltenden Art von vornherein ein Außenseiter, der sich dem Mobbing der anderen, vor allem der Bandenmitglieder, entzieht und zu Jim und Judy gesellt. Plato erlebt seinen Vater nur mittels der regelmäßigen Schecks, die er von ihm erhält. Seine Mutter ist ebenfalls abwesend. Die einzige Bezugsperson ist die schwarze Haushälterin der Familie. Das männliche Rollenbild, dem auch Jim anhängt, teilt Plato nicht. Seine Freundschaft zu Jim ist homoerotisch geprägt.
In den 1950er-Jahren kann das aus Zensurgründen allerdings nur angedeutet werden: Platos Blick auf das Bild eines männlichen Filmstars (Alan Ladd, der durch seine Mitwirkung in Film Noirs bekannt wurde) in seinem Schulspind und der darauffolgende Blick auf Jim Stark legen diese Interpretation nahe. Die drei Jugendlichen finden in ihrer Einsamkeit für kurze Zeit zusammen und spielen die glückliche Familie (das Liebespaar Jim und Judy als Eltern und Plato als Sohn), die sie selbst nicht haben.
Die Erwachsenen im Film werden als autoritär und oberflächlich dargestellt. Der Gedanke an den äußeren Schein ist ihnen wichtiger als ihre Kinder. Ausnahmen bilden der Polizeibeamte Ray Fremick und das schwarze Hausmädchen. Beide, obwohl sie eigentlich nur die Funktion des Ordnungshüters bzw. der Dienstleisterin einnehmen, zeigen mehr menschliches Einfühlungsvermögen für die Jugendlichen als die Eltern, die eigentlich dafür zuständig wären.
Besetzung
Die Rolle des Jim Stark war ursprünglich für Marlon Brando gedacht, der dann jedoch den thematisch ähnlich gelagerten Film Der Wilde drehte. Auf Wunsch von Nicholas Ray wurde daraufhin James Dean besetzt.
Natalie Wood (1938-1981), die vom Studio bereits als Kind zum Star aufgebaut worden war, spielt hier mit 16 Jahren bereits ihre zweiunddreißigste Rolle. Einen ihrer größten Erfolge hatte sie in der Rolle der Maria in dem Musical West Side Story (West Side Story, USA 1961, R: Robert Wise), dessen Handlung um rivalisierende Banden im New York der 1950er-Jahre Ähnlichkeit mit Rebel Without a Cause – Denn sie wissen nicht, was sie tun aufweist.
Sal Mineo (1939-1976) stammt aus einer armen, kinderreichen Familie aus der Bronx. Nachdem er von der Schule verwiesen wird, schließt er sich zunächst einer Straßengang an, entscheidet sich dann aber, auf die Schauspielschule zu gehen. Der Italoamerikaner bekommt durch seinen großen Erfolg von Rebel Without a Cause – Denn sie wissen nicht, was sie tun viele Film- und Theaterangebote und verkörpert meist sensible, schwierige Charaktere. Er spielt auch in James Deans letztem Film Giganten. Einen seiner größten Erfolge hat er in der Rolle als junger jüdischer KZ-Überlebender in dem Monumentalfilm Exodus (Exodus, USA 1960, R: Otto Preminger). Natalie Wood und Sal Mineo werden für ihre Rollen in Rebel Without a Cause – Denn sie wissen nicht, was sie tun für den Oscar nominiert. Alle drei Darsteller sterben tragischerweise einen gewaltsamen Tod durch Unfall oder Mord.
Bildsprache
Der US-amerikanische Kameramann Ernest Haller (1896-1970) war einer der bekanntesten Kameramänner Hollywoods. Für seine Kameraarbeit zu dem Filmepos Gone with the Wind (Vom Winde verweht, USA 1939, R: Victor Fleming, George Cukor, Sam Wood) erhielt er einen Oscar.
In Rebel Without a Cause – Denn sie wissen nicht, was sie tun nutzt er die Möglichkeiten des neuen Breitleinwandverfahrens Cinemascope. Bei den Auseinandersetzungen zwischen Jim und der Bande konnten dabei zum Beispiel die Antagonisten weit rechts und links platziert werden, wodurch die Raumspannung erhöht wird. Visuell interessant ist auch die Position der Kamera in einigen Filmszenen, in denen ungewöhnliche Kamerawinkel die Gefühlswelt von Jim auf der Bildebene unterstreichen oder widerspiegeln.
Gleich zu Beginn, als der angetrunkene Jim mit einem Spielzeugaffen spielt, bewegen sich die Zuschauer mit ihm auf "Kinderebene" am Boden. Bei den Auseinandersetzungen mit seinen Eltern, anfangs auf der Polizeiwache oder später im heimischen Wohnzimmer, direkt nach dem Autounglück, nimmt die Kamera unterschiedlich starke Schräglagen ein, die visualisieren, dass sich die wohlgeordnete Welt nicht im Lot befindet. Das Licht im Film ist der Tageszeit der 24-stündigen Handlungszeit angepasst und vermittelt zeitliche Einheit.
Der Film sollte ursprünglich mit geringem Kostenaufwand (Low-Budget) im 4:3-Format und in Schwarz-Weiß gedreht werden. Die erfolgreichen Testvorführungen und das zunehmend wachsende Interesse des Publikums an James Dean veranlasste die Produzenten jedoch, den Film im aufwändigeren Cinemascope und in Farbe mit einem größeren Budget drehen zu lassen. Das ermöglichte Nicholas Ray und Ernest Haller, Farbe symbolisch zu nutzen. So steht Rot für Gefühl und Rebellion, da es optisch stark hervortritt. Rot sind deshalb u.a. Jims Jacke, Judys Kleid oder Judys Lippenstift, der sie vom unschuldigen Kind zur begehrlichen jungen Frau transformiert.
Filmmusik
Die Musik von Leonard Rosenman ist dessen zweite Filmkomposition nach dem Score für den James-Dean-Film Jenseits von Eden. Er verstärkt die Stimmungen durch Lautstärke und den unterschiedlichen Einsatz von Instrumenten. In den romantischen Szenen werden vermehrt Streicher verwendet, in jenen mit höherem Aggressionspotenzial (Messerkampf, Autorennen) vermehrt Blechinstrumente. Die Melodie, die James Dean zu Beginn summt, ist Wagners "Walkürenritt", der bereits kämpferisches Potenzial andeutet.
Der Generationenkonflikt brodelt in den USA der 1950er Jahre. Die Lerngruppe beschäftigt sich mit den dargestellten Generationenkonflikten und überträgt die Konfliktlinien filmpraktisch auf heute.
James Dean war neben Marlon Brando das Jugendidol der 1950er-Jahre. Als Ikone der Filmgeschichte gilt er nicht nur aufgrund des damals neuartigen Männerbilds, das er verkörperte.
Der Generationenkonflikt der 1950er-Jahre war besonders deutlich und ist in den gewählten Filmen "Rebel Without a Cause" und "Berlin – Ecke Schönhauser" eindrücklich erzählt.
Eine Gruppe von Ostberliner Halbstarken treffen sich regelmäßig unter der U-Bahnbrücke an der Schönhauser Allee im Stadtteil Prenzlauer Berg. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen.
Der britische Vampirfilmklassiker etabliert Farbe im Genre. Der Film eignet sich dafür, die Herstellung und Bedeutung von Filmblut zu thematisieren.
Ihre Meinung ist uns wichtig!
Wir laden Sie zu einer kurzen Befragung zu unserem Internetauftritt ein. Bitte nehmen Sie sich 5 Minuten Zeit, um uns bei der Verbesserung unserer Website zu helfen. Ihre Angaben sind anonym.